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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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-- Engel des Himmels! rief Herrmann aufspringend.

Er hatte sie erkannt, es war Amalie, die Geliebte, um derent¬
willen er seinen Kopf dem Henkersbeil preisgegeben hatte. Als die
Ohnmächtige wieder zu sich gekommen war, fragte sie der Gerichts-
diener: Weib, was kommt Ihr, hier zu thun und zu begehren?--
Ich komme, um dieses Mannes Leben zu fordern, auf daß er mein
Gatte, mein Herr und Gebieter werde, antwortete die Jungfrau mit
erlöschender Stimme. -- Herrmann von Rossen,^ nahm darauf der
Amtmann das Wort, willigst Du ein, das Weib zur. Ehe zu neh¬
men, welches Dich zum Gemahl verlangt? -- Wenn sie den zwei¬
fachen Ring der Verlobung in Händen hat, werd' ich mit Freuden
einwilligen, sie zum Ehgemahl zu nehmen! gab der Jüngling zur
Antwort. -- Nimm hier das Pfand unseres Bündnisses! sprach das
Mädchen, und steckte dem jungen Mann den Ring auf, den Finger.
-- Herrmann von Rossen, Du bist frei, im Namen des Kaisers!,
sprach der Amtmann mit lauter Stimme; Henker, der Mann da ist
nicht mehr Dein! . ,

-- Hoch lebe der Kaiser! erscholl es wie aus Einem Munde.

, Wir überlassen es dem Leser, sich Herrmanns Entzücken und die
Gefühle seiner Geliebten, vorzustellen, als die Beiden in diesem Au¬
genblicke, an diesem Orte, inmitten dieser Versammlung sich wieder¬
fanden. Während das Volk .jauchzte, und mit erhobnen Händen und
Hüten ihnen zuwinkte, blieben sie sprachlos sich umarmend, ohne die
Scene wahrzunehmen, in deren Mitte sie standen.

Noch an demselben Abend, wurden die Liebenden vor dem Altar
in der kaiserlichen Schloßkapelle verbunden., Die Prinzessin Marga-
retha, gerührt durch die seltene, Handlung,der Liebe, ward ihre Be¬
schützerin. Die Chronik, aus der wir diese Geschichte entlehnt, haben,
meldet uns, daß Herrmann und seine Gattin sich in's Innere des
Limburger Landes zurückzogen, wo sie eines, stillen, ungetrübteis
Glückes genossen.




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— Engel des Himmels! rief Herrmann aufspringend.

Er hatte sie erkannt, es war Amalie, die Geliebte, um derent¬
willen er seinen Kopf dem Henkersbeil preisgegeben hatte. Als die
Ohnmächtige wieder zu sich gekommen war, fragte sie der Gerichts-
diener: Weib, was kommt Ihr, hier zu thun und zu begehren?—
Ich komme, um dieses Mannes Leben zu fordern, auf daß er mein
Gatte, mein Herr und Gebieter werde, antwortete die Jungfrau mit
erlöschender Stimme. — Herrmann von Rossen,^ nahm darauf der
Amtmann das Wort, willigst Du ein, das Weib zur. Ehe zu neh¬
men, welches Dich zum Gemahl verlangt? — Wenn sie den zwei¬
fachen Ring der Verlobung in Händen hat, werd' ich mit Freuden
einwilligen, sie zum Ehgemahl zu nehmen! gab der Jüngling zur
Antwort. — Nimm hier das Pfand unseres Bündnisses! sprach das
Mädchen, und steckte dem jungen Mann den Ring auf, den Finger.
— Herrmann von Rossen, Du bist frei, im Namen des Kaisers!,
sprach der Amtmann mit lauter Stimme; Henker, der Mann da ist
nicht mehr Dein! . ,

— Hoch lebe der Kaiser! erscholl es wie aus Einem Munde.

, Wir überlassen es dem Leser, sich Herrmanns Entzücken und die
Gefühle seiner Geliebten, vorzustellen, als die Beiden in diesem Au¬
genblicke, an diesem Orte, inmitten dieser Versammlung sich wieder¬
fanden. Während das Volk .jauchzte, und mit erhobnen Händen und
Hüten ihnen zuwinkte, blieben sie sprachlos sich umarmend, ohne die
Scene wahrzunehmen, in deren Mitte sie standen.

Noch an demselben Abend, wurden die Liebenden vor dem Altar
in der kaiserlichen Schloßkapelle verbunden., Die Prinzessin Marga-
retha, gerührt durch die seltene, Handlung,der Liebe, ward ihre Be¬
schützerin. Die Chronik, aus der wir diese Geschichte entlehnt, haben,
meldet uns, daß Herrmann und seine Gattin sich in's Innere des
Limburger Landes zurückzogen, wo sie eines, stillen, ungetrübteis
Glückes genossen.




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[0659] — Engel des Himmels! rief Herrmann aufspringend. Er hatte sie erkannt, es war Amalie, die Geliebte, um derent¬ willen er seinen Kopf dem Henkersbeil preisgegeben hatte. Als die Ohnmächtige wieder zu sich gekommen war, fragte sie der Gerichts- diener: Weib, was kommt Ihr, hier zu thun und zu begehren?— Ich komme, um dieses Mannes Leben zu fordern, auf daß er mein Gatte, mein Herr und Gebieter werde, antwortete die Jungfrau mit erlöschender Stimme. — Herrmann von Rossen,^ nahm darauf der Amtmann das Wort, willigst Du ein, das Weib zur. Ehe zu neh¬ men, welches Dich zum Gemahl verlangt? — Wenn sie den zwei¬ fachen Ring der Verlobung in Händen hat, werd' ich mit Freuden einwilligen, sie zum Ehgemahl zu nehmen! gab der Jüngling zur Antwort. — Nimm hier das Pfand unseres Bündnisses! sprach das Mädchen, und steckte dem jungen Mann den Ring auf, den Finger. — Herrmann von Rossen, Du bist frei, im Namen des Kaisers!, sprach der Amtmann mit lauter Stimme; Henker, der Mann da ist nicht mehr Dein! . , — Hoch lebe der Kaiser! erscholl es wie aus Einem Munde. , Wir überlassen es dem Leser, sich Herrmanns Entzücken und die Gefühle seiner Geliebten, vorzustellen, als die Beiden in diesem Au¬ genblicke, an diesem Orte, inmitten dieser Versammlung sich wieder¬ fanden. Während das Volk .jauchzte, und mit erhobnen Händen und Hüten ihnen zuwinkte, blieben sie sprachlos sich umarmend, ohne die Scene wahrzunehmen, in deren Mitte sie standen. Noch an demselben Abend, wurden die Liebenden vor dem Altar in der kaiserlichen Schloßkapelle verbunden., Die Prinzessin Marga- retha, gerührt durch die seltene, Handlung,der Liebe, ward ihre Be¬ schützerin. Die Chronik, aus der wir diese Geschichte entlehnt, haben, meldet uns, daß Herrmann und seine Gattin sich in's Innere des Limburger Landes zurückzogen, wo sie eines, stillen, ungetrübteis Glückes genossen. 87

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/659>, abgerufen am 23.07.2024.