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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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Fonds bestritten werden solle. Es wäre nämlich dem Zwecke des
Vereins sehr entsprechend, wenn er einen, mit der deutschen Preßge¬
setzgebung vorzüglich vertrauten Gerichtsanwalt besoldete, damit derselbe
bei jedem, von dem Berein als Nachdruck bezeichneten -Fall die
Gesetzgebung jenes Staates, in welchem das nachdrückende Journal
erscheint, genau zu Rathe ziehe und über die Möglichkeit einer juri¬
dischen Verfolgung desselben Bericht abstatte. Wie schutzlos auch die
Journalpresse vor den deutschen Gerichten ist, so sind doch die Ge¬
setze über das literarische Eigenthum in einzelnen Staaten weniger un
günstig und lassen eine Klage auf Schadenersatz wohl zu Der
einzelne Redacteur oder Verleger, der durch Nachdruck in seinem Ei¬
genthum verletzt wird, ist oft zu nachsichtig, indolent, prozeßscheu oder
gcsetzunkundig, um den Eingriff gerichtlich zu verfolgen. Was der Ein¬
zelne aber vernachlässigt, das müßte der Verein als Gesammtinteresse
verfechten. Die Kosten eines solchen Prozesses müßten, wenn die
betheiligte Redaction sie nicht selbst zu bestreiten sich anheischig macht,
aus den Vereinsmitteln bestritten werden. Das günstige Resultat
solcher Prozesse würde gewiß ein sicheres Abschreckungsmittel für die
Nachdrucker sein. Aber selbst im ungünstigen Falle, selbst wenn das
gerichtliche Urtheil Lein hinlängliches Gesetz findet, dem angeklagten
Journal eine Entschädigung aufzulegen, so würde dieses doch von der
öffentlichen Meinung verurtheilt werden. Es ist nicht ehrenvoll, ir¬
gend eines Unterschleifes willen vor Gericht gestanden zu haben, selbst
wenn man freigesprochen wurde. Auf die angedeutete Weise, die al¬
lerdings noch viele Modificationen und Erweiterungen zuläßt, könnte
der Leipziger Redactionsverein unmittelbar seine Thätigkeit beginnen
und in den nächsten Monaten schon die Resultate seines Wirkens
kennen lernen. Sind diese, wie zu hoffen steht, glücklich und ein¬
greifend, so werden auswärtige Redactionen bald entweder sich ihm
anschließen, oder zu einem ähnlichen Vereine sich zusammenthun. >L?ind
dieResultate der Leipziger jedoch ohneBelang, so liegt es sicherlich nicht
an der leitenden Idee, sondern nur an der Art der Ausführung; ein
anderer auswätriger Verein wird dann, durch unsere Erfahrung belehrt, es
besser zu machen suchen und es wird dann an uns sein, seinem Bei¬
spiele zu folgen. Die Leipziger Redactionen können in dieser Ange¬
legenheit nicht von dem Ehrgeize getrieben sein, sich an die Spitze



*) Wir möchten wissen, wie die badischen Gesetze zu dem Rachdrucke >'"
Journalen sich verhallen. DieCarlsruhcrZeitung druckt in diesem Augenblick
eine Novelle aus den "Grenzboten" nach: Der Inquisitor von A. v. Bülow-
-- Diese Novelle füllte zwei Hefte (5volle Bogen) der Grenzbote". Wirhabe"
ulso Honorar, Druck und Papier bezahlt, um der Karlsruher Zeitung ""
Feuilleton zu liefern. Die Carlöruher Zeitung ist el" politisches Journal, da"
ein subsidium von der Regierung erhält. Die Grenzboten erhalten, wie wir
aus glaubwürdiger Quelle versichern können, kein subsidium. Wahrscheinlich
sucht'uns die Karlsruher Zeitung aufzumuntern.

Fonds bestritten werden solle. Es wäre nämlich dem Zwecke des
Vereins sehr entsprechend, wenn er einen, mit der deutschen Preßge¬
setzgebung vorzüglich vertrauten Gerichtsanwalt besoldete, damit derselbe
bei jedem, von dem Berein als Nachdruck bezeichneten -Fall die
Gesetzgebung jenes Staates, in welchem das nachdrückende Journal
erscheint, genau zu Rathe ziehe und über die Möglichkeit einer juri¬
dischen Verfolgung desselben Bericht abstatte. Wie schutzlos auch die
Journalpresse vor den deutschen Gerichten ist, so sind doch die Ge¬
setze über das literarische Eigenthum in einzelnen Staaten weniger un
günstig und lassen eine Klage auf Schadenersatz wohl zu Der
einzelne Redacteur oder Verleger, der durch Nachdruck in seinem Ei¬
genthum verletzt wird, ist oft zu nachsichtig, indolent, prozeßscheu oder
gcsetzunkundig, um den Eingriff gerichtlich zu verfolgen. Was der Ein¬
zelne aber vernachlässigt, das müßte der Verein als Gesammtinteresse
verfechten. Die Kosten eines solchen Prozesses müßten, wenn die
betheiligte Redaction sie nicht selbst zu bestreiten sich anheischig macht,
aus den Vereinsmitteln bestritten werden. Das günstige Resultat
solcher Prozesse würde gewiß ein sicheres Abschreckungsmittel für die
Nachdrucker sein. Aber selbst im ungünstigen Falle, selbst wenn das
gerichtliche Urtheil Lein hinlängliches Gesetz findet, dem angeklagten
Journal eine Entschädigung aufzulegen, so würde dieses doch von der
öffentlichen Meinung verurtheilt werden. Es ist nicht ehrenvoll, ir¬
gend eines Unterschleifes willen vor Gericht gestanden zu haben, selbst
wenn man freigesprochen wurde. Auf die angedeutete Weise, die al¬
lerdings noch viele Modificationen und Erweiterungen zuläßt, könnte
der Leipziger Redactionsverein unmittelbar seine Thätigkeit beginnen
und in den nächsten Monaten schon die Resultate seines Wirkens
kennen lernen. Sind diese, wie zu hoffen steht, glücklich und ein¬
greifend, so werden auswärtige Redactionen bald entweder sich ihm
anschließen, oder zu einem ähnlichen Vereine sich zusammenthun. >L?ind
dieResultate der Leipziger jedoch ohneBelang, so liegt es sicherlich nicht
an der leitenden Idee, sondern nur an der Art der Ausführung; ein
anderer auswätriger Verein wird dann, durch unsere Erfahrung belehrt, es
besser zu machen suchen und es wird dann an uns sein, seinem Bei¬
spiele zu folgen. Die Leipziger Redactionen können in dieser Ange¬
legenheit nicht von dem Ehrgeize getrieben sein, sich an die Spitze



*) Wir möchten wissen, wie die badischen Gesetze zu dem Rachdrucke >'»
Journalen sich verhallen. DieCarlsruhcrZeitung druckt in diesem Augenblick
eine Novelle aus den „Grenzboten" nach: Der Inquisitor von A. v. Bülow-
— Diese Novelle füllte zwei Hefte (5volle Bogen) der Grenzbote». Wirhabe»
ulso Honorar, Druck und Papier bezahlt, um der Karlsruher Zeitung "»
Feuilleton zu liefern. Die Carlöruher Zeitung ist el» politisches Journal, da»
ein subsidium von der Regierung erhält. Die Grenzboten erhalten, wie wir
aus glaubwürdiger Quelle versichern können, kein subsidium. Wahrscheinlich
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/510>, abgerufen am 22.12.2024.