Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite
Tagebuch.



Neuester Stand der orangistischen Verschwörungssache.

Die Untersuchungen gehen morgen oder höchstens übermorgen zu Ende;
das Geheimniß ist bereits aufgehoben und die Thatsachen liegen klar vor
Augen. Einige der Verdächtigen, wie z. B. der Ex-General Lecharlier sind
in Freiheit gesetzt; gegen die Andere ist die Anklage um so begründeter.
Folgendes können wir unsern Lesern aus der besten Quelle mittheilen:

Die aufgefundenen Kanonen, die Pulversäcke, die Lunten, die man in
dem Hause des Generals Vandersmissen aufgegriffen, die Stühle und Tische,
die man in dieses Haus brachte, und wovon es ausgemittelt wurde, wo¬
her sie kamen, die Gewehre, die man in dem alten Finanzhotel aufgefun¬
den die Goldstücke, welche man an verschiedene Individuen ausgetheilt hatte
und welche von diesen der Justiz übergeben wurden, -- alles dieses sind
klare und unwiderlegliche Beweise. Hiezu kommt noch, daß unter den 480
verhörten Zeugen, Viele sich befinden, deren Aussagen von gewichtiger Be¬
deutung sind. Allein unglücklicherweise ist nichts über den wahren Urheber
der Verschwörung ermittelt worden, über die Quelle des Geldes, welches
ausgetheilt wurde; in dieser Beziehung ist man trotz der eifrigsten Unter¬
suchungen auf Vermuthungen beschränkt. Aber was man voraussetzen kann,
ist, daß das Geld aus derselben Quelle herrührt, wie zu den Umtrieben
von Ernst Gregoire im Jahre 1831; Bestimmtes liegt hierüber nichts vor.
Selbst das ist unermittelt, welche Rolle die Genter Orangisten dabei
gespielt haben. Zwei frühere Militairs, die in der Sache verwickelt sind,
wurden flüchtig: der Ex-Oberst Borremans. der bereits im Jahre 1831
wegen revolutionairer Umtriebe verurtheilt wurde, uud der Ex-Lieutenant
Van Lathem, der in der portugiesischen Legion diente. Nach allem An¬
scheine haben die Verschworenen, um ihrer Sache eine höhere Wichtigkeit
zu geben, eine Menge ehrenwerther Personen als Mitbetheiligte genannt,

Tagebuch.



Neuester Stand der orangistischen Verschwörungssache.

Die Untersuchungen gehen morgen oder höchstens übermorgen zu Ende;
das Geheimniß ist bereits aufgehoben und die Thatsachen liegen klar vor
Augen. Einige der Verdächtigen, wie z. B. der Ex-General Lecharlier sind
in Freiheit gesetzt; gegen die Andere ist die Anklage um so begründeter.
Folgendes können wir unsern Lesern aus der besten Quelle mittheilen:

