Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

sei.ein Mann zwischen dreißig und fünf und vierzig Jahren."'Wird 'er
früher zu dieser Stelle befördert, so fehlt ihm in der Regel Erfahrung
Und Festigkeit des Charakters, gelangt er später dazu, so kann ihm nach
einiger Zeit schon Physische Kraft,und Beharrlichkeit abgehen, vorzüglich
aber wirder bald das Alter erreichen, wo die Hoffnung zu fernerem
Avancement, schwindet. Diese Hoffnung aber ist und bleibt ein wirksa-,
mes Reizmittel zur Thätigkeit, es ist, wenigstens im Frieden, das, was
den'Officier der Untätigkeit entreißt, der.er sich nur zu gerne hinzuge¬
hen Pflegt. Hier hören wir die Moralisten keine aufschreien: ' ist Ehre,
Ruhm, Pflicht, Treue, Vaterlandsliebe nichts? Allerdings! Abergreift
in euren Busen und fragt euch selbst, wie viel oder wie wenig der Ge¬
danke an euch und euer Glück hei euren Thaten mitgewirkt hat. Nicht
wie der Mensch sein sollte, wie er ist, wollen wir ihn darstellen. Der
Obrist sei groß und wohlgebaut, sein Aeußeres voll Anstand, Würde
und Ehrfurcht gebietend, sein Auge scharf, seine Stimme klar Und durch¬
dringend, sein Benehmen ernst, aber wohlwollend. Gerechtigkeit sei sein
Wah!Spruch, er halte streng darauf, daß Jeder.ohne Ansehen der Per¬
son seine Pflicht thue. .Sein Gefühl sei das eines Vaters, der.überall
hilft, wo Hülfe nöthig ist; dagegen sei er unerbittlich und ohne Mitleid
gegen, alle Die, welche aus bösem Willen, oder aus Hang zur.Unord¬
nung, oder gar zu Lastern den Befehlen entgegen handeln. Sein eifrig¬
stes Bestreben sei, das ihm anvertraute Regiment.in seiner. Individuali¬
tät genau kennen ZU lernen, damit er Jeden gebrauche nach seinen Kräf¬
ten, und Jeden behandle nach seinem Verdienst. Er hüte sich, eigene
Verwandte in seinem Regiment zu haben, sie bringen. ihn immer ,in's
Unrecht; ist er nicht hart und ungerecht gegen sie, so wird er des Na-.
pvtismus, der Parteilichkeit angeklagt. -- Er habe nie Favoriten oder
Schützlinge, denen er Vorzüge und Vortheile einräumt, die Andere nicht
genießen. Darunter verstehen wir keineswegs, daß er. ausgezeichnete
Officiere nicht hervorziehen und sie seiner Person nähern soll; es ist im
Gegentheil eine solche Auswahl, vorzüglich unter den jungen Qfsicicren,
die ihre militärische Erziehung noch zu vollenden haben, das sicherste
Mittel, ein gebildetes, gesittetes, anständiges Ofsicierkorps zu erlangen..
Der kluge Mann, und das muß der Obrist sein, wird dieses Ziel zu.
erreichen wissen, ohne Eisersucht im Ofsicierkorps zu erwecken. Er wird,
es verstehen, im Privatleben das, was er hier als.Auszeichnung den
Einzelnen spendet, nicht mit. dem zu vermengen, was er.im.Dienstund
öffentlichen Leben für.-.M gleichmäßig zu thun schuldig ist. Ist er von


sei.ein Mann zwischen dreißig und fünf und vierzig Jahren."'Wird 'er
früher zu dieser Stelle befördert, so fehlt ihm in der Regel Erfahrung
Und Festigkeit des Charakters, gelangt er später dazu, so kann ihm nach
einiger Zeit schon Physische Kraft,und Beharrlichkeit abgehen, vorzüglich
aber wirder bald das Alter erreichen, wo die Hoffnung zu fernerem
Avancement, schwindet. Diese Hoffnung aber ist und bleibt ein wirksa-,
mes Reizmittel zur Thätigkeit, es ist, wenigstens im Frieden, das, was
den'Officier der Untätigkeit entreißt, der.er sich nur zu gerne hinzuge¬
hen Pflegt. Hier hören wir die Moralisten keine aufschreien: ' ist Ehre,
Ruhm, Pflicht, Treue, Vaterlandsliebe nichts? Allerdings! Abergreift
in euren Busen und fragt euch selbst, wie viel oder wie wenig der Ge¬
danke an euch und euer Glück hei euren Thaten mitgewirkt hat. Nicht
wie der Mensch sein sollte, wie er ist, wollen wir ihn darstellen. Der
Obrist sei groß und wohlgebaut, sein Aeußeres voll Anstand, Würde
und Ehrfurcht gebietend, sein Auge scharf, seine Stimme klar Und durch¬
dringend, sein Benehmen ernst, aber wohlwollend. Gerechtigkeit sei sein
Wah!Spruch, er halte streng darauf, daß Jeder.ohne Ansehen der Per¬
son seine Pflicht thue. .Sein Gefühl sei das eines Vaters, der.überall
hilft, wo Hülfe nöthig ist; dagegen sei er unerbittlich und ohne Mitleid
gegen, alle Die, welche aus bösem Willen, oder aus Hang zur.Unord¬
nung, oder gar zu Lastern den Befehlen entgegen handeln. Sein eifrig¬
stes Bestreben sei, das ihm anvertraute Regiment.in seiner. Individuali¬
tät genau kennen ZU lernen, damit er Jeden gebrauche nach seinen Kräf¬
ten, und Jeden behandle nach seinem Verdienst. Er hüte sich, eigene
Verwandte in seinem Regiment zu haben, sie bringen. ihn immer ,in's
Unrecht; ist er nicht hart und ungerecht gegen sie, so wird er des Na-.
