Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

Petrow. Von zehn- nur noch viertausend,

' Patkul. Entsetzliche Belloim! Was die eine Seite ihrer zweischneidigen Sichel
in: Kampfe verschont, mäht die andre in verhexenden Krankheiten fort!---Ist
die Kriegskasse noch gefüllt?,

Muraview. 230,000 Thaler.

Patkul. Was in der Schlacht die Fahne, ist leider das Geld im Frieden!
Den Muth nicht verloren, Freunde. Wir sind geschlagen,--^ja wir sinds! Peter
der Große wird seine Eisfelder zuHülse nehmen müssen, um Karl dem XU. zu ver¬
gelten. Reiten Sie zu den Unsrigen! Grüßen Sie die Donischen Kosaken und die

rl (Zu Iwan)
Zaporoge Wie singt ihr an der Wolga, Knabe, wenn ihr in die Steppe
reitet und Pferde in den Sümpfen fangt?

I

n (dreist und frisch).
wa

P

l (halb fiir sich).
atku Glückliches Naturvolk! Du weißt nicht, daß der mensch¬
liche Gedanke doch noch schneller als Kosakenpferde ist! Lebt wohl! Reitet zu den
Brüdern und meldet mir die Bewegungen der Feinde. Morgen beginnt der Waffen¬
still
. (Rllc ab.)
stand

Patkul. Dn bist so ernst, Julius?,

Ein Sieb el. Ich betrübe mich um Dich.

Patkul. Warum? Weil ich alle meine Hoffnungen scheitern sehe?

Einsiedel. Nein, Reinhold. Weil Du eine Entschlossenheit zeigst, die mir
verräth, daß du sie noch nicht aufgegeben hast.

Patkul. Im Unglück wächst mir die Kraft. Geschlagen stehen wir an den
machenden Trümmern unserer Hoffnungen! Aber wir müssen alles wiedergewinnen,
wenn der König seine wahren Feinde nicht draußen, sondern drinnen sucht.

Ein Sieb el. Reinhold, Du willst gegen die Creaturen eines Flemming auf¬
treten? Ueberschau den Boden, auf dem Du Dich mit Deinem zusammengeschmolze¬
nen, kampfunfähigen russischen Hülfscorps befindest! Die Minister hassen Dich, weil
s'e gehofft hatten, als Dn in ihre Dienste tratest, Du würdest ihnen für ihre Pläne
eine Scheide, kein? Klinge seyn. Du gingst in russische Dienste, bliebst hier in
Dresden als Gesandter, commandirtest die Hülfstruppen, Du warst das Gewissen
dieser Menschen. Du hast sie gezügelt durch Deine Macht. Jetzt lösen sich alle
Bande der Ordnung und des Gesetzes, Du bist wehrlos--Laß es fluthen! Laß
es treiben! Der Weltgeist fordert nichts von Dir.

Patkul. Ich bin ein Liefländer. -- Deutsch war meine Muttersprache; doch
mußt ich schwedisch sagen, was ich deutsch gefühlt. Bis zum Tage von Lützen
waren die Schweden ein Segen für Europa, bis zum Tage von Fehrbellin ertrug
man sie. Auf Gustav Adolph kam Torstenson, dann lieh sich Orenstierna von Richelieu
das rothe SammctkäPPchen der jesuitischen Diplomatie; dann kamen die raubsüchtigen
"Märischen Nachzügler; Brandenburg, Preußen wurde von den Schweden frei;,


13"

Petrow. Von zehn- nur noch viertausend,

' Patkul. Entsetzliche Belloim! Was die eine Seite ihrer zweischneidigen Sichel
in: Kampfe verschont, mäht die andre in verhexenden Krankheiten fort!---Ist
die Kriegskasse noch gefüllt?,

Muraview. 230,000 Thaler.

Patkul. Was in der Schlacht die Fahne, ist leider das Geld im Frieden!
Den Muth nicht verloren, Freunde. Wir sind geschlagen,--^ja wir sinds! Peter
der Große wird seine Eisfelder zuHülse nehmen müssen, um Karl dem XU. zu ver¬
gelten. Reiten Sie zu den Unsrigen! Grüßen Sie die Donischen Kosaken und die

rl (Zu Iwan)
Zaporoge Wie singt ihr an der Wolga, Knabe, wenn ihr in die Steppe
reitet und Pferde in den Sümpfen fangt?

I

n (dreist und frisch).
wa

P

l (halb fiir sich).
atku Glückliches Naturvolk! Du weißt nicht, daß der mensch¬
liche Gedanke doch noch schneller als Kosakenpferde ist! Lebt wohl! Reitet zu den
Brüdern und meldet mir die Bewegungen der Feinde. Morgen beginnt der Waffen¬
still
. (Rllc ab.)
stand

Patkul. Dn bist so ernst, Julius?,

Ein Sieb el. Ich betrübe mich um Dich.

