Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.
Ihr kennt mich ja, ihr habt mit mir gelebt, Wozu ich nützen mag! Wenn auch gescheitert, Und allberaubt, vielleicht ist noch ein Rest! Rothard. Ihr wart ein guter Sänger, Herr; versucht, Ob diese Kunst nicht euer Blut bezähmt. Kaiser. Getroffen, Bischof, wahrlich gut erdacht! An deinem Hofe giebt es manches Fest; An viele Weisen hat sich Mainz gewöhnt. Du gönntest wohl dein Ohr auf eine Stunde Und ließest nur des Mitleids kargen Sold. Auch hab' ich mit Gesang und Saitenlust Die Hallen oft begrüßt und in das Feld Der Lieder Spielzeug muthig mitgeführt. Ich hegte mir Gedicht und Ton, als Kleinod, Als eignes Gut, wie einen klaren Brunnen, Der sich umlaubt, und jeder Dürre trotzt! Doch ist es aus! Der Schwinge fehlt die Luft Des Leichtsinns kühle Welle zur Bewegung! Das Lied quillt aus der Freude, deren Bach, Mit süßen Wogen, ungemischt sich lange Dicht an der Trübniß tieferm Strombett zieht; Er ist verschlungen, und der Becher schöpft, Wo er auch suche, saure Tropfen aus! O deine gute Meinung kommt zu spät, Ich bin für deinen besten Rath zu morsch! Der Mund versagt mir bei des Herzens Stillstand, Die Lippe zittert, wo das Leben ringt, Und Ton und Zeitmaß flieh'n, wie wenn ein Schrei Der blut'gen Jagd wehrlose Vögel scheucht! So schließt mich ein, begrabt mich, wenn ihr wollt Ich wehr' es nicht; ich weiß euch nicht zu tadeln! Und soll ich leben, breitet Schlaf und Schweigen Ueber den Raum, den ihr für mich gelassen! Ihr Fürsten, lebt vergnügt und wirkt für mich! Du jüngst mein Sohn, Gott segne deine Jahre! Ich lebe ja, nur eins ist noch zu thun! (Ab; Gebhard folgt ihm.)
Ihr kennt mich ja, ihr habt mit mir gelebt, Wozu ich nützen mag! Wenn auch gescheitert, Und allberaubt, vielleicht ist noch ein Rest! Rothard. Ihr wart ein guter Sänger, Herr; versucht, Ob diese Kunst nicht euer Blut bezähmt. Kaiser. Getroffen, Bischof, wahrlich gut erdacht! An deinem Hofe giebt es manches Fest; An viele Weisen hat sich Mainz gewöhnt. Du gönntest wohl dein Ohr auf eine Stunde Und ließest nur des Mitleids kargen Sold. Auch hab' ich mit Gesang und Saitenlust Die Hallen oft begrüßt und in das Feld Der Lieder Spielzeug muthig mitgeführt. Ich hegte mir Gedicht und Ton, als Kleinod, Als eignes Gut, wie einen klaren Brunnen, Der sich umlaubt, und jeder Dürre trotzt! Doch ist es aus! Der Schwinge fehlt die Luft Des Leichtsinns kühle Welle zur Bewegung! Das Lied quillt aus der Freude, deren Bach, Mit süßen Wogen, ungemischt sich lange Dicht an der Trübniß tieferm Strombett zieht; Er ist verschlungen, und der Becher schöpft, Wo er auch suche, saure Tropfen aus! O deine gute Meinung kommt zu spät, Ich bin für deinen besten Rath zu morsch! Der Mund versagt mir bei des Herzens Stillstand, Die Lippe zittert, wo das Leben ringt, Und Ton und Zeitmaß flieh'n, wie wenn ein Schrei Der blut'gen Jagd wehrlose Vögel scheucht! So schließt mich ein, begrabt mich, wenn ihr wollt Ich wehr' es nicht; ich weiß euch nicht zu tadeln! Und soll ich leben, breitet Schlaf und Schweigen Ueber den Raum, den ihr für mich gelassen! Ihr Fürsten, lebt vergnügt und wirkt für mich! Du jüngst mein Sohn, Gott segne deine Jahre! Ich lebe ja, nur eins ist noch zu thun! (Ab; Gebhard folgt ihm.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp> <p><pb corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179576" facs="#f0193" n="185"/> Ihr kennt mich ja, ihr habt mit mir gelebt,<lb/> Wozu ich nützen mag! Wenn auch gescheitert,<lb/> Und allberaubt, vielleicht ist noch ein Rest!</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#c #g">Rothard.