Gebiet sein deutscher Biedersinn bedeutend ausgedehnt hatte, es ihm gestatten wollten, ließ er das Theaterwesen seinen von ihm gebahnten Weg fort¬ schreiten, um sich selbst ganz dem Dämon der Musik, dem er sich auf immer und unwiderruflich verschrieben hatte, hinzugeben.
So geschah es denn auch in Dresden, zu einer Zeit, als Weber mit der ganzen Sorgenlast für die Leitung des dortigen Theaters beladen war, daß er die großartige Composition: der Freischütz, welche, nachdem sie ihm während seines Lebens nicht weniger heftige Widersacher als enthusiastische Freunde zugezogen hatte, bis auf den heutigen Tag den solidesten Grund zu seinem unsterblichen Ruhm gelegt, unternommen und vollständig durch¬ geführt hat. Er war so glücklich, in dem Texte dieser Oper einen Gegenstand zu finden, dessen mystischer Anstrich seinen eigenen Ideen ganz besonders zusagte, und seinen genialen Begriffen ein weites Feld eröffnete, wie er's sich nur wünschen konnte. Es gibt wenig Opern, deren Musik sich den Worten so genau anschließt; man sollte meinen, sie wären beide für einander geschaffen und so mit einander verwebt, daß man sie in dem Gedanken nicht von einander zu trennen vermag. Die Elemente der Ton¬ kunst sind an und für sich überaus in's Wilde schweifend; man kann im Allgemeinen nicht leicht behaupten, diese oder jene Musik ist diesem oder jenem Texte eigen und könnte mit keinem andern verwechselt werden. Der Beweis hierzu ist, daß bisweilen zwei Componisten für den nämlichen Text die Noten gesetzt, und jeder für sich eine vortreffliche Arbeit geliefert haben. Die Musik des Freischützen hingegen ist so innig mit dem Gegen¬ stand des Stückes verwoben, daß man sich keinen Begriff davon machen kann, man könnte ihr einen anderen unterschieben; sie enthält eine unzählige Menge von Instrumental-Combinationen, deren jede als ein gefundener Schatz gelten kann, und da man Deutscher sein muß, um für Schönheiten dieser Gattung den rechten Sinn zu haben, so folgt daraus, daß diese Musik nirgends, als jenseits das Rheines nach Würde geschätzt werden kann.
Nachdem Weber seine Partitur zu Ende gebracht hatte, sah er wohl die Nothwendigkeit ein, daß er, um sie gehörig auszuführen, zu größeren Künstlern, als die an seinem kleinen Dresdener Theater, seine Zuflucht neh¬ men müsse. Er begab sich mit seiner Arbeit nach Berlin, und in dieser Stadt war es, daß sie im Jahr 1822 für's Erstemal gegeben wurde. Der Beifall war vom ersten Augenblick an entschieden, und der Name Weber, schon früher wegen mancher guten Compositionen vortheilhaft bekannt, ward von nun an einer der populärsten in ganz Deutschland. Ueberall spielte man den Freischütz und überall machte er den tiefsten Eindruck. Das Ausland ward bald von dem lebhaften Applaus erschüttert, welcher der Arbeit des Dresdener Tonkünstlers gezollt wurde, und mit der größten Eil-
Gebiet sein deutscher Biedersinn bedeutend ausgedehnt hatte, es ihm gestatten wollten, ließ er das Theaterwesen seinen von ihm gebahnten Weg fort¬ schreiten, um sich selbst ganz dem Dämon der Musik, dem er sich auf immer und unwiderruflich verschrieben hatte, hinzugeben.
So geschah es denn auch in Dresden, zu einer Zeit, als Weber mit der ganzen Sorgenlast für die Leitung des dortigen Theaters beladen war, daß er die großartige Composition: der Freischütz, welche, nachdem sie ihm während seines Lebens nicht weniger heftige Widersacher als enthusiastische Freunde zugezogen hatte, bis auf den heutigen Tag den solidesten Grund zu seinem unsterblichen Ruhm gelegt, unternommen und vollständig durch¬ geführt hat. Er war so glücklich, in dem Texte dieser Oper einen Gegenstand zu finden, dessen mystischer Anstrich seinen eigenen Ideen ganz besonders zusagte, und seinen genialen Begriffen ein weites Feld eröffnete, wie er's sich nur wünschen konnte. Es gibt wenig Opern, deren Musik sich den Worten so genau anschließt; man sollte meinen, sie wären beide für einander geschaffen und so mit einander verwebt, daß man sie in dem Gedanken nicht von einander zu trennen vermag. Die Elemente der Ton¬ kunst sind an und für sich überaus in's Wilde schweifend; man kann im Allgemeinen nicht leicht behaupten, diese oder jene Musik ist diesem oder jenem Texte eigen und könnte mit keinem andern verwechselt werden. Der Beweis hierzu ist, daß bisweilen zwei Componisten für den nämlichen Text die Noten gesetzt, und jeder für sich eine vortreffliche Arbeit geliefert haben. Die Musik des Freischützen hingegen ist so innig mit dem Gegen¬ stand des Stückes verwoben, daß man sich keinen Begriff davon machen kann, man könnte ihr einen anderen unterschieben; sie enthält eine unzählige Menge von Instrumental-Combinationen, deren jede als ein gefundener Schatz gelten kann, und da man Deutscher sein muß, um für Schönheiten dieser Gattung den rechten Sinn zu haben, so folgt daraus, daß diese Musik nirgends, als jenseits das Rheines nach Würde geschätzt werden kann.
