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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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VieleliebtererrS

"gchwager?
"ES ivar hietzt eine Zeit, wo das liebe Deutschland außerordent¬
lich beflicßen war, Schmähschriften gegen unser Oesterreich und gegen
uns Oesterreicher in d'Welt z'schicken. Aber na, Deutschland kann da
irr dafür, eben so wenig als Hamburg, wo der vorzügliche Koch¬
kessel is, in dem die Hcrmbrüh, mit der's uns bespritzen, abg'rührt
und gesotten wird. I glaub', Hamburg hat uns Oesterreicher und
b'Sünders d'Wiener von einer bessern Seiten kennen g'lernt, als aus
diesen Büchern, denen man's auf 80 Meilen ansteht, daß's entweder
Hunger oder Gallsucht z'sammg'schrieb'n, der niedrigste Krämergeist
verlegt und dann solche Leut' verkauft hab'n. dö vom Ausland als
arme "Jungens" nach Wien trennen sein.^) Wann ein Familien¬
vater is, der irgend Ein'n in seine Familie ausnimmt, und so wie
seine eigenen Kinder behandelt, und dieser Mensch geht her und steckt
den Kindern Bücher zu um etliche Groschen, wo'S Hauswesen recht
hcrunterg'setzt, und sogar der Familienvater nit verschont wird, was
sagt man zu so ein'in'Menschen? -- Schuft! dös wär der g'lindcstc
Ausdruck. Und den wirf i enk Allen aufm Hals, dö's in ein'in Staat,
wo'S auf ehrliche Art Tausende verdient's, weg'n etliche Gutt'n,
gegen diesen Staat selber Schmähschriften cinschmuggcltö. I möcht'
nur wissen, was denn so ein Buchhändler that, wann man auf ihn
und sein Hauswesen so eine Schmähschrift machet, und so in d'Welt
h'nauöschickct. Wie der glei zu alle G'richter rennet, wo er Schutz
suchet, was er für el" Spektakel machet. Aber wann ein nixnutzigcr
Vnrsch, den seine Lumpereien und seine Liederlichkeit forttreibt, was
zusammenschmiert, und da ein ganzes Volk heruntersetzt, Schändlich¬
keiten z'sammlügt, und Sachen beschreibt, dö er uit einmal dem Na¬
men nach kennt, dös verkauft er mit Scclcnvergnügeu, als ob ihn
diese etlichen Groschen vom Hungertod retteten. I hab' g'wiß gegen
Manches offen und unverhohlen meine Meinung ausg'sprochcn, is's.
angangcn, wem's will, dcßweg'n sag' i'S a eben so offen: Schuft
edliandlcr!

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Wie gefällt dem Leser diese Probe Hans Jörgel'scher Polemik?
Alles für's^Volk! Die Schrift über Oesterreich und seine Zukunft ist
ja nur von solchen Leuten gekauft und gelesen worden, die uur den
österreichischen Dialekt verstehen. Deswegen ist es ganz natürlich, daß
gerade Hans Jörgel dagegen loszieht. Ein "Schuft" in österreichischer
Mundart ist übrigens so etwas Gemüthliches, daß nur ein Hypochon¬
der darin eine Injurie sehen kann. Die Wiener Buchhändler werde"
sich überdies wohl hüte", den Haus Jörgel wegen dieser Injurie zu
N. . . verklagen.





*) Anspielung auf die Wiener Buchhändler, von denen einige Ausländer
und. Anmerk. d. Eins.
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VieleliebtererrS

„gchwager?
„ES ivar hietzt eine Zeit, wo das liebe Deutschland außerordent¬
lich beflicßen war, Schmähschriften gegen unser Oesterreich und gegen
uns Oesterreicher in d'Welt z'schicken. Aber na, Deutschland kann da
irr dafür, eben so wenig als Hamburg, wo der vorzügliche Koch¬
kessel is, in dem die Hcrmbrüh, mit der's uns bespritzen, abg'rührt
und gesotten wird. I glaub', Hamburg hat uns Oesterreicher und
b'Sünders d'Wiener von einer bessern Seiten kennen g'lernt, als aus
diesen Büchern, denen man's auf 80 Meilen ansteht, daß's entweder
Hunger oder Gallsucht z'sammg'schrieb'n, der niedrigste Krämergeist
verlegt und dann solche Leut' verkauft hab'n. dö vom Ausland als
arme „Jungens" nach Wien trennen sein.^) Wann ein Familien¬
vater is, der irgend Ein'n in seine Familie ausnimmt, und so wie
seine eigenen Kinder behandelt, und dieser Mensch geht her und steckt
den Kindern Bücher zu um etliche Groschen, wo'S Hauswesen recht
hcrunterg'setzt, und sogar der Familienvater nit verschont wird, was
sagt man zu so ein'in'Menschen? — Schuft! dös wär der g'lindcstc
Ausdruck. Und den wirf i enk Allen aufm Hals, dö's in ein'in Staat,
wo'S auf ehrliche Art Tausende verdient's, weg'n etliche Gutt'n,
gegen diesen Staat selber Schmähschriften cinschmuggcltö. I möcht'
nur wissen, was denn so ein Buchhändler that, wann man auf ihn
und sein Hauswesen so eine Schmähschrift machet, und so in d'Welt
h'nauöschickct. Wie der glei zu alle G'richter rennet, wo er Schutz
suchet, was er für el» Spektakel machet. Aber wann ein nixnutzigcr
Vnrsch, den seine Lumpereien und seine Liederlichkeit forttreibt, was
zusammenschmiert, und da ein ganzes Volk heruntersetzt, Schändlich¬
keiten z'sammlügt, und Sachen beschreibt, dö er uit einmal dem Na¬
men nach kennt, dös verkauft er mit Scclcnvergnügeu, als ob ihn
diese etlichen Groschen vom Hungertod retteten. I hab' g'wiß gegen
Manches offen und unverhohlen meine Meinung ausg'sprochcn, is's.
angangcn, wem's will, dcßweg'n sag' i'S a eben so offen: Schuft
edliandlcr!

