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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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Deutsche Taschenbücher.
II. Urania für l842.*)


Die Urania nimmt schon seit langen Jahren einen der ersten Plätze
unter den deutschen Taschenbüchern ein; in einer stattlichen Reihe von Bänden
hat sie uns Novellen geliefert, von denen manche sich einer klassischen Dauer
erfreuen werden. Man ist gewohnt, in derselben Erzeugnisse der Tieck'schen
Muse zu finden; leider hat dieses Jahr unsere Erwartung nicht erfüllt, wir
erhalten keinen neuen Stoff, um den Genuß zu vermehren, welchen noch
jede Gabe dieses großen Dichters uns gewährt hat. --

Verschiedene deutsche Blätter haben die Wahl des Titelbildes, das
Porträt Victor Hugos, getadelt; sie meinen, es fehle noch nicht an
deutschen Männern, welche der Ehre würdig wären, den Eingang zur
Urania zu verzieren. Indessen wird auch eine andere Ansicht Raum finden
können, wenn man bedenkt, daß der französische Autor, obgleich er anfangs
sich an Schiller lehnte, doch nachher, als er einen eigenen Styl anschlug,
das Original und Vorbild zu einer Menge deutscher Productionen geliefert
hat, unter denen mehre sind, die einen Ruhm für sich selbst ansprechen und
es uns ausreden wollen, daß ihre Trophäen ein Abfall des großen roman¬
tischen Agitators von Paris sind. --

Die Reihe der vier Novellen, welche die Urania füllen, eröffnet: der
gefährliche Gast, von Th. Mügge. Wir begegnen hier einem leben¬
digen, reifen Talente für die Erzählung, dem es mehr daran liegt, ein
klares Bild vor unser Auge zu stellen, als uns mit rauschendem Schmuck
pathetisch zu bestechen, was die gährende und trübe Phantasie Derer gerne
thut, welchen die Kraft ruhiger Gestaltung gebricht. Der Verfasser hat die
flachen, einsamen durch idyllischen Reiz gewinnenden Nordseelande zum Schau¬
platz gewählt. Die feuchte Luft, die Seen mit ihren Schilfwäldern, weißen

*) Der neuen Folge vierter Jahrgang, Leipzig bei Brockhaus.
Deutsche Taschenbücher.
II. Urania für l842.*)


Die Urania nimmt schon seit langen Jahren einen der ersten Plätze
unter den deutschen Taschenbüchern ein; in einer stattlichen Reihe von Bänden
hat sie uns Novellen geliefert, von denen manche sich einer klassischen Dauer
erfreuen werden. Man ist gewohnt, in derselben Erzeugnisse der Tieck'schen
Muse zu finden; leider hat dieses Jahr unsere Erwartung nicht erfüllt, wir
erhalten keinen neuen Stoff, um den Genuß zu vermehren, welchen noch
jede Gabe dieses großen Dichters uns gewährt hat. —

Verschiedene deutsche Blätter haben die Wahl des Titelbildes, das
Porträt Victor Hugos, getadelt; sie meinen, es fehle noch nicht an
deutschen Männern, welche der Ehre würdig wären, den Eingang zur
Urania zu verzieren. Indessen wird auch eine andere Ansicht Raum finden
können, wenn man bedenkt, daß der französische Autor, obgleich er anfangs
sich an Schiller lehnte, doch nachher, als er einen eigenen Styl anschlug,
das Original und Vorbild zu einer Menge deutscher Productionen geliefert
hat, unter denen mehre sind, die einen Ruhm für sich selbst ansprechen und
es uns ausreden wollen, daß ihre Trophäen ein Abfall des großen roman¬
tischen Agitators von Paris sind. —

Die Reihe der vier Novellen, welche die Urania füllen, eröffnet: der
gefährliche Gast, von Th. Mügge. Wir begegnen hier einem leben¬
digen, reifen Talente für die Erzählung, dem es mehr daran liegt, ein
klares Bild vor unser Auge zu stellen, als uns mit rauschendem Schmuck
pathetisch zu bestechen, was die gährende und trübe Phantasie Derer gerne
thut, welchen die Kraft ruhiger Gestaltung gebricht. Der Verfasser hat die
flachen, einsamen durch idyllischen Reiz gewinnenden Nordseelande zum Schau¬
platz gewählt. Die feuchte Luft, die Seen mit ihren Schilfwäldern, weißen

*) Der neuen Folge vierter Jahrgang, Leipzig bei Brockhaus.
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[240/0248] Deutsche Taschenbücher. II. Urania für l842. *) Die Urania nimmt schon seit langen Jahren einen der ersten Plätze unter den deutschen Taschenbüchern ein; in einer stattlichen Reihe von Bänden hat sie uns Novellen geliefert, von denen manche sich einer klassischen Dauer erfreuen werden. Man ist gewohnt, in derselben Erzeugnisse der Tieck'schen Muse zu finden; leider hat dieses Jahr unsere Erwartung nicht erfüllt, wir erhalten keinen neuen Stoff, um den Genuß zu vermehren, welchen noch jede Gabe dieses großen Dichters uns gewährt hat. — Verschiedene deutsche Blätter haben die Wahl des Titelbildes, das Porträt Victor Hugos, getadelt; sie meinen, es fehle noch nicht an deutschen Männern, welche der Ehre würdig wären, den Eingang zur Urania zu verzieren. Indessen wird auch eine andere Ansicht Raum finden können, wenn man bedenkt, daß der französische Autor, obgleich er anfangs sich an Schiller lehnte, doch nachher, als er einen eigenen Styl anschlug, das Original und Vorbild zu einer Menge deutscher Productionen geliefert hat, unter denen mehre sind, die einen Ruhm für sich selbst ansprechen und es uns ausreden wollen, daß ihre Trophäen ein Abfall des großen roman¬ tischen Agitators von Paris sind. — Die Reihe der vier Novellen, welche die Urania füllen, eröffnet: der gefährliche Gast, von Th. Mügge. Wir begegnen hier einem leben¬ digen, reifen Talente für die Erzählung, dem es mehr daran liegt, ein klares Bild vor unser Auge zu stellen, als uns mit rauschendem Schmuck pathetisch zu bestechen, was die gährende und trübe Phantasie Derer gerne thut, welchen die Kraft ruhiger Gestaltung gebricht. Der Verfasser hat die flachen, einsamen durch idyllischen Reiz gewinnenden Nordseelande zum Schau¬ platz gewählt. Die feuchte Luft, die Seen mit ihren Schilfwäldern, weißen *) Der neuen Folge vierter Jahrgang, Leipzig bei Brockhaus.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/248>, abgerufen am 25.11.2024.