Die aufgefundenen Kanonen, die Pulversäcke, die Lunten, die man in
dem Hause des Generals Vandersmissen aufgegriffen, die Stühle und Tische,
die man in dieses Haus brachte, und wovon es ausgemittelt wurde, wo¬
her sie kamen, die Gewehre, die man in dem alten Finanzhotel aufgefun¬
den die Goldstücke, welche man an verschiedene Individuen ausgetheilt hatte
und welche von diesen der Justiz übergeben wurden, — alles dieses sind
klare und unwiderlegliche Beweise. Hiezu kommt noch, daß unter den 480
verhörten Zeugen, Viele sich befinden, deren Aussagen von gewichtiger Be¬
deutung sind. Allein unglücklicherweise ist nichts über den wahren Urheber
der Verschwörung ermittelt worden, über die Quelle des Geldes, welches
ausgetheilt wurde; in dieser Beziehung ist man trotz der eifrigsten Unter¬
suchungen auf Vermuthungen beschränkt. Aber was man voraussetzen kann,
ist, daß das Geld aus derselben Quelle herrührt, wie zu den Umtrieben
von Ernst Gregoire im Jahre 1831; Bestimmtes liegt hierüber nichts vor.
Selbst das ist unermittelt, welche Rolle die Genter Orangisten dabei
gespielt haben. Zwei frühere Militairs, die in der Sache verwickelt sind,
wurden flüchtig: der Ex-Oberst Borremans. der bereits im Jahre 1831
wegen revolutionairer Umtriebe verurtheilt wurde, uud der Ex-Lieutenant
Van Lathem, der in der portugiesischen Legion diente. Nach allem An¬
scheine haben die Verschworenen, um ihrer Sache eine höhere Wichtigkeit
zu geben, eine Menge ehrenwerther Personen als Mitbetheiligte genannt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179613" facs="#f0230" n="222"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Tagebuch</hi>.</head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">Brüssel im Dezember.</hi> </dateline><lb/>
        <div n="2">
          <head>Neuester Stand der orangistischen Verschwörungssache.</head><lb/>
          <p>Die Untersuchungen gehen morgen oder höchstens übermorgen zu Ende;<lb/>
das Geheimniß ist bereits aufgehoben und die Thatsachen liegen klar vor<lb/>
Augen. Einige der Verdächtigen, wie z. B. der Ex-General Lecharlier sind<lb/>
in Freiheit gesetzt; gegen die Andere ist die Anklage um so begründeter.<lb/>
Folgendes können wir unsern Lesern aus der besten Quelle mittheilen:</p><lb/>
          <p>Die aufgefundenen Kanonen, die Pulversäcke, die Lunten, die man in<lb/>
dem Hause des Generals Vandersmissen aufgegriffen, die Stühle und Tische,<lb/>
die man in dieses Haus brachte, und wovon es ausgemittelt wurde, wo¬<lb/>
her sie kamen, die Gewehre, die man in dem alten Finanzhotel aufgefun¬<lb/>
den die Goldstücke, welche man an verschiedene Individuen ausgetheilt hatte<lb/>
und welche von diesen der Justiz übergeben wurden, &#x2014; alles dieses sind<lb/>
klare und unwiderlegliche Beweise. Hiezu kommt noch, daß unter den 480<lb/>
verhörten Zeugen, Viele sich befinden, deren Aussagen von gewichtiger Be¬<lb/>
deutung sind. Allein unglücklicherweise ist nichts über den wahren Urheber<lb/>
der Verschwörung ermittelt worden, über die Quelle des Geldes, welches<lb/>
ausgetheilt wurde; in dieser Beziehung ist man trotz der eifrigsten Unter¬<lb/>
suchungen auf Vermuthungen beschränkt. Aber was man voraussetzen kann,<lb/>
ist, daß das Geld aus derselben Quelle herrührt, wie zu den Umtrieben<lb/>
von Ernst Gregoire im Jahre 1831; Bestimmtes liegt hierüber nichts vor.<lb/>
Selbst das ist unermittelt, welche Rolle die Genter Orangisten dabei<lb/>
gespielt haben. Zwei frühere Militairs, die in der Sache verwickelt sind,<lb/>
wurden flüchtig: der Ex-Oberst <choice><sic>Borrremans</sic><corr>Borremans</corr></choice>. der bereits im Jahre 1831<lb/>
wegen revolutionairer Umtriebe verurtheilt wurde, uud der Ex-Lieutenant<lb/>
Van Lathem, der in der portugiesischen Legion diente. Nach allem An¬<lb/>
scheine haben die Verschworenen, um ihrer Sache eine höhere Wichtigkeit<lb/>
zu geben, eine Menge ehrenwerther Personen als Mitbetheiligte genannt,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0230] Tagebuch. Brüssel im Dezember. Neuester Stand der orangistischen Verschwörungssache. Die Untersuchungen gehen morgen oder höchstens übermorgen zu Ende; das Geheimniß ist bereits aufgehoben und die Thatsachen liegen klar vor Augen. Einige der Verdächtigen, wie z. B. der Ex-General Lecharlier sind in Freiheit gesetzt; gegen die Andere ist die Anklage um so begründeter. Folgendes können wir unsern Lesern aus der besten Quelle mittheilen: Die aufgefundenen Kanonen, die Pulversäcke, die Lunten, die man in dem Hause des Generals Vandersmissen aufgegriffen, die Stühle und Tische, die man in dieses Haus brachte, und wovon es ausgemittelt wurde, wo¬ her sie kamen, die Gewehre, die man in dem alten Finanzhotel aufgefun¬ den die Goldstücke, welche man an verschiedene Individuen ausgetheilt hatte und welche von diesen der Justiz übergeben wurden, — alles dieses sind klare und unwiderlegliche Beweise. Hiezu kommt noch, daß unter den 480 verhörten Zeugen, Viele sich befinden, deren Aussagen von gewichtiger Be¬ deutung sind. Allein unglücklicherweise ist nichts über den wahren Urheber der Verschwörung ermittelt worden, über die Quelle des Geldes, welches ausgetheilt wurde; in dieser Beziehung ist man trotz der eifrigsten Unter¬ suchungen auf Vermuthungen beschränkt. Aber was man voraussetzen kann, ist, daß das Geld aus derselben Quelle herrührt, wie zu den Umtrieben von Ernst Gregoire im Jahre 1831; Bestimmtes liegt hierüber nichts vor. Selbst das ist unermittelt, welche Rolle die Genter Orangisten dabei gespielt haben. Zwei frühere Militairs, die in der Sache verwickelt sind, wurden flüchtig: der Ex-Oberst Borremans. der bereits im Jahre 1831 wegen revolutionairer Umtriebe verurtheilt wurde, uud der Ex-Lieutenant Van Lathem, der in der portugiesischen Legion diente. Nach allem An¬ scheine haben die Verschworenen, um ihrer Sache eine höhere Wichtigkeit zu geben, eine Menge ehrenwerther Personen als Mitbetheiligte genannt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T17:23:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Per 61 k-1). (2013-11-19T17:23:38Z)

Weitere Informationen:

Art der Texterfassung: OCR.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/230
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/230>, abgerufen am 03.12.2024.