Nachdem Weber seine Partitur zu Ende gebracht hatte, sah er wohl die Nothwendigkeit ein, daß er, um sie gehörig auszuführen, zu größeren Künstlern, als die an seinem kleinen Dresdener Theater, seine Zuflucht neh¬ men müsse. Er begab sich mit seiner Arbeit nach Berlin, und in dieser Stadt war es, daß sie im Jahr 1822 für's Erstemal gegeben wurde. Der Beifall war vom ersten Augenblick an entschieden, und der Name Weber, schon früher wegen mancher guten Compositionen vortheilhaft bekannt, ward von nun an einer der populärsten in ganz Deutschland. Ueberall spielte man den Freischütz und überall machte er den tiefsten Eindruck. Das Ausland ward bald von dem lebhaften Applaus erschüttert, welcher der Arbeit des Dresdener Tonkünstlers gezollt wurde, und mit der größten Eil-
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Gebiet sein deutscher Biedersinn bedeutend ausgedehnt hatte, es ihm gestatten
wollten, ließ er das Theaterwesen seinen von ihm gebahnten Weg fort¬
schreiten, um sich selbst ganz dem Dämon der Musik, dem er sich auf immer
und unwiderruflich verschrieben hatte, hinzugeben.
So geschah es denn auch in Dresden, zu einer Zeit, als Weber mit
der ganzen Sorgenlast für die Leitung des dortigen Theaters beladen war,
daß er die großartige Composition: der Freischütz, welche, nachdem sie
ihm während seines Lebens nicht weniger heftige Widersacher als enthusiastische
Freunde zugezogen hatte, bis auf den heutigen Tag den solidesten Grund
zu seinem unsterblichen Ruhm gelegt, unternommen und vollständig durch¬
geführt hat. Er war so glücklich, in dem Texte dieser Oper einen
Gegenstand zu finden, dessen mystischer Anstrich seinen eigenen Ideen ganz
besonders zusagte, und seinen genialen Begriffen ein weites Feld eröffnete,
wie er's sich nur wünschen konnte. Es gibt wenig Opern, deren Musik
sich den Worten so genau anschließt; man sollte meinen, sie wären beide
für einander geschaffen und so mit einander verwebt, daß man sie in dem
Gedanken nicht von einander zu trennen vermag. Die Elemente der Ton¬
kunst sind an und für sich überaus in's Wilde schweifend; man kann im
Allgemeinen nicht leicht behaupten, diese oder jene Musik ist diesem oder
jenem Texte eigen und könnte mit keinem andern verwechselt werden. Der
Beweis hierzu ist, daß bisweilen zwei Componisten für den nämlichen
Text die Noten gesetzt, und jeder für sich eine vortreffliche Arbeit geliefert
haben. Die Musik des Freischützen hingegen ist so innig mit dem Gegen¬
stand des Stückes verwoben, daß man sich keinen Begriff davon machen
kann, man könnte ihr einen anderen unterschieben; sie enthält eine unzählige
Menge von Instrumental-Combinationen, deren jede als ein gefundener
Schatz gelten kann, und da man Deutscher sein muß, um für Schönheiten
dieser Gattung den rechten Sinn zu haben, so folgt daraus, daß diese Musik
nirgends, als jenseits das Rheines nach Würde geschätzt werden kann.
Nachdem Weber seine Partitur zu Ende gebracht hatte, sah er wohl
die Nothwendigkeit ein, daß er, um sie gehörig auszuführen, zu größeren
Künstlern, als die an seinem kleinen Dresdener Theater, seine Zuflucht neh¬
men müsse. Er begab sich mit seiner Arbeit nach Berlin, und in dieser
Stadt war es, daß sie im Jahr 1822 für's Erstemal gegeben wurde. Der
Beifall war vom ersten Augenblick an entschieden, und der Name Weber,
schon früher wegen mancher guten Compositionen vortheilhaft bekannt, ward
von nun an einer der populärsten in ganz Deutschland. Ueberall spielte
man den Freischütz und überall machte er den tiefsten Eindruck. Das
Ausland ward bald von dem lebhaften Applaus erschüttert, welcher der
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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/308>, abgerufen am 23.07.2024.
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