Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.An seiner Sprache, sagt man, sollt ihr ein Land erkennen. Das Unten in der Gaststube des Hütelö war's sehr belebt. Ich
Ich theile hier eine Stelle aus dem Schweriner Abendblatt An seiner Sprache, sagt man, sollt ihr ein Land erkennen. Das Unten in der Gaststube des Hütelö war's sehr belebt. Ich
Ich theile hier eine Stelle aus dem Schweriner Abendblatt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0507" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267124"/> <p xml:id="ID_1385" prev="#ID_1384"> An seiner Sprache, sagt man, sollt ihr ein Land erkennen. Das<lb/> ist ein sehr dummer Schnack. Wenn z. B. heute Einer vom Monde<lb/> herab an die Küste der Ostsee fiele, und wanderte landeinwärts —<lb/> immer weiter; käme — vorausgesetzt, daß er von Adel ist — in<lb/> unsre eleganten Salons, kurz, er marschirte durch ganz Deutschland,<lb/> auch nach Frankreich hinüber — und er langte wieder zu Hause<lb/> bei seinen nordischen Mitbürgern an, so würde er diesen erzählen,<lb/> daß es drunten auf der Erde weiter Nichts M lauter Frankreich<lb/> gebe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1386"> Unten in der Gaststube des Hütelö war's sehr belebt. Ich<lb/> habe da eine völlige halbe Stunde still gesessen und Charaktere aus<lb/> den runden Gesichtern der Anwesenden, Land- und Stadtleute, Be¬<lb/> amten :c., studirt, aber summarisch nur einen daherauS gelesen, und<lb/> diesen einen zu nennen, werde ich mich wohl hüten. Gott weiß,<lb/> wie sauer diese halbe Stunde Stillsitzens mir geworden ist. Am Ende<lb/> derselben fand ich eine alte Nummer des Schweriner freimüthigen<lb/> Abendblatts, die sich noch vom Sommer her datirte. Dies Bis¬<lb/> chen mecklenburgische Literatur hat mich aber -für meine Langweile<lb/> entschädigt, es giebt mir auch Gelegenheit, den ungeistigen Geist<lb/> dieser Literatur kennen zu lernen. O, die Mecklenburger fangen setzt<lb/> auch schon an, Geschmack an der schriftstellernden Welt zu finden,<lb/> aber die Zahl der Literatursuchenden ist leider nur noch zu gering<lb/> hier, sie kommen in der sie umgebenden Nacht deö Phlegmas zu¬<lb/> sammen wie Shakespeare's Heren in der Haide:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_52" type="poem"> <l> „Mlwii statt wo tlirvo inevt NAmu<lb/> In ^tniiulvr, liAlltmiiA or in nun."</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1387" next="#ID_1388"> Ich theile hier eine Stelle aus dem Schweriner Abendblatt<lb/> mit, als Probe mecklenburgischer Journalistik. In diesem Blatt wird<lb/> nämlich die Aufführung des Goethe'schen Faust behandelt, und zwar<lb/> in einer Weise, die ich originell genug gefunden, um darüber zu<lb/> lachen, so sehr ich auch Gelegenheit gehabt, dies Journal als ein<lb/> ehrwürdiges kennen zu lernen. Es steht nämlich in dieser Kritik<lb/> von der Größe Goethe's, als spezificirte Größe, auch von seinem Faust<lb/> geschrieben, und da kommt denn der Referent unter Anderm auf<lb/> folgende drollige Idee: „Der liebe Gott," sagt er, „hatte die<lb/> Welt nur erschaffen, da winkte er Goethe, und Göthe</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0507]
An seiner Sprache, sagt man, sollt ihr ein Land erkennen. Das
ist ein sehr dummer Schnack. Wenn z. B. heute Einer vom Monde
herab an die Küste der Ostsee fiele, und wanderte landeinwärts —
immer weiter; käme — vorausgesetzt, daß er von Adel ist — in
unsre eleganten Salons, kurz, er marschirte durch ganz Deutschland,
auch nach Frankreich hinüber — und er langte wieder zu Hause
bei seinen nordischen Mitbürgern an, so würde er diesen erzählen,
daß es drunten auf der Erde weiter Nichts M lauter Frankreich
gebe.
Unten in der Gaststube des Hütelö war's sehr belebt. Ich
habe da eine völlige halbe Stunde still gesessen und Charaktere aus
den runden Gesichtern der Anwesenden, Land- und Stadtleute, Be¬
amten :c., studirt, aber summarisch nur einen daherauS gelesen, und
diesen einen zu nennen, werde ich mich wohl hüten. Gott weiß,
wie sauer diese halbe Stunde Stillsitzens mir geworden ist. Am Ende
derselben fand ich eine alte Nummer des Schweriner freimüthigen
Abendblatts, die sich noch vom Sommer her datirte. Dies Bis¬
chen mecklenburgische Literatur hat mich aber -für meine Langweile
entschädigt, es giebt mir auch Gelegenheit, den ungeistigen Geist
dieser Literatur kennen zu lernen. O, die Mecklenburger fangen setzt
auch schon an, Geschmack an der schriftstellernden Welt zu finden,
aber die Zahl der Literatursuchenden ist leider nur noch zu gering
hier, sie kommen in der sie umgebenden Nacht deö Phlegmas zu¬
sammen wie Shakespeare's Heren in der Haide:
„Mlwii statt wo tlirvo inevt NAmu
In ^tniiulvr, liAlltmiiA or in nun."
Ich theile hier eine Stelle aus dem Schweriner Abendblatt
mit, als Probe mecklenburgischer Journalistik. In diesem Blatt wird
nämlich die Aufführung des Goethe'schen Faust behandelt, und zwar
in einer Weise, die ich originell genug gefunden, um darüber zu
lachen, so sehr ich auch Gelegenheit gehabt, dies Journal als ein
ehrwürdiges kennen zu lernen. Es steht nämlich in dieser Kritik
von der Größe Goethe's, als spezificirte Größe, auch von seinem Faust
geschrieben, und da kommt denn der Referent unter Anderm auf
folgende drollige Idee: „Der liebe Gott," sagt er, „hatte die
Welt nur erschaffen, da winkte er Goethe, und Göthe
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