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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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het Volk" (die Sprache ist ganz das Volk) Die . Gazette van Gent
diente dem Vereine zum Organ, und die,, Erfolge blieben nicht aus.
Viele, die sich bisher geschämt Hatten, ihre Muttersprache zu sprechen,
sahen,'jetzt mit Erstaunen, daß achtbare Männer keineswegs sie pernach-
läßigen, und da der Mensch zum Affengeschlecht gehört,, so fand' das
Beispiel zahlreiche Nachfolger. In Antwerpen bildete sich eine zweite
Gesellschaft unter dem Namen: de "Olpft'ak" (der Olivenzweig).
'

Wmählig kam auch die Regierung von ihren argwöhnischen Ge¬
danken zurück, und zeigte sich bereit, die neue Bewegung zu unterstützen.
Vor Allem mußte die Orthographie geregelt werden^,die ein Chaos von
Widersprüchen bot. Man wollte einerseits nicht den holländischen, und
andererseits nicht den deutschen Mustern folgen, und, em Mittelweg war
schwer zu finden. Auch Philologie und Grammatik bedurften einer wis¬
senschaftlichen Läuterung. Willens, immer in der vordersten Reihe thä¬
tig, stiftete das werthvolle Belgisch Museum/ eine Quartalschrift für
flamändische Geschichte und Philologie, welche gewissermaßen das Cen¬
trum der flamändischen Gelehrten bildet. Die alten Schätze, welche aus
der goldenen Zeit der niederdeutschen Poesie in kostbaren Manuscripten
verborgen lagen, wurden hervorgeholt, und dem Publikum-übergeben.
Der alte Reineke Fuchs, das trefflichste satirische Gedicht des Mittelaltexs,
wurde nach einem in London aufgefundenen Manuscript aus dem dreizehnten
Jahrhundert von Willeins herausgegeben; diesem'folgte die Herausgabe
eines' epischen Gedichtes von dem alten Jan Van Heelu: die Schlacht,
von Woeringen. >,/" ,,',,,
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.- /Vergessen wirHoffmann ,von Faltersleben,nicht/der in, seinen Mo-
i'-le LÄguoao ,Has Genie der alten flandrischen,Dichter auch-in Deutsch¬
land zur Anerkennung'brachte,' und ein doppeltes Echo in den flandri¬
schen Provinzen selbst fand. Grimm, Mone,Kausler, Gervinus,'wirk¬
ten auf verschiedenen Gebieten, und stachelten noch den edlen Fleiß der
flamändischen Gelehrten. ,,',', " , , '

Die Traktate mit Holland würden endlich abgeschlossen;, der orcm-
gistischen Partei in Belgien waren alle Hoffnungen vereitelt worden,
und die, Regierung,hätte nun gar kein Recht mehr, das Erwachen der
flamändischen Sprache als einen Zündstoff zu betrachten, den man von
Holland aus nach Belgien sandte.'

Jetzt würde eine öffentliche Petition an dieRegierung gerichtet,
von den'meisten Communen und Corporationen der beiden Flandern,
Brabants und Antwerpens unterzeichnet. Der Deputirte de Decker, eines
der jüngsten Mitglieder der belgischen Kammer, ein Mann voll Feuer



*) Die Gesellschaft gab vor einigen Monaten' ein Gastmahl/ woher über 800
Personen, darunter viele politischen und literarischen Notabilitäten des Lein-
' des, vom Minister bis zum Journalisten zugegen waren; ein. Fest, welches
an Glanz und Ueberfluß keinem englischen Meeting nachstand. Und doch' hat diese Gesellschaft nur mit -- drei Mitgliedern begonnen, und es dauerte
lange Zeit, bevor man sie nur auf fünf erhöhen konnte. So Wahr ist es,,
daß Muth und fester Wille aller Schwierigkeiten Meister wird.

het Volk" (die Sprache ist ganz das Volk) Die . Gazette van Gent
diente dem Vereine zum Organ, und die,, Erfolge blieben nicht aus.
Viele, die sich bisher geschämt Hatten, ihre Muttersprache zu sprechen,
sahen,'jetzt mit Erstaunen, daß achtbare Männer keineswegs sie pernach-
läßigen, und da der Mensch zum Affengeschlecht gehört,, so fand' das
Beispiel zahlreiche Nachfolger. In Antwerpen bildete sich eine zweite
Gesellschaft unter dem Namen: de "Olpft'ak" (der Olivenzweig).
'

Wmählig kam auch die Regierung von ihren argwöhnischen Ge¬
danken zurück, und zeigte sich bereit, die neue Bewegung zu unterstützen.
Vor Allem mußte die Orthographie geregelt werden^,die ein Chaos von
Widersprüchen bot. Man wollte einerseits nicht den holländischen, und
andererseits nicht den deutschen Mustern folgen, und, em Mittelweg war
schwer zu finden. Auch Philologie und Grammatik bedurften einer wis¬
senschaftlichen Läuterung. Willens, immer in der vordersten Reihe thä¬
tig, stiftete das werthvolle Belgisch Museum/ eine Quartalschrift für
flamändische Geschichte und Philologie, welche gewissermaßen das Cen¬
trum der flamändischen Gelehrten bildet. Die alten Schätze, welche aus
der goldenen Zeit der niederdeutschen Poesie in kostbaren Manuscripten
verborgen lagen, wurden hervorgeholt, und dem Publikum-übergeben.
Der alte Reineke Fuchs, das trefflichste satirische Gedicht des Mittelaltexs,
wurde nach einem in London aufgefundenen Manuscript aus dem dreizehnten
Jahrhundert von Willeins herausgegeben; diesem'folgte die Herausgabe
eines' epischen Gedichtes von dem alten Jan Van Heelu: die Schlacht,
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ten auf verschiedenen Gebieten, und stachelten noch den edlen Fleiß der
flamändischen Gelehrten. ,,',', " , , '

Die Traktate mit Holland würden endlich abgeschlossen;, der orcm-
gistischen Partei in Belgien waren alle Hoffnungen vereitelt worden,
und die, Regierung,hätte nun gar kein Recht mehr, das Erwachen der
flamändischen Sprache als einen Zündstoff zu betrachten, den man von
Holland aus nach Belgien sandte.'

Jetzt würde eine öffentliche Petition an dieRegierung gerichtet,
von den'meisten Communen und Corporationen der beiden Flandern,
Brabants und Antwerpens unterzeichnet. Der Deputirte de Decker, eines
der jüngsten Mitglieder der belgischen Kammer, ein Mann voll Feuer



*) Die Gesellschaft gab vor einigen Monaten' ein Gastmahl/ woher über 800
Personen, darunter viele politischen und literarischen Notabilitäten des Lein-
' des, vom Minister bis zum Journalisten zugegen waren; ein. Fest, welches
an Glanz und Ueberfluß keinem englischen Meeting nachstand. Und doch' hat diese Gesellschaft nur mit — drei Mitgliedern begonnen, und es dauerte
lange Zeit, bevor man sie nur auf fünf erhöhen konnte. So Wahr ist es,,
daß Muth und fester Wille aller Schwierigkeiten Meister wird.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/496>, abgerufen am 23.07.2024.