daß er diesem einfachen und verständigen Musiker alle Geschicklichkeit ver¬ danke, die er auf dem Clavier besaß. Die stufenweise Ausbildung seines Talentes ließ bald in ihm den Wunsch rege werden, sich mit den Regeln der Composition bekannt zu machen; und er ging seinen Vater an, ihm einen Lehrer zu geben, der im Stande wäre, ihn in diesen höheren Theil der Kunst einzuweihen. Der gelehrte Musikkonner, Michael Haydn, ein Bruder des berühmten Verfassers der vier Jahreszei ten, schien der Mann zu sein, dessen man für diesen Endzweck bedurfte; und so ward der junge Kunstbeflissene nach Salzburg gebracht, um unter ihm zu studieren. Voll Eifer für die erwählte Kunst, und von tiefer Achtung gegen seinen Lehrer erfüllt, machte Weber alle möglichen Anstrengungen, um aus dem Unter¬ richte, dessen Werth er vollkommen zu würdigen wußte, den größten Nutzen zu ziehen. Aber der kenntnißreiche Michael Haydn war doch nicht der Mann dazu, um die Wissenschaft angenehm zu machen; schon bejahrt und von strengem, barschem Aeußern, ermangelte er jener Eigenschaften, welche dem Zöglinge Zuneigung und Vertrauen einflößen; und trotz dem ausge¬ dehnten Wissen seines Meisters, zog Weber nur geringen Gewinn aus die¬ sem Unterrichte. Um die nämliche Zeit ließ sein Vater, um ihn in seinen Studien zu ermuthigen, seine ersten Versuche, sechs kleine Fugen, durch den Druck veröffentlichen. Es geschah dies im Jahr 1798, und die musi¬ kalische Zeitung stattete einen günstigen Bericht darüber ab. Diese kleinen Fugen, in denen man freilich all die Trockenheit starrer Schulregeln bemerkt, zeichnen sich nichtsdestoweniger durch eine Reinheit aus, die zu den günstig¬ sten Hoffnungen berechtigte.
Aber trotz der Freude, welche dieser erste Erfolg ihm bereitete, würde Weber vielleicht der Musik überdrüssig geworden sein, -- so abstoßend wirkte auf ihn die übermäßige Strenge des alten Kapellmeisters von Salz¬ burg, -- wenn sein Vater, um dieser Gefahr vorzubeugen, ihn nicht, ge¬ gen Ende des Jahres 1798 nach München geschickt hätte. Sobald er da¬ selbst angekommen war, nahm er Gesangunterricht bei einem Italiener, Namens Valesi, und übergab sich, für das Studium der Composition, der Leitung Kalchers, eines Mannes von gründlchen Kenntnissen, der es nicht verschmähete, die Wissenschaft dem jugendlichen Verstände zugänglich zu machen, und der, so viel an ihm lag, das Wohlwollen und Zutrauen unterhielt, welche zwischen dem gereiften Manne und dem Knaben, zwischen Lehrer und Schüler so nothwendig sind. Der einsichtsvollen und sorgfälti- Unterweisung dieses Lehrers verdankt Weber, wie er selber sagt, die gründ¬ liche Kenntniß des Tonsatzes und die Kunst, die allgemeinen Vorschriften zur Anwendung zu bringen. Es ist bekannt, wie zu einer Zeit, wo man in Frankreich der leichten Literatur, der leichten Malerei und der leichten
daß er diesem einfachen und verständigen Musiker alle Geschicklichkeit ver¬ danke, die er auf dem Clavier besaß. Die stufenweise Ausbildung seines Talentes ließ bald in ihm den Wunsch rege werden, sich mit den Regeln der Composition bekannt zu machen; und er ging seinen Vater an, ihm einen Lehrer zu geben, der im Stande wäre, ihn in diesen höheren Theil der Kunst einzuweihen. Der gelehrte Musikkonner, Michael Haydn, ein Bruder des berühmten Verfassers der vier Jahreszei ten, schien der Mann zu sein, dessen man für diesen Endzweck bedurfte; und so ward der junge Kunstbeflissene nach Salzburg gebracht, um unter ihm zu studieren. Voll Eifer für die erwählte Kunst, und von tiefer Achtung gegen seinen Lehrer erfüllt, machte Weber alle möglichen Anstrengungen, um aus dem Unter¬ richte, dessen Werth er vollkommen zu würdigen wußte, den größten Nutzen zu ziehen. Aber der kenntnißreiche Michael Haydn war doch nicht der Mann dazu, um die Wissenschaft angenehm zu machen; schon bejahrt und von strengem, barschem Aeußern, ermangelte er jener Eigenschaften, welche dem Zöglinge Zuneigung und Vertrauen einflößen; und trotz dem ausge¬ dehnten Wissen seines Meisters, zog Weber nur geringen Gewinn aus die¬ sem Unterrichte. Um die nämliche Zeit ließ sein Vater, um ihn in seinen Studien zu ermuthigen, seine ersten Versuche, sechs kleine Fugen, durch den Druck veröffentlichen. Es geschah dies im Jahr 1798, und die musi¬ kalische Zeitung stattete einen günstigen Bericht darüber ab. Diese kleinen Fugen, in denen man freilich all die Trockenheit starrer Schulregeln bemerkt, zeichnen sich nichtsdestoweniger durch eine Reinheit aus, die zu den günstig¬ sten Hoffnungen berechtigte.
