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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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hervorgerufen, und fügt die schönen Worte hinzu: "Es erinnert fast
an jene alte nordische Sage von dem Skiald, der durch einige Verse
zum Lobe des allgemein geliebten mythischen Dänenkönigs Frode selbst
König und sein Nachfolger ward."

Auf den Thron machte der bescheidene Holst freilich keine An¬
sprüche, doch benüyte er den günstigen Moment zur Herausgabe sei¬
ner Gedichte, die denn auch in wenigen Wochen vergriffen waren,
Ueberall hatten sie Beifall gefunden, und der König von Dänemark,
mit feinem Auge über die Künste wachend, verlieh ihm 1840 ein
Stipendium zur italienischen Reise. Holst ging über München dort¬
hin, kehrte über Paris zurück und blieb fast zwei Jahre von der
Heimath fern. Im Süden mußte seine poetische Kraft zur vollen
Blüthe und Reife kommen, und er lebte namentlich auf Ischia und
Sicilien ein recht freies Dichterleben. Italien ist ein Stück von sei¬
nem Dasein geworden, und ungern läßt er den treuen Palmstock aus
der Hand. Holst ist ein schöner Mann von kräftigem und doch
schmiegsamen Wuchse, dunkelblondes Haar umwallt ihm die hohe
reine Stirn, und es wohnt viel Freude und Lust in seinen feurig
blauen Augen.

Als erstes Ergebniß der Reise erschien 1843 ein Buch: "Ade
og hjcmme -- Draußen und daheim", das von Kritik und
Publicum sehr dankbar empfangen wurde. Es besteht aus Poesie"
und prosaischen Skizzen, bunt durch einander gewürfelt, wie sie dem
Dichter eben erblühten. Klare Südluft wallt durch diese Blätter;
Orangenhauch und Meeresfrische mischen sich mit ihr, und Italien
steigt in unmittelbarer Schönheit vor uns auf. Mir fehlt der Raum,
um jedes treffliche Stück anzudeuten, doch zeichnet sich unter den poe¬
tischen Gaben besonders das reizende Phantasiebild? "Pokal und
Traube" aus. Ein anderes anmuthiges Gemälde: "Der sterbende
Fechter" entstand beim Anschauen jener berühmten Antike und macht,
gleich ihr, den Eindruck reinster Classicität.

Auch die prosaischen Aufsätze, sowohl "Rosa Taddei" als "Is¬
chia und die Jöchiataner" sind höchst gelungen. Holst hat seine Fe¬
der in die glühend brennenden Farben des Südens getaucht; solch
Ultramarin und Gold, solchen Purpur und Azur kennt der kalte Nor¬
den nicht. Die Krone des Ganzen aber bleibt die Novelle: "Reisc-
kameraden", und man kann sich wahrlich kaum etwas Lieblicheres


hervorgerufen, und fügt die schönen Worte hinzu: „Es erinnert fast
an jene alte nordische Sage von dem Skiald, der durch einige Verse
zum Lobe des allgemein geliebten mythischen Dänenkönigs Frode selbst
König und sein Nachfolger ward."

Auf den Thron machte der bescheidene Holst freilich keine An¬
sprüche, doch benüyte er den günstigen Moment zur Herausgabe sei¬
ner Gedichte, die denn auch in wenigen Wochen vergriffen waren,
Ueberall hatten sie Beifall gefunden, und der König von Dänemark,
mit feinem Auge über die Künste wachend, verlieh ihm 1840 ein
Stipendium zur italienischen Reise. Holst ging über München dort¬
hin, kehrte über Paris zurück und blieb fast zwei Jahre von der
Heimath fern. Im Süden mußte seine poetische Kraft zur vollen
Blüthe und Reife kommen, und er lebte namentlich auf Ischia und
Sicilien ein recht freies Dichterleben. Italien ist ein Stück von sei¬
nem Dasein geworden, und ungern läßt er den treuen Palmstock aus
der Hand. Holst ist ein schöner Mann von kräftigem und doch
schmiegsamen Wuchse, dunkelblondes Haar umwallt ihm die hohe
reine Stirn, und es wohnt viel Freude und Lust in seinen feurig
blauen Augen.

