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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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man erwartet Hatte, Ein halbes Jahrhundert hindurch erhielt nun die Harfe fort¬
während neue Vervollkommnungen, aber immer noch bot sie wenig Mittel für mu¬
sikalische Erecution, bis ein französischer Künstler das System ihrer Bauart bedeutend
änderte. Erard, der berühmte Pianofabrikant, erfand einen Mechanismus, vermöge
dessen man die Saite um so viel verkürzte, als nöthig war, um sie einen halben
Ton höher zu stimmen, ohne daß man dabei die verticale Lage des Instruments
zu ändern brauchte; mich vervollkommnete er die Krümmung der Console so, das?
der Stimmumfang in ein besseres Verhältniß kam, und daß die Unannehmlich¬
keit der geringen Haltbarkeit der Saiten zum Theil verschwand. Nachdem der ge¬
gen alles Neue übliche Widerstand gehorigermapen ausgeübt worden war, nahmen
alle Harsenverfcrtigcr das. Erard'sche ^ Verfahren an, und der alte Mechanismus
verschwand gänzlich. So bedeutende Verbesserungen null aber auch hiemit die Harfe
in ihrem Bau erlebt hatte, so war damit noch nicht Alles gethan. Man stieß im¬
mer noch auf unüberwindliche Schwierigkeiten, wenn man in gewissen Tönen mo-
duliren wollte, und man kannte keinen andern Ausweg, als.sich den Gebrauch die¬
ser Töne zu untersagen. So war also die für dieses Instrument componirte, Mu¬
sik in ihren WirkungSmittcln beschränk, und somit gewissermaßen außer dem Be¬
reich der Kunst. Endlich kam Erard, dessen lebendigster Wunsch es war, die Harfe
auf den möglichst höchsten Grad der Vollkommenheit zu bringen, auf den Einfall,
dem Pedal eine doppelte Thätigkeit zu verleihen, vermöge deren man nach Belie¬
ben jede Saite um einen ganzen', öder halben Ton erhöhen könne. Durch dieses
Mittel wurden nun alle Modulationen möglich) und die Harfe ward aus einem
auf gewisse Combinationen beschränkten Instrument in ein dein Piano gleichstehen¬
des umgewandelt, und war seitdem für jede Art Musik geeignet.

Sonderbar, seitdem das Instrument durch diese eben angegebenen Mittel ver¬
vollkommnet worden, hat die Zahl derer, die es culttviren, immer mehr abgenom¬
men. Sonst machte das Studium der Harfe einen fast unabweislich nothwendigen
Theil der Erziehung der jungen Damen ans. Heutzutage beschäftigt man sich nur
mit dem Piano. Nur noch in England, wo die Anhänglichkeit an die mo>-" mnln-
r"y, einen besonderen Zug des Volkscharakters bildet, spielt man noch in Gesell-
schaftSscilcn die Harfe z aber in Frankreich, Deutschland und Belgien hat das In¬
strument aufgehört, Liebhaber zu finden. Indessen ist ihm jetzt eine neue Laufbahn
geöffnet. Wenn 'es auch die Frauen nicht mehr benutzen, um ihre Anmuth oder
ihr musikalisches Talent vor einer Versammlung sogenannter Kenner leuchten zu
lassen, so wird man sich doch in Zukunft im Orchester häufiger der Harfe bedienen,
um vermittelst ihrer abwechselnde Effekte der Jnstrumentation hervorzubringen;
denn von diesem Gesichtspunkte ans bietet sie bisher unbenutzte Hülfsmlcllen. , '

Herr Labarre.hat das Studium des Instruments, auf dem er jetzt Beweise


man erwartet Hatte, Ein halbes Jahrhundert hindurch erhielt nun die Harfe fort¬
während neue Vervollkommnungen, aber immer noch bot sie wenig Mittel für mu¬
sikalische Erecution, bis ein französischer Künstler das System ihrer Bauart bedeutend
änderte. Erard, der berühmte Pianofabrikant, erfand einen Mechanismus, vermöge
dessen man die Saite um so viel verkürzte, als nöthig war, um sie einen halben
Ton höher zu stimmen, ohne daß man dabei die verticale Lage des Instruments
zu ändern brauchte; mich vervollkommnete er die Krümmung der Console so, das?
der Stimmumfang in ein besseres Verhältniß kam, und daß die Unannehmlich¬
keit der geringen Haltbarkeit der Saiten zum Theil verschwand. Nachdem der ge¬
gen alles Neue übliche Widerstand gehorigermapen ausgeübt worden war, nahmen
alle Harsenverfcrtigcr das. Erard'sche ^ Verfahren an, und der alte Mechanismus
verschwand gänzlich. So bedeutende Verbesserungen null aber auch hiemit die Harfe
in ihrem Bau erlebt hatte, so war damit noch nicht Alles gethan. Man stieß im¬
mer noch auf unüberwindliche Schwierigkeiten, wenn man in gewissen Tönen mo-
duliren wollte, und man kannte keinen andern Ausweg, als.sich den Gebrauch die¬
ser Töne zu untersagen. So war also die für dieses Instrument componirte, Mu¬
sik in ihren WirkungSmittcln beschränk, und somit gewissermaßen außer dem Be¬
reich der Kunst. Endlich kam Erard, dessen lebendigster Wunsch es war, die Harfe
auf den möglichst höchsten Grad der Vollkommenheit zu bringen, auf den Einfall,
dem Pedal eine doppelte Thätigkeit zu verleihen, vermöge deren man nach Belie¬
ben jede Saite um einen ganzen', öder halben Ton erhöhen könne. Durch dieses
Mittel wurden nun alle Modulationen möglich) und die Harfe ward aus einem
auf gewisse Combinationen beschränkten Instrument in ein dein Piano gleichstehen¬
des umgewandelt, und war seitdem für jede Art Musik geeignet.

