Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

den; moderne Bildung und griechische Göttersage umschlingen sich
grazicnhaft und das Ganze läßt den wohlthuendsten Eindruck zurück.
Ich würde mehr über das classische Werk sagen, aber ich höre, daß
Herr Bennet -- der sich bereits durch die "Dcmia" bekannt ge¬
macht hat -- mit dessen Ueberdichtung beschäftigt ist, und da möge
denn das deutsche Publicum selbst lesen und sich erfreuen,

Paludan Müller erhielt jetzt ein königliches Stipendium, und im
Jahre 1837 trat er die übliche Wallfahrt nach Italien an. Eine
bestimmte Ausbeute von diesem Römerzuge gab der Dichter nicht.
Sein letztes Buch erschien 1841; es heißt "^"im" klenn" und ist
ein episches Gedicht. Da der zweite Theil desselben bisher noch fehlt,
so läßt sich darüber kein abschließendes Urtheil fällen, aber man kann
wohl sagen, daß die Darstellung -- wenn sie auch hin und wieder
gar zu sehr in's Breite greift, -- mit ihrer plastischen Schönheit im-
ponirt. Leider wird die glänzende Sprache durch Obscönitäten ver¬
unstaltet, häßlichen Schmutzflecken gleich, die das reine Weiß einer
Alabastergruppe entstellen. r

Paludan Müller hat eine schöne, jugendlich schlanke Figur, eine
hohe Apollostim, und in seinem edlen' Profil lebt der Geist des Dichters.

Hans Peter Holst ist am 22. October 1811 zu Kopenhagen
geboren. Er besuchte die "Schule für Bürgertugend", und mit sieb¬
zehn Jahren kam er zur Universität. Nachdem seine Romanzen 1830
den Preis erhalten, wurden sie gedruckt, gefielen sehr und haben sich
so fest in der Gunst des Publicums behauptet, daß noch vor KurMn
eine neue Auflage nöthig war. Durch das laute Lob, das man ihn:
so frühzeitig spendete, wurde Holst übermüthig; alle literarische Pro¬
duktion schien ihm nur ein heiteres Spiel, er achtete der eigentlichen
Künstlersorgfalt nicht. Gedichte und Novellen gab er heraus, worin
die Sprache zwar leicht und gewandt behandelt war, allein sie flat¬
terten gar zu ungebunden, beinahe liederlich, daher, ivie bunte Bän¬
der, die um einen Maibaum fliegen. Außerdem machte man ihm
den gerechten Vorwurf, daß sich Reminiscenzen aus Oehlenschläger
in seinen Erzeugnissen fänden, denn lag ihm die Absicht der Nach¬
ahmung auch fern, so löste sich sein poetisches Streben doch oftmals
in eine fremde verehrte Individualität auf, weil ihm jede bestimmte
Richtung mangelte.

Sein ausgezeichnetes Sprachtalent blieb indessen nicht ohne die


den; moderne Bildung und griechische Göttersage umschlingen sich
grazicnhaft und das Ganze läßt den wohlthuendsten Eindruck zurück.
Ich würde mehr über das classische Werk sagen, aber ich höre, daß
Herr Bennet — der sich bereits durch die „Dcmia" bekannt ge¬
macht hat — mit dessen Ueberdichtung beschäftigt ist, und da möge
denn das deutsche Publicum selbst lesen und sich erfreuen,

Paludan Müller erhielt jetzt ein königliches Stipendium, und im
Jahre 1837 trat er die übliche Wallfahrt nach Italien an. Eine
bestimmte Ausbeute von diesem Römerzuge gab der Dichter nicht.
Sein letztes Buch erschien 1841; es heißt „^«im» klenn" und ist
ein episches Gedicht. Da der zweite Theil desselben bisher noch fehlt,
so läßt sich darüber kein abschließendes Urtheil fällen, aber man kann
wohl sagen, daß die Darstellung — wenn sie auch hin und wieder
gar zu sehr in's Breite greift, — mit ihrer plastischen Schönheit im-
ponirt. Leider wird die glänzende Sprache durch Obscönitäten ver¬
unstaltet, häßlichen Schmutzflecken gleich, die das reine Weiß einer
Alabastergruppe entstellen. r

Paludan Müller hat eine schöne, jugendlich schlanke Figur, eine
hohe Apollostim, und in seinem edlen' Profil lebt der Geist des Dichters.