Aber trotz der Freude, welche dieser erste Erfolg ihm bereitete, würde Weber vielleicht der Musik überdrüssig geworden sein, — so abstoßend wirkte auf ihn die übermäßige Strenge des alten Kapellmeisters von Salz¬ burg, — wenn sein Vater, um dieser Gefahr vorzubeugen, ihn nicht, ge¬ gen Ende des Jahres 1798 nach München geschickt hätte. Sobald er da¬ selbst angekommen war, nahm er Gesangunterricht bei einem Italiener, Namens Valesi, und übergab sich, für das Studium der Composition, der Leitung Kalchers, eines Mannes von gründlchen Kenntnissen, der es nicht verschmähete, die Wissenschaft dem jugendlichen Verstände zugänglich zu machen, und der, so viel an ihm lag, das Wohlwollen und Zutrauen unterhielt, welche zwischen dem gereiften Manne und dem Knaben, zwischen Lehrer und Schüler so nothwendig sind. Der einsichtsvollen und sorgfälti- Unterweisung dieses Lehrers verdankt Weber, wie er selber sagt, die gründ¬ liche Kenntniß des Tonsatzes und die Kunst, die allgemeinen Vorschriften zur Anwendung zu bringen. Es ist bekannt, wie zu einer Zeit, wo man in Frankreich der leichten Literatur, der leichten Malerei und der leichten
<TEI><text><body><divn="1"><pbcorresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179683"facs="#f0300"n="292"/><p>daß er diesem einfachen und verständigen Musiker alle Geschicklichkeit ver¬<lb/>
danke, die er auf dem Clavier besaß. Die stufenweise Ausbildung seines<lb/>
Talentes ließ bald in ihm den Wunsch rege werden, sich mit den Regeln<lb/>
der Composition bekannt zu machen; und er ging seinen Vater an, ihm<lb/>
einen Lehrer zu geben, der im Stande wäre, ihn in diesen höheren Theil<lb/>
der Kunst einzuweihen. Der gelehrte Musikkonner, Michael Haydn, ein<lb/>
Bruder des berühmten Verfassers der vier Jahreszei ten, schien der Mann<lb/>
zu sein, dessen man für diesen Endzweck bedurfte; und so ward der junge<lb/>
Kunstbeflissene nach Salzburg gebracht, um unter ihm zu studieren. Voll<lb/>
Eifer für die erwählte Kunst, und von tiefer Achtung gegen seinen Lehrer<lb/>
erfüllt, machte Weber alle möglichen Anstrengungen, um aus dem Unter¬<lb/>
richte, dessen Werth er vollkommen zu würdigen wußte, den größten Nutzen<lb/>
zu ziehen. Aber der kenntnißreiche Michael Haydn war doch nicht der<lb/>
Mann dazu, um die Wissenschaft angenehm zu machen; schon bejahrt und<lb/>
von strengem, barschem Aeußern, ermangelte er jener Eigenschaften, welche<lb/>
dem Zöglinge Zuneigung und Vertrauen einflößen; und trotz dem ausge¬<lb/>
dehnten Wissen seines Meisters, zog Weber nur geringen Gewinn aus die¬<lb/>
sem Unterrichte. Um die nämliche Zeit ließ sein Vater, um ihn in seinen<lb/>
Studien zu ermuthigen, seine ersten Versuche, sechs kleine Fugen, durch<lb/>
den Druck veröffentlichen. Es geschah dies im Jahr 1798, und die musi¬<lb/>
kalische Zeitung stattete einen günstigen Bericht darüber ab. Diese kleinen<lb/>
Fugen, in denen man freilich all die Trockenheit starrer Schulregeln bemerkt,<lb/>
zeichnen sich nichtsdestoweniger durch eine Reinheit aus, die zu den günstig¬<lb/>
sten Hoffnungen berechtigte.</p><lb/><p>Aber trotz der Freude, welche dieser erste Erfolg ihm bereitete, würde<lb/>
Weber vielleicht der Musik überdrüssig geworden sein, — so abstoßend<lb/>
wirkte auf ihn die übermäßige Strenge des alten Kapellmeisters von Salz¬<lb/>
burg, — wenn sein Vater, um dieser Gefahr vorzubeugen, ihn nicht, ge¬<lb/>
gen Ende des Jahres 1798 nach München geschickt hätte. Sobald er da¬<lb/>
selbst angekommen war, nahm er Gesangunterricht bei einem Italiener,<lb/>
Namens Valesi, und übergab sich, für das Studium der Composition, der<lb/>
Leitung Kalchers, eines Mannes von gründlchen Kenntnissen, der es<lb/>
nicht verschmähete, die Wissenschaft dem jugendlichen Verstände zugänglich<lb/>
