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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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oller Poren der Welt; es wäre die Lehre von der Liebe deS Geistes,
der ganz hingegeben ist an seine Schöpfung, in ihr athmend und sich
bethätigend; es wäre die Lehre von der Freude der begeisterten De¬
muth, die bei der äußeren Armseligkeit innerlich trunken ist vom Ge¬
fühl einer lachenden Unsterblichkcitslust, einer Demuth, die am Stroh¬
halme ihr Genüge findet, um des großen Geistes geheimnißvolle
Herrlichkeiten zu begreifen. -- Hengstenberg hat sich in seiner from¬
men Gespmstersucht und Geisterfurcht auch auf den harmlosen Got-
tesfrieden,-der Scheuchen Ma'e geworfen und sie als schnödes Hei--'
denthum verschrieen. Er nennt Schefer einen Pcmtheisten, -- oder
vielmehr er schilt ihn so.' Freilich ist Schefer ein Pantheist; wie
Kinder es sind, die gläubig in's helle Licht starren, wie die Unschuld
es ist, die das ganze Leben wie eine heitere Offenbarung des guten
Geistes nimmt. Es ist bezeichncnswerth, daß die angeblich evangeli¬
sche Kirchenzeitung grade diese ,/göttliche Komödie in Rom" verketzerte
und. gegen den, milden Glanz der Verklärung,, der'über- die. Gestalt
des Märtyrers gebreitet ist, blind blieb - und blind wüthete. -- Zu
dem-.Priester , der Ophelien verdammt, spricht Hamlet: Ich sage
Dir,, Du schnöder Priester, sie wird sein ein Engel im Paradiese,
derweil Du-W - '-"^' ,', '

, ^,Das^, "Laienbrevier" M in^ subjectiver Form,,,des,,Msspruchs'
Schefer's.^iWlere^religiöse ^Doctrin; in ^seinen, Nomaven -hat sich,
diese, begeisterte Glückseligkeitölehre über die Zustände der Wirklichkeit
ergossen. -- Wir müssen uns freilich erinnern, daß alle seine Mau-,-
benssätze schon in Jean Paul anklingen; nach Stimmung der Seele
und. nach Begabung des Gcjstes ist Schefer durchaus Jean Paul's
Nachfolger und Jünger. Leider ist er auch in Styl und Manier
sein ,blinder Schüler. Und weil er' in der Form kein Sohn, unserer
Zeit werden konnte, so erscheint uns seine^ ganze Welt wie eine stille,
abgelegene Provinz, Oase und Wüste zu gleicher Zeit und dicht ne¬
ben einander/ In der trunkenen Darstellungsart, in der schwindeln¬
den Erzählungsweise, in seiner verzückten Sonderlingssprache, die nicht
selten M -den Gallimathias eines Jacob - Böhme oder sonst eines wir¬
ren, Schusters und Propheten grenzt, in-alle dem, wie in- den be¬
liebten reifrockigen Kanzleiperioden,'wie> sie das alte - Deutschland
land .liebte,, ist Leopold Schefer ^durchaus die Fortsetzung Jean Pauls '
In Mem -was Form ist,, athmet-in Beiden der deutsche Kleinstädter,


oller Poren der Welt; es wäre die Lehre von der Liebe deS Geistes,
der ganz hingegeben ist an seine Schöpfung, in ihr athmend und sich
bethätigend; es wäre die Lehre von der Freude der begeisterten De¬
muth, die bei der äußeren Armseligkeit innerlich trunken ist vom Ge¬
fühl einer lachenden Unsterblichkcitslust, einer Demuth, die am Stroh¬
halme ihr Genüge findet, um des großen Geistes geheimnißvolle
Herrlichkeiten zu begreifen. — Hengstenberg hat sich in seiner from¬
men Gespmstersucht und Geisterfurcht auch auf den harmlosen Got-
tesfrieden,-der Scheuchen Ma'e geworfen und sie als schnödes Hei--'
denthum verschrieen. Er nennt Schefer einen Pcmtheisten, — oder
vielmehr er schilt ihn so.' Freilich ist Schefer ein Pantheist; wie
Kinder es sind, die gläubig in's helle Licht starren, wie die Unschuld
es ist, die das ganze Leben wie eine heitere Offenbarung des guten
Geistes nimmt. Es ist bezeichncnswerth, daß die angeblich evangeli¬
sche Kirchenzeitung grade diese ,/göttliche Komödie in Rom" verketzerte
und. gegen den, milden Glanz der Verklärung,, der'über- die. Gestalt
des Märtyrers gebreitet ist, blind blieb - und blind wüthete. — Zu
dem-.Priester , der Ophelien verdammt, spricht Hamlet: Ich sage
Dir,, Du schnöder Priester, sie wird sein ein Engel im Paradiese,
derweil Du-W - '-„^' ,', '