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Wie gefällt dem Leser diese Probe Hans Jörgel'scher Polemik?
Alles für's^Volk! Die Schrift über Oesterreich und seine Zukunft ist
ja nur von solchen Leuten gekauft und gelesen worden, die uur den
österreichischen Dialekt verstehen. Deswegen ist es ganz natürlich, daß
gerade Hans Jörgel dagegen loszieht. Ein „Schuft" in österreichischer
Mundart ist übrigens so etwas Gemüthliches, daß nur ein Hypochon¬
der darin eine Injurie sehen kann. Die Wiener Buchhändler werde»
sich überdies wohl hüte», den Haus Jörgel wegen dieser Injurie zu
N. . . verklagen.





*) Anspielung auf die Wiener Buchhändler, von denen einige Ausländer
und. Anmerk. d. Eins.
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[0111] VieleliebtererrS „gchwager? „ES ivar hietzt eine Zeit, wo das liebe Deutschland außerordent¬ lich beflicßen war, Schmähschriften gegen unser Oesterreich und gegen uns Oesterreicher in d'Welt z'schicken. Aber na, Deutschland kann da irr dafür, eben so wenig als Hamburg, wo der vorzügliche Koch¬ kessel is, in dem die Hcrmbrüh, mit der's uns bespritzen, abg'rührt und gesotten wird. I glaub', Hamburg hat uns Oesterreicher und b'Sünders d'Wiener von einer bessern Seiten kennen g'lernt, als aus diesen Büchern, denen man's auf 80 Meilen ansteht, daß's entweder Hunger oder Gallsucht z'sammg'schrieb'n, der niedrigste Krämergeist verlegt und dann solche Leut' verkauft hab'n. dö vom Ausland als arme „Jungens" nach Wien trennen sein.^) Wann ein Familien¬ vater is, der irgend Ein'n in seine Familie ausnimmt, und so wie seine eigenen Kinder behandelt, und dieser Mensch geht her und steckt den Kindern Bücher zu um etliche Groschen, wo'S Hauswesen recht hcrunterg'setzt, und sogar der Familienvater nit verschont wird, was sagt man zu so ein'in'Menschen? — Schuft! dös wär der g'lindcstc Ausdruck. Und den wirf i enk Allen aufm Hals, dö's in ein'in Staat, wo'S auf ehrliche Art Tausende verdient's, weg'n etliche Gutt'n, gegen diesen Staat selber Schmähschriften cinschmuggcltö. I möcht' nur wissen, was denn so ein Buchhändler that, wann man auf ihn und sein Hauswesen so eine Schmähschrift machet, und so in d'Welt h'nauöschickct. Wie der glei zu alle G'richter rennet, wo er Schutz suchet, was er für el» Spektakel machet. Aber wann ein nixnutzigcr Vnrsch, den seine Lumpereien und seine Liederlichkeit forttreibt, was zusammenschmiert, und da ein ganzes Volk heruntersetzt, Schändlich¬ keiten z'sammlügt, und Sachen beschreibt, dö er uit einmal dem Na¬ men nach kennt, dös verkauft er mit Scclcnvergnügeu, als ob ihn diese etlichen Groschen vom Hungertod retteten. I hab' g'wiß gegen Manches offen und unverhohlen meine Meinung ausg'sprochcn, is's. angangcn, wem's will, dcßweg'n sag' i'S a eben so offen: Schuft edliandlcr! ersoBüchcrschcchh Wie gefällt dem Leser diese Probe Hans Jörgel'scher Polemik? Alles für's^Volk! Die Schrift über Oesterreich und seine Zukunft ist ja nur von solchen Leuten gekauft und gelesen worden, die uur den österreichischen Dialekt verstehen. Deswegen ist es ganz natürlich, daß gerade Hans Jörgel dagegen loszieht. Ein „Schuft" in österreichischer Mundart ist übrigens so etwas Gemüthliches, daß nur ein Hypochon¬ der darin eine Injurie sehen kann. Die Wiener Buchhändler werde» sich überdies wohl hüte», den Haus Jörgel wegen dieser Injurie zu N. . . verklagen. *) Anspielung auf die Wiener Buchhändler, von denen einige Ausländer und. Anmerk. d. Eins. 14 -i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/111>, abgerufen am 29.06.2024.