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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Hand wirst er Alles nieder, was sich seinem Gange widersetzt, und
Alles flicht vor ihm. Das Angstgeschrei der Frauen, die ein Kampf,
dessen Ursache ihnen gänzlich unbekannt ist, erschreckt, leitet ihn in dem
ihm unbekannten Paläste; bald hat er die Pforten des Harems
reicht; gewaltsam stürzt er sie nieder, und Eulaleja liegt in den Ar¬
men ihres Vaters. Aber bald wieder trennen sie sich; Palinari bringt
die,theuer errungene Beute in Sicherheit, indem er sie in Selims
Haus, verbirgt, und kehrt dann zu diesem zurück, um an seiner Seite
zu streiten, und mit ihm auszuharren bis ans Ende, mag ihnen nun
Sieg oder Niederlage bevorstehen.

Indeß waren Hussein Pascha und der Großvizir im Großherr¬
lichen Lustschloß angelangt.

-- Herr und Fürst, rief Hussein, der Aufruhr herrscht in Con-
stantinopel; man fordert unsre Häupter; gibst Du sie den Janitscha-
ren zur Beute hin, oder willst Du unsren Arm zu Deiner Verthei¬
digung annehmen?

-- Hussein, die letzte Stunde der Janitscharen hat geschlagen.
Es ist Zeit, die höchste Zeit, dieser Hydra des immer wieder sich er¬
neuerten Aufruhrs das letzte Haupt abzuschlagen; Euch übertrageich
dieses Amt. Morgen darf es keine Janitscharen mehr geben, oder
der Pflug soll über Constantinopels Mauern hingehen.

Beim Flackerschein der Feuersbrünste setzt Mähmoud über den
Bosporus, und eilt nach dem Serail. Rasch versammelt er seine
Truppen; zehntausend Topdschis (Kanoniere) reihen sich um ihn, so
- wie die getreuen Aansaks. Man entfaltet den Sandschak-Scherif, die¬
ses Gewand des Propheten, das in eine Standarte verwandelt wor¬
den, die man nur, wenn große Gefahren dem Staate drohen, auf¬
pflanzt. Alsdann aber sind alle dienstfähigen Muselmänner ver¬
pflichtet, die Waffen zur Vertheidigung der heiligen Reliquie zu'er¬
greifen. Von den, Kuppeln der Moscheeen herab, befehlen die Imaus
,dem Volke, sich um'die grüne Standarte des Propheten zu schaaren.
-//Im Namen Allahs," rufen sie) "werden die Janitscharen außer dem
Gesetz ,erklärt. Heil denen, die sich unter die Schlachtreihen des StA
- Vertreters des Propheten stellen."

Dieser Aufruf treibt zu den Waffen. Alles eilt nach demAt-Mei-
dan, wo der Großvizir , in einem der Höfe der Moschee Achmets sein
,Hauptquarn'er aufgeschlagen. Die einzelnen Abtheilungen bewaffneter


SS

Hand wirst er Alles nieder, was sich seinem Gange widersetzt, und
Alles flicht vor ihm. Das Angstgeschrei der Frauen, die ein Kampf,
dessen Ursache ihnen gänzlich unbekannt ist, erschreckt, leitet ihn in dem
ihm unbekannten Paläste; bald hat er die Pforten des Harems
reicht; gewaltsam stürzt er sie nieder, und Eulaleja liegt in den Ar¬
men ihres Vaters. Aber bald wieder trennen sie sich; Palinari bringt
die,theuer errungene Beute in Sicherheit, indem er sie in Selims
Haus, verbirgt, und kehrt dann zu diesem zurück, um an seiner Seite
zu streiten, und mit ihm auszuharren bis ans Ende, mag ihnen nun
Sieg oder Niederlage bevorstehen.

Indeß waren Hussein Pascha und der Großvizir im Großherr¬
lichen Lustschloß angelangt.

— Herr und Fürst, rief Hussein, der Aufruhr herrscht in Con-
stantinopel; man fordert unsre Häupter; gibst Du sie den Janitscha-
ren zur Beute hin, oder willst Du unsren Arm zu Deiner Verthei¬
digung annehmen?

— Hussein, die letzte Stunde der Janitscharen hat geschlagen.
Es ist Zeit, die höchste Zeit, dieser Hydra des immer wieder sich er¬
neuerten Aufruhrs das letzte Haupt abzuschlagen; Euch übertrageich
dieses Amt. Morgen darf es keine Janitscharen mehr geben, oder
der Pflug soll über Constantinopels Mauern hingehen.