zu machen, und der, so viel an ihm lag, das Wohlwollen und Zutrauen<lb/>
unterhielt, welche zwischen dem gereiften Manne und dem Knaben, zwischen<lb/>
Lehrer und Schüler so nothwendig sind. Der einsichtsvollen und sorgfälti-<lb/>
Unterweisung dieses Lehrers verdankt Weber, wie er selber sagt, die gründ¬<lb/>
liche Kenntniß des Tonsatzes und die Kunst, die allgemeinen Vorschriften<lb/>
zur Anwendung zu bringen. Es ist bekannt, wie zu einer Zeit, wo man<lb/>
in Frankreich der leichten Literatur, der leichten Malerei und der leichten</p><lb/></div></body></text></TEI>
[292/0300]
daß er diesem einfachen und verständigen Musiker alle Geschicklichkeit ver¬
danke, die er auf dem Clavier besaß. Die stufenweise Ausbildung seines
Talentes ließ bald in ihm den Wunsch rege werden, sich mit den Regeln
der Composition bekannt zu machen; und er ging seinen Vater an, ihm
einen Lehrer zu geben, der im Stande wäre, ihn in diesen höheren Theil
der Kunst einzuweihen. Der gelehrte Musikkonner, Michael Haydn, ein
Bruder des berühmten Verfassers der vier Jahreszei ten, schien der Mann
zu sein, dessen man für diesen Endzweck bedurfte; und so ward der junge
Kunstbeflissene nach Salzburg gebracht, um unter ihm zu studieren. Voll
Eifer für die erwählte Kunst, und von tiefer Achtung gegen seinen Lehrer
erfüllt, machte Weber alle möglichen Anstrengungen, um aus dem Unter¬
richte, dessen Werth er vollkommen zu würdigen wußte, den größten Nutzen
zu ziehen. Aber der kenntnißreiche Michael Haydn war doch nicht der
Mann dazu, um die Wissenschaft angenehm zu machen; schon bejahrt und
von strengem, barschem Aeußern, ermangelte er jener Eigenschaften, welche
dem Zöglinge Zuneigung und Vertrauen einflößen; und trotz dem ausge¬
dehnten Wissen seines Meisters, zog Weber nur geringen Gewinn aus die¬
sem Unterrichte. Um die nämliche Zeit ließ sein Vater, um ihn in seinen
Studien zu ermuthigen, seine ersten Versuche, sechs kleine Fugen, durch
den Druck veröffentlichen. Es geschah dies im Jahr 1798, und die musi¬
kalische Zeitung stattete einen günstigen Bericht darüber ab. Diese kleinen
Fugen, in denen man freilich all die Trockenheit starrer Schulregeln bemerkt,
zeichnen sich nichtsdestoweniger durch eine Reinheit aus, die zu den günstig¬
sten Hoffnungen berechtigte.
Aber trotz der Freude, welche dieser erste Erfolg ihm bereitete, würde
Weber vielleicht der Musik überdrüssig geworden sein, — so abstoßend
wirkte auf ihn die übermäßige Strenge des alten Kapellmeisters von Salz¬
burg, — wenn sein Vater, um dieser Gefahr vorzubeugen, ihn nicht, ge¬
gen Ende des Jahres 1798 nach München geschickt hätte. Sobald er da¬
selbst angekommen war, nahm er Gesangunterricht bei einem Italiener,
Namens Valesi, und übergab sich, für das Studium der Composition, der
Leitung Kalchers, eines Mannes von gründlchen Kenntnissen, der es
nicht verschmähete, die Wissenschaft dem jugendlichen Verstände zugänglich
zu machen, und der, so viel an ihm lag, das Wohlwollen und Zutrauen
unterhielt, welche zwischen dem gereiften Manne und dem Knaben, zwischen
Lehrer und Schüler so nothwendig sind. Der einsichtsvollen und sorgfälti-
Unterweisung dieses Lehrers verdankt Weber, wie er selber sagt, die gründ¬
liche Kenntniß des Tonsatzes und die Kunst, die allgemeinen Vorschriften
zur Anwendung zu bringen. Es ist bekannt, wie zu einer Zeit, wo man
in Frankreich der leichten Literatur, der leichten Malerei und der leichten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-11-19T17:23:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Per 61 k-1).
(2013-11-19T17:23:38Z)
Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/300>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.