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Schefer's.^iWlere^religiöse ^Doctrin; in ^seinen, Nomaven -hat sich,
diese, begeisterte Glückseligkeitölehre über die Zustände der Wirklichkeit
ergossen. — Wir müssen uns freilich erinnern, daß alle seine Mau-,-
benssätze schon in Jean Paul anklingen; nach Stimmung der Seele
und. nach Begabung des Gcjstes ist Schefer durchaus Jean Paul's
Nachfolger und Jünger. Leider ist er auch in Styl und Manier
sein ,blinder Schüler. Und weil er' in der Form kein Sohn, unserer
Zeit werden konnte, so erscheint uns seine^ ganze Welt wie eine stille,
abgelegene Provinz, Oase und Wüste zu gleicher Zeit und dicht ne¬
ben einander/ In der trunkenen Darstellungsart, in der schwindeln¬
den Erzählungsweise, in seiner verzückten Sonderlingssprache, die nicht
selten M -den Gallimathias eines Jacob - Böhme oder sonst eines wir¬
ren, Schusters und Propheten grenzt, in-alle dem, wie in- den be¬
liebten reifrockigen Kanzleiperioden,'wie> sie das alte - Deutschland
land .liebte,, ist Leopold Schefer ^durchaus die Fortsetzung Jean Pauls '
In Mem -was Form ist,, athmet-in Beiden der deutsche Kleinstädter,


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[0524] oller Poren der Welt; es wäre die Lehre von der Liebe deS Geistes, der ganz hingegeben ist an seine Schöpfung, in ihr athmend und sich bethätigend; es wäre die Lehre von der Freude der begeisterten De¬ muth, die bei der äußeren Armseligkeit innerlich trunken ist vom Ge¬ fühl einer lachenden Unsterblichkcitslust, einer Demuth, die am Stroh¬ halme ihr Genüge findet, um des großen Geistes geheimnißvolle Herrlichkeiten zu begreifen. — Hengstenberg hat sich in seiner from¬ men Gespmstersucht und Geisterfurcht auch auf den harmlosen Got- tesfrieden,-der Scheuchen Ma'e geworfen und sie als schnödes Hei--' denthum verschrieen. Er nennt Schefer einen Pcmtheisten, — oder vielmehr er schilt ihn so.' Freilich ist Schefer ein Pantheist; wie Kinder es sind, die gläubig in's helle Licht starren, wie die Unschuld es ist, die das ganze Leben wie eine heitere Offenbarung des guten Geistes nimmt. Es ist bezeichncnswerth, daß die angeblich evangeli¬ sche Kirchenzeitung grade diese ,/göttliche Komödie in Rom" verketzerte und. gegen den, milden Glanz der Verklärung,, der'über- die. Gestalt des Märtyrers gebreitet ist, blind blieb - und blind wüthete. — Zu dem-.Priester , der Ophelien verdammt, spricht Hamlet: Ich sage Dir,, Du schnöder Priester, sie wird sein ein Engel im Paradiese, derweil Du-W - '-„^' ,', ' , ^,Das^, "Laienbrevier" M in^ subjectiver Form,,,des,,Msspruchs' Schefer's.^iWlere^religiöse ^Doctrin; in ^seinen, Nomaven -hat sich, diese, begeisterte Glückseligkeitölehre über die Zustände der Wirklichkeit ergossen. — Wir müssen uns freilich erinnern, daß alle seine Mau-,- benssätze schon in Jean Paul anklingen; nach Stimmung der Seele und. nach Begabung des Gcjstes ist Schefer durchaus Jean Paul's Nachfolger und Jünger. Leider ist er auch in Styl und Manier sein ,blinder Schüler. Und weil er' in der Form kein Sohn, unserer Zeit werden konnte, so erscheint uns seine^ ganze Welt wie eine stille, abgelegene Provinz, Oase und Wüste zu gleicher Zeit und dicht ne¬ ben einander/ In der trunkenen Darstellungsart, in der schwindeln¬ den Erzählungsweise, in seiner verzückten Sonderlingssprache, die nicht selten M -den Gallimathias eines Jacob - Böhme oder sonst eines wir¬ ren, Schusters und Propheten grenzt, in-alle dem, wie in- den be¬ liebten reifrockigen Kanzleiperioden,'wie> sie das alte - Deutschland land .liebte,, ist Leopold Schefer ^durchaus die Fortsetzung Jean Pauls ' In Mem -was Form ist,, athmet-in Beiden der deutsche Kleinstädter,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/524>, abgerufen am 24.07.2024.