Beim Flackerschein der Feuersbrünste setzt Mähmoud über den
Bosporus, und eilt nach dem Serail. Rasch versammelt er seine
Truppen; zehntausend Topdschis (Kanoniere) reihen sich um ihn, so
- wie die getreuen Aansaks. Man entfaltet den Sandschak-Scherif, die¬
ses Gewand des Propheten, das in eine Standarte verwandelt wor¬
den, die man nur, wenn große Gefahren dem Staate drohen, auf¬
pflanzt. Alsdann aber sind alle dienstfähigen Muselmänner ver¬
pflichtet, die Waffen zur Vertheidigung der heiligen Reliquie zu'er¬
greifen. Von den, Kuppeln der Moscheeen herab, befehlen die Imaus
,dem Volke, sich um'die grüne Standarte des Propheten zu schaaren.
-//Im Namen Allahs," rufen sie) „werden die Janitscharen außer dem
Gesetz ,erklärt. Heil denen, die sich unter die Schlachtreihen des StA
- Vertreters des Propheten stellen."

Dieser Aufruf treibt zu den Waffen. Alles eilt nach demAt-Mei-
dan, wo der Großvizir , in einem der Höfe der Moschee Achmets sein
,Hauptquarn'er aufgeschlagen. Die einzelnen Abtheilungen bewaffneter


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[0719] Hand wirst er Alles nieder, was sich seinem Gange widersetzt, und Alles flicht vor ihm. Das Angstgeschrei der Frauen, die ein Kampf, dessen Ursache ihnen gänzlich unbekannt ist, erschreckt, leitet ihn in dem ihm unbekannten Paläste; bald hat er die Pforten des Harems reicht; gewaltsam stürzt er sie nieder, und Eulaleja liegt in den Ar¬ men ihres Vaters. Aber bald wieder trennen sie sich; Palinari bringt die,theuer errungene Beute in Sicherheit, indem er sie in Selims Haus, verbirgt, und kehrt dann zu diesem zurück, um an seiner Seite zu streiten, und mit ihm auszuharren bis ans Ende, mag ihnen nun Sieg oder Niederlage bevorstehen. Indeß waren Hussein Pascha und der Großvizir im Großherr¬ lichen Lustschloß angelangt. — Herr und Fürst, rief Hussein, der Aufruhr herrscht in Con- stantinopel; man fordert unsre Häupter; gibst Du sie den Janitscha- ren zur Beute hin, oder willst Du unsren Arm zu Deiner Verthei¬ digung annehmen? — Hussein, die letzte Stunde der Janitscharen hat geschlagen. Es ist Zeit, die höchste Zeit, dieser Hydra des immer wieder sich er¬ neuerten Aufruhrs das letzte Haupt abzuschlagen; Euch übertrageich dieses Amt. Morgen darf es keine Janitscharen mehr geben, oder der Pflug soll über Constantinopels Mauern hingehen. Beim Flackerschein der Feuersbrünste setzt Mähmoud über den Bosporus, und eilt nach dem Serail. Rasch versammelt er seine Truppen; zehntausend Topdschis (Kanoniere) reihen sich um ihn, so - wie die getreuen Aansaks. Man entfaltet den Sandschak-Scherif, die¬ ses Gewand des Propheten, das in eine Standarte verwandelt wor¬ den, die man nur, wenn große Gefahren dem Staate drohen, auf¬ pflanzt. Alsdann aber sind alle dienstfähigen Muselmänner ver¬ pflichtet, die Waffen zur Vertheidigung der heiligen Reliquie zu'er¬ greifen. Von den, Kuppeln der Moscheeen herab, befehlen die Imaus ,dem Volke, sich um'die grüne Standarte des Propheten zu schaaren. -//Im Namen Allahs," rufen sie) „werden die Janitscharen außer dem Gesetz ,erklärt. Heil denen, die sich unter die Schlachtreihen des StA - Vertreters des Propheten stellen." Dieser Aufruf treibt zu den Waffen. Alles eilt nach demAt-Mei- dan, wo der Großvizir , in einem der Höfe der Moschee Achmets sein ,Hauptquarn'er aufgeschlagen. Die einzelnen Abtheilungen bewaffneter SS

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/719>, abgerufen am 23.07.2024.