Patkul. Warum? Weil ich alle meine Hoffnungen scheitern sehe?

Einsiedel. Nein, Reinhold. Weil Du eine Entschlossenheit zeigst, die mir
verräth, daß du sie noch nicht aufgegeben hast.

Patkul. Im Unglück wächst mir die Kraft. Geschlagen stehen wir an den
machenden Trümmern unserer Hoffnungen! Aber wir müssen alles wiedergewinnen,
wenn der König seine wahren Feinde nicht draußen, sondern drinnen sucht.

Ein Sieb el. Reinhold, Du willst gegen die Creaturen eines Flemming auf¬
treten? Ueberschau den Boden, auf dem Du Dich mit Deinem zusammengeschmolze¬
nen, kampfunfähigen russischen Hülfscorps befindest! Die Minister hassen Dich, weil
s'e gehofft hatten, als Dn in ihre Dienste tratest, Du würdest ihnen für ihre Pläne
eine Scheide, kein? Klinge seyn. Du gingst in russische Dienste, bliebst hier in
Dresden als Gesandter, commandirtest die Hülfstruppen, Du warst das Gewissen
dieser Menschen. Du hast sie gezügelt durch Deine Macht. Jetzt lösen sich alle
Bande der Ordnung und des Gesetzes, Du bist wehrlos--Laß es fluthen! Laß
es treiben! Der Weltgeist fordert nichts von Dir.

Patkul. Ich bin ein Liefländer. — Deutsch war meine Muttersprache; doch
mußt ich schwedisch sagen, was ich deutsch gefühlt. Bis zum Tage von Lützen
waren die Schweden ein Segen für Europa, bis zum Tage von Fehrbellin ertrug
man sie. Auf Gustav Adolph kam Torstenson, dann lieh sich Orenstierna von Richelieu
das rothe SammctkäPPchen der jesuitischen Diplomatie; dann kamen die raubsüchtigen
"Märischen Nachzügler; Brandenburg, Preußen wurde von den Schweden frei;,