Sonderbar, seitdem das Instrument durch diese eben angegebenen Mittel ver¬
vollkommnet worden, hat die Zahl derer, die es culttviren, immer mehr abgenom¬
men. Sonst machte das Studium der Harfe einen fast unabweislich nothwendigen
Theil der Erziehung der jungen Damen ans. Heutzutage beschäftigt man sich nur
mit dem Piano. Nur noch in England, wo die Anhänglichkeit an die mo>-» mnln-
r»y, einen besonderen Zug des Volkscharakters bildet, spielt man noch in Gesell-
schaftSscilcn die Harfe z aber in Frankreich, Deutschland und Belgien hat das In¬
strument aufgehört, Liebhaber zu finden. Indessen ist ihm jetzt eine neue Laufbahn
geöffnet. Wenn 'es auch die Frauen nicht mehr benutzen, um ihre Anmuth oder
ihr musikalisches Talent vor einer Versammlung sogenannter Kenner leuchten zu
lassen, so wird man sich doch in Zukunft im Orchester häufiger der Harfe bedienen,
um vermittelst ihrer abwechselnde Effekte der Jnstrumentation hervorzubringen;
denn von diesem Gesichtspunkte ans bietet sie bisher unbenutzte Hülfsmlcllen. , '

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[0231] man erwartet Hatte, Ein halbes Jahrhundert hindurch erhielt nun die Harfe fort¬ während neue Vervollkommnungen, aber immer noch bot sie wenig Mittel für mu¬ sikalische Erecution, bis ein französischer Künstler das System ihrer Bauart bedeutend änderte. Erard, der berühmte Pianofabrikant, erfand einen Mechanismus, vermöge dessen man die Saite um so viel verkürzte, als nöthig war, um sie einen halben Ton höher zu stimmen, ohne daß man dabei die verticale Lage des Instruments zu ändern brauchte; mich vervollkommnete er die Krümmung der Console so, das? der Stimmumfang in ein besseres Verhältniß kam, und daß die Unannehmlich¬ keit der geringen Haltbarkeit der Saiten zum Theil verschwand. Nachdem der ge¬ gen alles Neue übliche Widerstand gehorigermapen ausgeübt worden war, nahmen alle Harsenverfcrtigcr das. Erard'sche ^ Verfahren an, und der alte Mechanismus verschwand gänzlich. So bedeutende Verbesserungen null aber auch hiemit die Harfe in ihrem Bau erlebt hatte, so war damit noch nicht Alles gethan. Man stieß im¬ mer noch auf unüberwindliche Schwierigkeiten, wenn man in gewissen Tönen mo- duliren wollte, und man kannte keinen andern Ausweg, als.sich den Gebrauch die¬ ser Töne zu untersagen. So war also die für dieses Instrument componirte, Mu¬ sik in ihren WirkungSmittcln beschränk, und somit gewissermaßen außer dem Be¬ reich der Kunst. Endlich kam Erard, dessen lebendigster Wunsch es war, die Harfe auf den möglichst höchsten Grad der Vollkommenheit zu bringen, auf den Einfall, dem Pedal eine doppelte Thätigkeit zu verleihen, vermöge deren man nach Belie¬ ben jede Saite um einen ganzen', öder halben Ton erhöhen könne. Durch dieses Mittel wurden nun alle Modulationen möglich) und die Harfe ward aus einem auf gewisse Combinationen beschränkten Instrument in ein dein Piano gleichstehen¬ des umgewandelt, und war seitdem für jede Art Musik geeignet. Sonderbar, seitdem das Instrument durch diese eben angegebenen Mittel ver¬ vollkommnet worden, hat die Zahl derer, die es culttviren, immer mehr abgenom¬ men. Sonst machte das Studium der Harfe einen fast unabweislich nothwendigen Theil der Erziehung der jungen Damen ans. Heutzutage beschäftigt man sich nur mit dem Piano. Nur noch in England, wo die Anhänglichkeit an die mo>-» mnln- r»y, einen besonderen Zug des Volkscharakters bildet, spielt man noch in Gesell- schaftSscilcn die Harfe z aber in Frankreich, Deutschland und Belgien hat das In¬ strument aufgehört, Liebhaber zu finden. Indessen ist ihm jetzt eine neue Laufbahn geöffnet. Wenn 'es auch die Frauen nicht mehr benutzen, um ihre Anmuth oder ihr musikalisches Talent vor einer Versammlung sogenannter Kenner leuchten zu lassen, so wird man sich doch in Zukunft im Orchester häufiger der Harfe bedienen, um vermittelst ihrer abwechselnde Effekte der Jnstrumentation hervorzubringen; denn von diesem Gesichtspunkte ans bietet sie bisher unbenutzte Hülfsmlcllen. , ' Herr Labarre.hat das Studium des Instruments, auf dem er jetzt Beweise

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/231>, abgerufen am 22.12.2024.