pvtismus, der Parteilichkeit angeklagt. — Er habe nie Favoriten oder
Schützlinge, denen er Vorzüge und Vortheile einräumt, die Andere nicht
genießen. Darunter verstehen wir keineswegs, daß er. ausgezeichnete
Officiere nicht hervorziehen und sie seiner Person nähern soll; es ist im
Gegentheil eine solche Auswahl, vorzüglich unter den jungen Qfsicicren,
die ihre militärische Erziehung noch zu vollenden haben, das sicherste
Mittel, ein gebildetes, gesittetes, anständiges Ofsicierkorps zu erlangen..
Der kluge Mann, und das muß der Obrist sein, wird dieses Ziel zu.
erreichen wissen, ohne Eisersucht im Ofsicierkorps zu erwecken. Er wird,
es verstehen, im Privatleben das, was er hier als.Auszeichnung den
Einzelnen spendet, nicht mit. dem zu vermengen, was er.im.Dienstund
öffentlichen Leben für.-.M gleichmäßig zu thun schuldig ist. Ist er von


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0683" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267896"/>
            <p xml:id="ID_2390" prev="#ID_2389" next="#ID_2391"> sei.ein Mann zwischen dreißig und fünf und vierzig Jahren."'Wird 'er<lb/>
früher zu dieser Stelle befördert, so fehlt ihm in der Regel Erfahrung<lb/>
Und Festigkeit des Charakters, gelangt er später dazu, so kann ihm nach<lb/>
einiger Zeit schon Physische Kraft,und Beharrlichkeit abgehen, vorzüglich<lb/>
aber wirder bald das Alter erreichen, wo die Hoffnung zu fernerem<lb/>
Avancement, schwindet. Diese Hoffnung aber ist und bleibt ein wirksa-,<lb/>
mes Reizmittel zur Thätigkeit, es ist, wenigstens im Frieden, das, was<lb/>
den'Officier der Untätigkeit entreißt, der.er sich nur zu gerne hinzuge¬<lb/>
hen Pflegt. Hier hören wir die Moralisten keine aufschreien: ' ist Ehre,<lb/>
Ruhm, Pflicht, Treue, Vaterlandsliebe nichts? Allerdings! Abergreift<lb/>
in euren Busen und fragt euch selbst, wie viel oder wie wenig der Ge¬<lb/>
danke an euch und euer Glück hei euren Thaten mitgewirkt hat. Nicht<lb/>
wie der Mensch sein sollte, wie er ist, wollen wir ihn darstellen. Der<lb/>
Obrist sei groß und wohlgebaut, sein Aeußeres voll Anstand, Würde<lb/>
und Ehrfurcht gebietend, sein Auge scharf, seine Stimme klar Und durch¬<lb/>
dringend, sein Benehmen ernst, aber wohlwollend. Gerechtigkeit sei sein<lb/>
Wah!Spruch, er halte streng darauf, daß Jeder.ohne Ansehen der Per¬<lb/>
son seine Pflicht thue. .Sein Gefühl sei das eines Vaters, der.überall<lb/>
hilft, wo Hülfe nöthig ist; dagegen sei er unerbittlich und ohne Mitleid<lb/>
gegen, alle Die, welche aus bösem Willen, oder aus Hang zur.Unord¬<lb/>
nung, oder gar zu Lastern den Befehlen entgegen handeln. Sein eifrig¬<lb/>
stes Bestreben sei, das ihm anvertraute Regiment.in seiner. Individuali¬<lb/>
tät genau kennen ZU lernen, damit er Jeden gebrauche nach seinen Kräf¬<lb/>
ten, und Jeden behandle nach seinem Verdienst. Er hüte sich, eigene<lb/>
Verwandte in seinem Regiment zu haben, sie bringen. ihn immer ,in's<lb/>
Unrecht; ist er nicht hart und ungerecht gegen sie, so wird er des Na-.<lb/>
pvtismus, der Parteilichkeit angeklagt. &#x2014; Er habe nie Favoriten oder<lb/>
Schützlinge, denen er Vorzüge und Vortheile einräumt, die Andere nicht<lb/>
genießen.  Darunter verstehen wir keineswegs, daß er. ausgezeichnete<lb/>
Officiere nicht hervorziehen und sie seiner Person nähern soll; es ist im<lb/>
Gegentheil eine solche Auswahl, vorzüglich unter den jungen Qfsicicren,<lb/>