13»
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <pb facs="#f0079" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267294"/>
                <p xml:id="ID_504"> Petrow. Von zehn- nur noch viertausend,</p><lb/>
                <p xml:id="ID_505"> ' Patkul. Entsetzliche Belloim! Was die eine Seite ihrer zweischneidigen Sichel<lb/>
in: Kampfe verschont, mäht die andre in verhexenden Krankheiten fort!---Ist<lb/>
die Kriegskasse noch gefüllt?,</p><lb/>
                <p xml:id="ID_506"> Muraview. 230,000 Thaler.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_507"> Patkul. Was in der Schlacht die Fahne, ist leider das Geld im Frieden!<lb/>
Den Muth nicht verloren, Freunde. Wir sind geschlagen,--^ja wir sinds! Peter<lb/>
der Große wird seine Eisfelder zuHülse nehmen müssen, um Karl dem XU. zu ver¬<lb/>
gelten. Reiten Sie zu den Unsrigen! Grüßen Sie die Donischen Kosaken und die<lb/><stage> rl (Zu Iwan)</stage> Zaporoge Wie singt ihr an der Wolga, Knabe, wenn ihr in die Steppe<lb/>
reitet und Pferde in den Sümpfen fangt?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_508"> I<stage> n (dreist und frisch).</stage> wa<lg xml:id="POEMID_1" type="poem"><l/></lg></p><lb/>
                <p xml:id="ID_509"> P<stage> l (halb fiir sich).</stage> atku Glückliches Naturvolk! Du weißt nicht, daß der mensch¬<lb/>
liche Gedanke doch noch schneller als Kosakenpferde ist! Lebt wohl! Reitet zu den<lb/>
Brüdern und meldet mir die Bewegungen der Feinde. Morgen beginnt der Waffen¬<lb/>
still<stage> . (Rllc ab.)</stage> stand</p><lb/>
                <p xml:id="ID_510"> Patkul. Dn bist so ernst, Julius?,</p><lb/>
                <p xml:id="ID_511"> Ein Sieb el. Ich betrübe mich um Dich.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_512"> Patkul. Warum? Weil ich alle meine Hoffnungen scheitern sehe?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_513"> Einsiedel. Nein, Reinhold. Weil Du eine Entschlossenheit zeigst, die mir<lb/>
verräth, daß du sie noch nicht aufgegeben hast.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_514"> Patkul. Im Unglück wächst mir die Kraft. Geschlagen stehen wir an den<lb/>
machenden Trümmern unserer Hoffnungen! Aber wir müssen alles wiedergewinnen,<lb/>
wenn der König seine wahren Feinde nicht draußen, sondern drinnen sucht.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_515"> Ein Sieb el. Reinhold, Du willst gegen die Creaturen eines Flemming auf¬<lb/>
treten? Ueberschau den Boden, auf dem Du Dich mit Deinem zusammengeschmolze¬<lb/>
nen, kampfunfähigen russischen Hülfscorps befindest! Die Minister hassen Dich, weil<lb/>
s'e gehofft hatten, als Dn in ihre Dienste tratest, Du würdest ihnen für ihre Pläne<lb/>
eine Scheide, kein? Klinge seyn. Du gingst in russische Dienste, bliebst hier in<lb/>
Dresden als Gesandter, commandirtest die Hülfstruppen, Du warst das Gewissen<lb/>
dieser Menschen. Du hast sie gezügelt durch Deine Macht. Jetzt lösen sich alle<lb/>
Bande der Ordnung und des Gesetzes, Du bist wehrlos--Laß es fluthen! Laß<lb/>
es treiben! Der Weltgeist fordert nichts von Dir.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_516" next="#ID_517"> Patkul. Ich bin ein Liefländer. &#x2014; Deutsch war meine Muttersprache; doch<lb/>
mußt ich schwedisch sagen, was ich deutsch gefühlt. Bis zum Tage von Lützen<lb/>
waren die Schweden ein Segen für Europa, bis zum Tage von Fehrbellin ertrug<lb/>
man sie. Auf Gustav Adolph kam Torstenson, dann lieh sich Orenstierna von Richelieu<lb/>
das rothe SammctkäPPchen der jesuitischen Diplomatie; dann kamen die raubsüchtigen<lb/>
"Märischen Nachzügler; Brandenburg, Preußen wurde von den Schweden frei;,</p><lb/>
                <fw type="sig" place="bottom"> 13»</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0079] Petrow. Von zehn- nur noch viertausend, ' Patkul. Entsetzliche Belloim! Was die eine Seite ihrer zweischneidigen Sichel in: Kampfe verschont, mäht die andre in verhexenden Krankheiten fort!---Ist die Kriegskasse noch gefüllt?, Muraview. 230,000 Thaler. Patkul. Was in der Schlacht die Fahne, ist leider das Geld im Frieden! Den Muth nicht verloren, Freunde. Wir sind geschlagen,--^ja wir sinds! Peter der Große wird seine Eisfelder zuHülse nehmen müssen, um Karl dem XU. zu ver¬ gelten. Reiten Sie zu den Unsrigen! Grüßen Sie die Donischen Kosaken und die rl (Zu Iwan) Zaporoge Wie singt ihr an der Wolga, Knabe, wenn ihr in die Steppe reitet und Pferde in den Sümpfen fangt? I n (dreist und frisch). wa P l (halb fiir sich). atku Glückliches Naturvolk! Du weißt nicht, daß der mensch¬ liche Gedanke doch noch schneller als Kosakenpferde ist! Lebt wohl! Reitet zu den Brüdern und meldet mir die Bewegungen der Feinde. Morgen beginnt der Waffen¬ still . (Rllc ab.) stand Patkul. Dn bist so ernst, Julius?, Ein Sieb el. Ich betrübe mich um Dich. Patkul. Warum? Weil ich alle meine Hoffnungen scheitern sehe? Einsiedel. Nein, Reinhold. Weil Du eine Entschlossenheit zeigst, die mir verräth, daß du sie noch nicht aufgegeben hast. Patkul. Im Unglück wächst mir die Kraft. Geschlagen stehen wir an den machenden Trümmern unserer Hoffnungen! Aber wir müssen alles wiedergewinnen, wenn der König seine wahren Feinde nicht draußen, sondern drinnen sucht. Ein Sieb el. Reinhold, Du willst gegen die Creaturen eines Flemming auf¬ treten? Ueberschau den Boden, auf dem Du Dich mit Deinem zusammengeschmolze¬ nen, kampfunfähigen russischen Hülfscorps befindest! Die Minister hassen Dich, weil s'e gehofft hatten, als Dn in ihre Dienste tratest, Du würdest ihnen für ihre Pläne eine Scheide, kein? Klinge seyn. Du gingst in russische Dienste, bliebst hier in Dresden als Gesandter, commandirtest die Hülfstruppen, Du warst das Gewissen dieser Menschen. Du hast sie gezügelt durch Deine Macht. Jetzt lösen sich alle Bande der Ordnung und des Gesetzes, Du bist wehrlos--Laß es fluthen! Laß es treiben! Der Weltgeist fordert nichts von Dir. Patkul. Ich bin ein Liefländer. — Deutsch war meine Muttersprache; doch mußt ich schwedisch sagen, was ich deutsch gefühlt. Bis zum Tage von Lützen waren die Schweden ein Segen für Europa, bis zum Tage von Fehrbellin ertrug man sie. Auf Gustav Adolph kam Torstenson, dann lieh sich Orenstierna von Richelieu das rothe SammctkäPPchen der jesuitischen Diplomatie; dann kamen die raubsüchtigen "Märischen Nachzügler; Brandenburg, Preußen wurde von den Schweden frei;, 13»

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/79
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/79>, abgerufen am 22.12.2024.