Als erstes Ergebniß der Reise erschien 1843 ein Buch: „Ade
og hjcmme — Draußen und daheim", das von Kritik und
Publicum sehr dankbar empfangen wurde. Es besteht aus Poesie»
und prosaischen Skizzen, bunt durch einander gewürfelt, wie sie dem
Dichter eben erblühten. Klare Südluft wallt durch diese Blätter;
Orangenhauch und Meeresfrische mischen sich mit ihr, und Italien
steigt in unmittelbarer Schönheit vor uns auf. Mir fehlt der Raum,
um jedes treffliche Stück anzudeuten, doch zeichnet sich unter den poe¬
tischen Gaben besonders das reizende Phantasiebild? „Pokal und
Traube" aus. Ein anderes anmuthiges Gemälde: „Der sterbende
Fechter" entstand beim Anschauen jener berühmten Antike und macht,
gleich ihr, den Eindruck reinster Classicität.

Auch die prosaischen Aufsätze, sowohl „Rosa Taddei" als „Is¬
chia und die Jöchiataner" sind höchst gelungen. Holst hat seine Fe¬
der in die glühend brennenden Farben des Südens getaucht; solch
Ultramarin und Gold, solchen Purpur und Azur kennt der kalte Nor¬
den nicht. Die Krone des Ganzen aber bleibt die Novelle: „Reisc-
kameraden", und man kann sich wahrlich kaum etwas Lieblicheres


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[0382] hervorgerufen, und fügt die schönen Worte hinzu: „Es erinnert fast an jene alte nordische Sage von dem Skiald, der durch einige Verse zum Lobe des allgemein geliebten mythischen Dänenkönigs Frode selbst König und sein Nachfolger ward." Auf den Thron machte der bescheidene Holst freilich keine An¬ sprüche, doch benüyte er den günstigen Moment zur Herausgabe sei¬ ner Gedichte, die denn auch in wenigen Wochen vergriffen waren, Ueberall hatten sie Beifall gefunden, und der König von Dänemark, mit feinem Auge über die Künste wachend, verlieh ihm 1840 ein Stipendium zur italienischen Reise. Holst ging über München dort¬ hin, kehrte über Paris zurück und blieb fast zwei Jahre von der Heimath fern. Im Süden mußte seine poetische Kraft zur vollen Blüthe und Reife kommen, und er lebte namentlich auf Ischia und Sicilien ein recht freies Dichterleben. Italien ist ein Stück von sei¬ nem Dasein geworden, und ungern läßt er den treuen Palmstock aus der Hand. Holst ist ein schöner Mann von kräftigem und doch schmiegsamen Wuchse, dunkelblondes Haar umwallt ihm die hohe reine Stirn, und es wohnt viel Freude und Lust in seinen feurig blauen Augen. Als erstes Ergebniß der Reise erschien 1843 ein Buch: „Ade og hjcmme — Draußen und daheim", das von Kritik und Publicum sehr dankbar empfangen wurde. Es besteht aus Poesie» und prosaischen Skizzen, bunt durch einander gewürfelt, wie sie dem Dichter eben erblühten. Klare Südluft wallt durch diese Blätter; Orangenhauch und Meeresfrische mischen sich mit ihr, und Italien steigt in unmittelbarer Schönheit vor uns auf. Mir fehlt der Raum, um jedes treffliche Stück anzudeuten, doch zeichnet sich unter den poe¬ tischen Gaben besonders das reizende Phantasiebild? „Pokal und Traube" aus. Ein anderes anmuthiges Gemälde: „Der sterbende Fechter" entstand beim Anschauen jener berühmten Antike und macht, gleich ihr, den Eindruck reinster Classicität. Auch die prosaischen Aufsätze, sowohl „Rosa Taddei" als „Is¬ chia und die Jöchiataner" sind höchst gelungen. Holst hat seine Fe¬ der in die glühend brennenden Farben des Südens getaucht; solch Ultramarin und Gold, solchen Purpur und Azur kennt der kalte Nor¬ den nicht. Die Krone des Ganzen aber bleibt die Novelle: „Reisc- kameraden", und man kann sich wahrlich kaum etwas Lieblicheres

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/382>, abgerufen am 22.12.2024.