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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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ficht über die Bibliothek-gehabt, gestand offenherzig, daß er nicht wisse/
wo sie hingekommen sei. Erst ein nicht, minder unseliges Ereignis),
alö die Feuersbrunst von, 1731, brachte wieder auf die Spur dieser
Reste. Man weiß,, daß die französische Armee im Jahr 1746 unter
dem Befehl des Marschals von Sachsen Brüssel belagerte und nach 23
Tagen in die Stadt einzog. Der große Moritz stieg im Hotel von
Thurn und Tam's auf dem Sandplatze ab. Eine'seiner ersten Sorgen
war, Commissäre aus Paris, kommen zu lassen, die er beauftragte die
Klmstgegenftände zu sammeln, welche im Stande wären, nach Paris
transportirt zu werdem Indem sich diese mit Vollziehung ihres Auftra¬
ges beschäftigten, entdeckten sie in den unterirdischen Gewölben der Ka¬
pelle die dem Mißgeschick von 1731 entgangenen Manuscripte und ver¬
sandten sie nach der vom Sieger angegebenen Bestimmung. Drei und zwan¬
zig Jahre später wurden durch einen Fricdcnötractat zwischen Frankreich
Und Oesterreich die Gränzen zwischen beiden Staaten definitiv festgesetzt.
Die Gelegenheit schien günstig, ,'an die im letzten Kriege entwandten li¬
terarischen Reichthümer, zurückzuverlangen. Das Princip der Neclania-
tion wurde zugelassen, aber mehrere Umstände, kamen zusammen, welche
verhinderten, daß die Wiedererstattung eine vollständige würde. Von
135 Manuscripten, deren Wegnahme ronstatirt worden war,, wurden 30
zurückerstattet, als die einzigen, die sich in der Königlichen Bibliothek be¬
fänden. Die andern, die in verschiedenen Instituten zerstreut waren/
konnten nicht zusammengebracht werden. ' '

Die Unterdrückung einer großen Anzahl von Gemeinschaften, auf
Befehl des Kaisers Joseph des Zweiten, stellte eine bedeutende Menge
Bücher, die aus ihren Bibliotheken herrührten, der Negierung zur Ver¬
fügung. Der Conservator der Vurguydischen Bibliothek erhielt, einen
Theil davon für seine Sammlung , die sich, so von Neuem auf ziemlich
anständigen Fuß organisirt fand. Unglücklicherweise aber war dieser
Zustand des Gedeihens nur ein vorübergehender. Die Armeen der fran¬
zösischen Republik hatten Commissäre,in ihrem Gefolge, deren im Vor¬
aus bestimmte' Functionen darin bestanden, in den eroberten Ländern,
Sendungen für die Pariser Museen zusammenzubringen und Alles, was
ihnen würdig schiene, in den Sammlungen des Staates eine Stelle ein¬
zunehmen, Gemälde, Statuen, Manuscripte, seltene Ausgaben im,Namen
der Einen und unheilbaren Republik fortzunehmen. So verloren Ant¬
werpen, Gent, Brügge die Meistexwerke von Rubens, van Dyk, Häm-
ling, van Eyk an die Seite des Louvre, die sich mit dieser herrlichen


ficht über die Bibliothek-gehabt, gestand offenherzig, daß er nicht wisse/
wo sie hingekommen sei. Erst ein nicht, minder unseliges Ereignis),
alö die Feuersbrunst von, 1731, brachte wieder auf die Spur dieser
Reste. Man weiß,, daß die französische Armee im Jahr 1746 unter
dem Befehl des Marschals von Sachsen Brüssel belagerte und nach 23
Tagen in die Stadt einzog. Der große Moritz stieg im Hotel von
Thurn und Tam's auf dem Sandplatze ab. Eine'seiner ersten Sorgen
war, Commissäre aus Paris, kommen zu lassen, die er beauftragte die
Klmstgegenftände zu sammeln, welche im Stande wären, nach Paris
transportirt zu werdem Indem sich diese mit Vollziehung ihres Auftra¬
ges beschäftigten, entdeckten sie in den unterirdischen Gewölben der Ka¬
pelle die dem Mißgeschick von 1731 entgangenen Manuscripte und ver¬
sandten sie nach der vom Sieger angegebenen Bestimmung. Drei und zwan¬
zig Jahre später wurden durch einen Fricdcnötractat zwischen Frankreich
Und Oesterreich die Gränzen zwischen beiden Staaten definitiv festgesetzt.
Die Gelegenheit schien günstig, ,'an die im letzten Kriege entwandten li¬
terarischen Reichthümer, zurückzuverlangen. Das Princip der Neclania-
tion wurde zugelassen, aber mehrere Umstände, kamen zusammen, welche
verhinderten, daß die Wiedererstattung eine vollständige würde. Von
135 Manuscripten, deren Wegnahme ronstatirt worden war,, wurden 30
zurückerstattet, als die einzigen, die sich in der Königlichen Bibliothek be¬
fänden. Die andern, die in verschiedenen Instituten zerstreut waren/
konnten nicht zusammengebracht werden. ' '