Hans Peter Holst ist am 22. October 1811 zu Kopenhagen
geboren. Er besuchte die „Schule für Bürgertugend", und mit sieb¬
zehn Jahren kam er zur Universität. Nachdem seine Romanzen 1830
den Preis erhalten, wurden sie gedruckt, gefielen sehr und haben sich
so fest in der Gunst des Publicums behauptet, daß noch vor KurMn
eine neue Auflage nöthig war. Durch das laute Lob, das man ihn:
so frühzeitig spendete, wurde Holst übermüthig; alle literarische Pro¬
duktion schien ihm nur ein heiteres Spiel, er achtete der eigentlichen
Künstlersorgfalt nicht. Gedichte und Novellen gab er heraus, worin
die Sprache zwar leicht und gewandt behandelt war, allein sie flat¬
terten gar zu ungebunden, beinahe liederlich, daher, ivie bunte Bän¬
der, die um einen Maibaum fliegen. Außerdem machte man ihm
den gerechten Vorwurf, daß sich Reminiscenzen aus Oehlenschläger
in seinen Erzeugnissen fänden, denn lag ihm die Absicht der Nach¬
ahmung auch fern, so löste sich sein poetisches Streben doch oftmals
in eine fremde verehrte Individualität auf, weil ihm jede bestimmte
Richtung mangelte.