</hi> </speaker><lb/> <p>Ihr wart ein guter Sänger, Herr; versucht,<lb/> Ob diese Kunst nicht euer Blut bezähmt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#c #g">Kaiser.</hi> </speaker><lb/> <p>Getroffen, Bischof, wahrlich gut erdacht!<lb/> An deinem Hofe giebt es manches Fest;<lb/> An viele Weisen hat sich Mainz gewöhnt.<lb/> Du gönntest wohl dein Ohr auf eine Stunde<lb/> Und ließest nur des Mitleids kargen Sold.<lb/> Auch hab' ich mit Gesang und Saitenlust<lb/> Die Hallen oft begrüßt und in das Feld<lb/> Der Lieder Spielzeug muthig mitgeführt.<lb/> Ich hegte mir Gedicht und Ton, als Kleinod,<lb/> Als eignes Gut, wie einen klaren Brunnen,<lb/> Der sich umlaubt, und jeder Dürre trotzt!<lb/> Doch ist es aus! Der Schwinge fehlt die Luft<lb/> Des Leichtsinns kühle Welle zur Bewegung!<lb/> Das Lied quillt aus der Freude, deren Bach,<lb/> Mit süßen Wogen, ungemischt sich lange<lb/> Dicht an der Trübniß tieferm Strombett zieht;<lb/> Er ist verschlungen, und der Becher schöpft,<lb/> Wo er auch suche, saure Tropfen aus!<lb/> O deine gute Meinung kommt zu spät,<lb/> Ich bin für deinen besten Rath zu morsch!<lb/> Der Mund versagt mir bei des Herzens Stillstand,<lb/> Die Lippe zittert, wo das Leben ringt,<lb/> Und Ton und Zeitmaß flieh'n, wie wenn ein Schrei<lb/> Der blut'gen Jagd wehrlose Vögel scheucht!<lb/> So schließt mich ein, begrabt mich, wenn ihr wollt<lb/> Ich wehr' es nicht; ich weiß euch nicht zu tadeln!<lb/> Und soll ich leben, breitet Schlaf und Schweigen<lb/> Ueber den Raum, den ihr für mich gelassen!<lb/> Ihr Fürsten, lebt vergnügt und wirkt für mich!<lb/> Du jüngst mein Sohn, Gott segne deine Jahre!<lb/> Ich lebe ja, nur eins ist noch zu thun!</p><lb/> <stage>(Ab; <hi rendition="#g">Gebhard</hi> folgt ihm.)</stage> </sp> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [185/0193]
Ihr kennt mich ja, ihr habt mit mir gelebt,
Wozu ich nützen mag! Wenn auch gescheitert,
Und allberaubt, vielleicht ist noch ein Rest!
Rothard.
Ihr wart ein guter Sänger, Herr; versucht,
Ob diese Kunst nicht euer Blut bezähmt.
Kaiser.
Getroffen, Bischof, wahrlich gut erdacht!
An deinem Hofe giebt es manches Fest;
An viele Weisen hat sich Mainz gewöhnt.
Du gönntest wohl dein Ohr auf eine Stunde
Und ließest nur des Mitleids kargen Sold.
Auch hab' ich mit Gesang und Saitenlust
Die Hallen oft begrüßt und in das Feld
Der Lieder Spielzeug muthig mitgeführt.
Ich hegte mir Gedicht und Ton, als Kleinod,
Als eignes Gut, wie einen klaren Brunnen,
Der sich umlaubt, und jeder Dürre trotzt!
Doch ist es aus! Der Schwinge fehlt die Luft
Des Leichtsinns kühle Welle zur Bewegung!
Das Lied quillt aus der Freude, deren Bach,
Mit süßen Wogen, ungemischt sich lange
Dicht an der Trübniß tieferm Strombett zieht;
Er ist verschlungen, und der Becher schöpft,
Wo er auch suche, saure Tropfen aus!
O deine gute Meinung kommt zu spät,
Ich bin für deinen besten Rath zu morsch!
Der Mund versagt mir bei des Herzens Stillstand,
Die Lippe zittert, wo das Leben ringt,
Und Ton und Zeitmaß flieh'n, wie wenn ein Schrei
Der blut'gen Jagd wehrlose Vögel scheucht!
So schließt mich ein, begrabt mich, wenn ihr wollt
Ich wehr' es nicht; ich weiß euch nicht zu tadeln!
Und soll ich leben, breitet Schlaf und Schweigen
Ueber den Raum, den ihr für mich gelassen!
Ihr Fürsten, lebt vergnügt und wirkt für mich!
Du jüngst mein Sohn, Gott segne deine Jahre!
Ich lebe ja, nur eins ist noch zu thun!
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Zitationshilfe: | Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/193>, abgerufen am 23.07.2024. |