Die Unterdrückung einer großen Anzahl von Gemeinschaften, auf
Befehl des Kaisers Joseph des Zweiten, stellte eine bedeutende Menge
Bücher, die aus ihren Bibliotheken herrührten, der Negierung zur Ver¬
fügung. Der Conservator der Vurguydischen Bibliothek erhielt, einen
Theil davon für seine Sammlung , die sich, so von Neuem auf ziemlich
anständigen Fuß organisirt fand. Unglücklicherweise aber war dieser
Zustand des Gedeihens nur ein vorübergehender. Die Armeen der fran¬
zösischen Republik hatten Commissäre,in ihrem Gefolge, deren im Vor¬
aus bestimmte' Functionen darin bestanden, in den eroberten Ländern,
Sendungen für die Pariser Museen zusammenzubringen und Alles, was
ihnen würdig schiene, in den Sammlungen des Staates eine Stelle ein¬
zunehmen, Gemälde, Statuen, Manuscripte, seltene Ausgaben im,Namen
der Einen und unheilbaren Republik fortzunehmen. So verloren Ant¬
werpen, Gent, Brügge die Meistexwerke von Rubens, van Dyk, Häm-
ling, van Eyk an die Seite des Louvre, die sich mit dieser herrlichen


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[0247] ficht über die Bibliothek-gehabt, gestand offenherzig, daß er nicht wisse/ wo sie hingekommen sei. Erst ein nicht, minder unseliges Ereignis), alö die Feuersbrunst von, 1731, brachte wieder auf die Spur dieser Reste. Man weiß,, daß die französische Armee im Jahr 1746 unter dem Befehl des Marschals von Sachsen Brüssel belagerte und nach 23 Tagen in die Stadt einzog. Der große Moritz stieg im Hotel von Thurn und Tam's auf dem Sandplatze ab. Eine'seiner ersten Sorgen war, Commissäre aus Paris, kommen zu lassen, die er beauftragte die Klmstgegenftände zu sammeln, welche im Stande wären, nach Paris transportirt zu werdem Indem sich diese mit Vollziehung ihres Auftra¬ ges beschäftigten, entdeckten sie in den unterirdischen Gewölben der Ka¬ pelle die dem Mißgeschick von 1731 entgangenen Manuscripte und ver¬ sandten sie nach der vom Sieger angegebenen Bestimmung. Drei und zwan¬ zig Jahre später wurden durch einen Fricdcnötractat zwischen Frankreich Und Oesterreich die Gränzen zwischen beiden Staaten definitiv festgesetzt. Die Gelegenheit schien günstig, ,'an die im letzten Kriege entwandten li¬ terarischen Reichthümer, zurückzuverlangen. Das Princip der Neclania- tion wurde zugelassen, aber mehrere Umstände, kamen zusammen, welche verhinderten, daß die Wiedererstattung eine vollständige würde. Von 135 Manuscripten, deren Wegnahme ronstatirt worden war,, wurden 30 zurückerstattet, als die einzigen, die sich in der Königlichen Bibliothek be¬ fänden. Die andern, die in verschiedenen Instituten zerstreut waren/ konnten nicht zusammengebracht werden. ' ' Die Unterdrückung einer großen Anzahl von Gemeinschaften, auf Befehl des Kaisers Joseph des Zweiten, stellte eine bedeutende Menge Bücher, die aus ihren Bibliotheken herrührten, der Negierung zur Ver¬ fügung. Der Conservator der Vurguydischen Bibliothek erhielt, einen Theil davon für seine Sammlung , die sich, so von Neuem auf ziemlich anständigen Fuß organisirt fand. Unglücklicherweise aber war dieser Zustand des Gedeihens nur ein vorübergehender. Die Armeen der fran¬ zösischen Republik hatten Commissäre,in ihrem Gefolge, deren im Vor¬ aus bestimmte' Functionen darin bestanden, in den eroberten Ländern, Sendungen für die Pariser Museen zusammenzubringen und Alles, was ihnen würdig schiene, in den Sammlungen des Staates eine Stelle ein¬ zunehmen, Gemälde, Statuen, Manuscripte, seltene Ausgaben im,Namen der Einen und unheilbaren Republik fortzunehmen. So verloren Ant¬ werpen, Gent, Brügge die Meistexwerke von Rubens, van Dyk, Häm- ling, van Eyk an die Seite des Louvre, die sich mit dieser herrlichen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/247>, abgerufen am 24.07.2024.