die ihre militärische Erziehung noch zu vollenden haben, das sicherste<lb/>
Mittel, ein gebildetes, gesittetes, anständiges Ofsicierkorps zu erlangen..<lb/>
Der kluge Mann, und das muß der Obrist sein, wird dieses Ziel zu.<lb/>
erreichen wissen, ohne Eisersucht im Ofsicierkorps zu erwecken. Er wird,<lb/>
es verstehen, im Privatleben das, was er hier als.Auszeichnung den<lb/>
Einzelnen spendet, nicht mit. dem zu vermengen, was er.im.Dienstund<lb/>
öffentlichen Leben für.-.M gleichmäßig zu thun schuldig ist. Ist er von</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0683] sei.ein Mann zwischen dreißig und fünf und vierzig Jahren."'Wird 'er früher zu dieser Stelle befördert, so fehlt ihm in der Regel Erfahrung Und Festigkeit des Charakters, gelangt er später dazu, so kann ihm nach einiger Zeit schon Physische Kraft,und Beharrlichkeit abgehen, vorzüglich aber wirder bald das Alter erreichen, wo die Hoffnung zu fernerem Avancement, schwindet. Diese Hoffnung aber ist und bleibt ein wirksa-, mes Reizmittel zur Thätigkeit, es ist, wenigstens im Frieden, das, was den'Officier der Untätigkeit entreißt, der.er sich nur zu gerne hinzuge¬ hen Pflegt. Hier hören wir die Moralisten keine aufschreien: ' ist Ehre, Ruhm, Pflicht, Treue, Vaterlandsliebe nichts? Allerdings! Abergreift in euren Busen und fragt euch selbst, wie viel oder wie wenig der Ge¬ danke an euch und euer Glück hei euren Thaten mitgewirkt hat. Nicht wie der Mensch sein sollte, wie er ist, wollen wir ihn darstellen. Der Obrist sei groß und wohlgebaut, sein Aeußeres voll Anstand, Würde und Ehrfurcht gebietend, sein Auge scharf, seine Stimme klar Und durch¬ dringend, sein Benehmen ernst, aber wohlwollend. Gerechtigkeit sei sein Wah!Spruch, er halte streng darauf, daß Jeder.ohne Ansehen der Per¬ son seine Pflicht thue. .Sein Gefühl sei das eines Vaters, der.überall hilft, wo Hülfe nöthig ist; dagegen sei er unerbittlich und ohne Mitleid gegen, alle Die, welche aus bösem Willen, oder aus Hang zur.Unord¬ nung, oder gar zu Lastern den Befehlen entgegen handeln. Sein eifrig¬ stes Bestreben sei, das ihm anvertraute Regiment.in seiner. Individuali¬ tät genau kennen ZU lernen, damit er Jeden gebrauche nach seinen Kräf¬ ten, und Jeden behandle nach seinem Verdienst. Er hüte sich, eigene Verwandte in seinem Regiment zu haben, sie bringen. ihn immer ,in's Unrecht; ist er nicht hart und ungerecht gegen sie, so wird er des Na-. pvtismus, der Parteilichkeit angeklagt. — Er habe nie Favoriten oder Schützlinge, denen er Vorzüge und Vortheile einräumt, die Andere nicht genießen. Darunter verstehen wir keineswegs, daß er. ausgezeichnete Officiere nicht hervorziehen und sie seiner Person nähern soll; es ist im Gegentheil eine solche Auswahl, vorzüglich unter den jungen Qfsicicren, die ihre militärische Erziehung noch zu vollenden haben, das sicherste Mittel, ein gebildetes, gesittetes, anständiges Ofsicierkorps zu erlangen.. Der kluge Mann, und das muß der Obrist sein, wird dieses Ziel zu. erreichen wissen, ohne Eisersucht im Ofsicierkorps zu erwecken. Er wird, es verstehen, im Privatleben das, was er hier als.Auszeichnung den Einzelnen spendet, nicht mit. dem zu vermengen, was er.im.Dienstund öffentlichen Leben für.-.M gleichmäßig zu thun schuldig ist. Ist er von

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/683
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/683>, abgerufen am 23.07.2024.