Sein ausgezeichnetes Sprachtalent blieb indessen nicht ohne die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180093"/>
            <p xml:id="ID_973" prev="#ID_972"> den; moderne Bildung und griechische Göttersage umschlingen sich<lb/>
grazicnhaft und das Ganze läßt den wohlthuendsten Eindruck zurück.<lb/>
Ich würde mehr über das classische Werk sagen, aber ich höre, daß<lb/>
Herr Bennet &#x2014; der sich bereits durch die &#x201E;Dcmia" bekannt ge¬<lb/>
macht hat &#x2014; mit dessen Ueberdichtung beschäftigt ist, und da möge<lb/>
denn das deutsche Publicum selbst lesen und sich erfreuen,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_974"> Paludan Müller erhielt jetzt ein königliches Stipendium, und im<lb/>
Jahre 1837 trat er die übliche Wallfahrt nach Italien an. Eine<lb/>
bestimmte Ausbeute von diesem Römerzuge gab der Dichter nicht.<lb/>
Sein letztes Buch erschien 1841; es heißt &#x201E;^«im» klenn" und ist<lb/>
ein episches Gedicht. Da der zweite Theil desselben bisher noch fehlt,<lb/>
so läßt sich darüber kein abschließendes Urtheil fällen, aber man kann<lb/>
wohl sagen, daß die Darstellung &#x2014; wenn sie auch hin und wieder<lb/>
gar zu sehr in's Breite greift, &#x2014; mit ihrer plastischen Schönheit im-<lb/>
ponirt. Leider wird die glänzende Sprache durch Obscönitäten ver¬<lb/>
unstaltet, häßlichen Schmutzflecken gleich, die das reine Weiß einer<lb/>
Alabastergruppe entstellen. r</p><lb/>
            <p xml:id="ID_975"> Paludan Müller hat eine schöne, jugendlich schlanke Figur, eine<lb/>
hohe Apollostim, und in seinem edlen' Profil lebt der Geist des Dichters.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_976"> Hans Peter Holst ist am 22. October 1811 zu Kopenhagen<lb/>
geboren. Er besuchte die &#x201E;Schule für Bürgertugend", und mit sieb¬<lb/>
zehn Jahren kam er zur Universität. Nachdem seine Romanzen 1830<lb/>
den Preis erhalten, wurden sie gedruckt, gefielen sehr und haben sich<lb/>
so fest in der Gunst des Publicums behauptet, daß noch vor KurMn<lb/>
eine neue Auflage nöthig war. Durch das laute Lob, das man ihn:<lb/>
so frühzeitig spendete, wurde Holst übermüthig; alle literarische Pro¬<lb/>
duktion schien ihm nur ein heiteres Spiel, er achtete der eigentlichen<lb/>
Künstlersorgfalt nicht. Gedichte und Novellen gab er heraus, worin<lb/>
die Sprache zwar leicht und gewandt behandelt war, allein sie flat¬<lb/>
terten gar zu ungebunden, beinahe liederlich, daher, ivie bunte Bän¬<lb/>
der, die um einen Maibaum fliegen. Außerdem machte man ihm<lb/>
den gerechten Vorwurf, daß sich Reminiscenzen aus Oehlenschläger<lb/>
in seinen Erzeugnissen fänden, denn lag ihm die Absicht der Nach¬<lb/>
ahmung auch fern, so löste sich sein poetisches Streben doch oftmals<lb/>
in eine fremde verehrte Individualität auf, weil ihm jede bestimmte<lb/>
Richtung mangelte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_977" next="#ID_978"> Sein ausgezeichnetes Sprachtalent blieb indessen nicht ohne die</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0380] den; moderne Bildung und griechische Göttersage umschlingen sich grazicnhaft und das Ganze läßt den wohlthuendsten Eindruck zurück. Ich würde mehr über das classische Werk sagen, aber ich höre, daß Herr Bennet — der sich bereits durch die „Dcmia" bekannt ge¬ macht hat — mit dessen Ueberdichtung beschäftigt ist, und da möge denn das deutsche Publicum selbst lesen und sich erfreuen, Paludan Müller erhielt jetzt ein königliches Stipendium, und im Jahre 1837 trat er die übliche Wallfahrt nach Italien an. Eine bestimmte Ausbeute von diesem Römerzuge gab der Dichter nicht. Sein letztes Buch erschien 1841; es heißt „^«im» klenn" und ist ein episches Gedicht. Da der zweite Theil desselben bisher noch fehlt, so läßt sich darüber kein abschließendes Urtheil fällen, aber man kann wohl sagen, daß die Darstellung — wenn sie auch hin und wieder gar zu sehr in's Breite greift, — mit ihrer plastischen Schönheit im- ponirt. Leider wird die glänzende Sprache durch Obscönitäten ver¬ unstaltet, häßlichen Schmutzflecken gleich, die das reine Weiß einer Alabastergruppe entstellen. r Paludan Müller hat eine schöne, jugendlich schlanke Figur, eine hohe Apollostim, und in seinem edlen' Profil lebt der Geist des Dichters. Hans Peter Holst ist am 22. October 1811 zu Kopenhagen geboren. Er besuchte die „Schule für Bürgertugend", und mit sieb¬ zehn Jahren kam er zur Universität. Nachdem seine Romanzen 1830 den Preis erhalten, wurden sie gedruckt, gefielen sehr und haben sich so fest in der Gunst des Publicums behauptet, daß noch vor KurMn eine neue Auflage nöthig war. Durch das laute Lob, das man ihn: so frühzeitig spendete, wurde Holst übermüthig; alle literarische Pro¬ duktion schien ihm nur ein heiteres Spiel, er achtete der eigentlichen Künstlersorgfalt nicht. Gedichte und Novellen gab er heraus, worin die Sprache zwar leicht und gewandt behandelt war, allein sie flat¬ terten gar zu ungebunden, beinahe liederlich, daher, ivie bunte Bän¬ der, die um einen Maibaum fliegen. Außerdem machte man ihm den gerechten Vorwurf, daß sich Reminiscenzen aus Oehlenschläger in seinen Erzeugnissen fänden, denn lag ihm die Absicht der Nach¬ ahmung auch fern, so löste sich sein poetisches Streben doch oftmals in eine fremde verehrte Individualität auf, weil ihm jede bestimmte Richtung mangelte. Sein ausgezeichnetes Sprachtalent blieb indessen nicht ohne die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/380
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/380>, abgerufen am 26.06.2024.