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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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Wir legen eine Arbeit, eine Sorge
Und schweren Ernst auf dich, und möchten uns
Des Dienstes kummerfreien Stand erwerben.
Heinrich.
Das Reich ist frei, es übe seine Wahl;
Denn ich verzichte, lasse hier Würde,
So mir die Zeit der Kriegsverwirrung gab.
Den Kaiser traf ein harter Doppelbann
Der Kirche und des Volks; es ist der Brand,
Den er entzündet, ausgelöscht. Er selbst
Erwartet euern Spruch. So laßt mich gehn.
Ich habe manch Geschäft mit mir zu ordnen,
Und fühle mich nicht werth, noch unerzogen,
Der Königspflicht ein ungewöhnter Schüler.
Schont meiner Jugend, daß sie nicht erröthe;
Der Purpur auf der Wange duldet nicht
Den auf der Schulter. Dieser Kreis umfaßt
So viele würdige, thatgestählte Männer,
Der Kraft und Weisheit allerkannte Muster.
Was bin ich unter euch? Gebt mir den Schemel
An eurer Seite, daß ich lernen mag,
Und stellt mich als den letzten in die Reihe,
Wo Werth und Alter gleiche Stelle nehmen.
Rothard.
Du schiebst verschmähend weg, was du genommen,
Wofür du selbst mit uns die Waffen trugst?
Heinrich.
Nein, Bischof, nicht für dies ward ich Genoß
In diesem Werk. Was war denn unser Ziel?
Das deine? Wer erkennt es mehr als du?
Das Reich aus des Gebannten Macht zu nehmen,
Den Fluch des Einen Haupts von vielen wenden.
Es ist gethan. Einst hast du mich gekrönt.
Es war nur eine Probe, die ich nicht
Bestehen kann; so legt man einem Kinde
Lächelnd den Kranz der Braut ins goldne Haar,
Die Stirn umbindend, eh' sie vollgereift.
Und doch, die Myrthe mag mit hellen Fäden
Noch ungebräunter Jugend sich verschlingen,
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Wir legen eine Arbeit, eine Sorge
Und schweren Ernst auf dich, und möchten uns
Des Dienstes kummerfreien Stand erwerben.
Heinrich.
Das Reich ist frei, es übe seine Wahl;
Denn ich verzichte, lasse hier Würde,
So mir die Zeit der Kriegsverwirrung gab.
Den Kaiser traf ein harter Doppelbann
Der Kirche und des Volks; es ist der Brand,
Den er entzündet, ausgelöscht. Er selbst
Erwartet euern Spruch. So laßt mich gehn.
Ich habe manch Geschäft mit mir zu ordnen,
Und fühle mich nicht werth, noch unerzogen,
Der Königspflicht ein ungewöhnter Schüler.
Schont meiner Jugend, daß sie nicht erröthe;
Der Purpur auf der Wange duldet nicht
Den auf der Schulter. Dieser Kreis umfaßt
So viele würdige, thatgestählte Männer,
Der Kraft und Weisheit allerkannte Muster.
Was bin ich unter euch? Gebt mir den Schemel
An eurer Seite, daß ich lernen mag,
Und stellt mich als den letzten in die Reihe,
Wo Werth und Alter gleiche Stelle nehmen.
Rothard.
Du schiebst verschmähend weg, was du genommen,
Wofür du selbst mit uns die Waffen trugst?
Heinrich.
Nein, Bischof, nicht für dies ward ich Genoß
In diesem Werk. Was war denn unser Ziel?
Das deine? Wer erkennt es mehr als du?
Das Reich aus des Gebannten Macht zu nehmen,
Den Fluch des Einen Haupts von vielen wenden.
Es ist gethan. Einst hast du mich gekrönt.
Es war nur eine Probe, die ich nicht
Bestehen kann; so legt man einem Kinde
Lächelnd den Kranz der Braut ins goldne Haar,
Die Stirn umbindend, eh' sie vollgereift.
Und doch, die Myrthe mag mit hellen Fäden
Noch ungebräunter Jugend sich verschlingen,
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[173/0181] Wir legen eine Arbeit, eine Sorge Und schweren Ernst auf dich, und möchten uns Des Dienstes kummerfreien Stand erwerben. Heinrich. Das Reich ist frei, es übe seine Wahl; Denn ich verzichte, lasse hier Würde, So mir die Zeit der Kriegsverwirrung gab. Den Kaiser traf ein harter Doppelbann Der Kirche und des Volks; es ist der Brand, Den er entzündet, ausgelöscht. Er selbst Erwartet euern Spruch. So laßt mich gehn. Ich habe manch Geschäft mit mir zu ordnen, Und fühle mich nicht werth, noch unerzogen, Der Königspflicht ein ungewöhnter Schüler. Schont meiner Jugend, daß sie nicht erröthe; Der Purpur auf der Wange duldet nicht Den auf der Schulter. Dieser Kreis umfaßt So viele würdige, thatgestählte Männer, Der Kraft und Weisheit allerkannte Muster. Was bin ich unter euch? Gebt mir den Schemel An eurer Seite, daß ich lernen mag, Und stellt mich als den letzten in die Reihe, Wo Werth und Alter gleiche Stelle nehmen. Rothard. Du schiebst verschmähend weg, was du genommen, Wofür du selbst mit uns die Waffen trugst? Heinrich. Nein, Bischof, nicht für dies ward ich Genoß In diesem Werk. Was war denn unser Ziel? Das deine? Wer erkennt es mehr als du? Das Reich aus des Gebannten Macht zu nehmen, Den Fluch des Einen Haupts von vielen wenden. Es ist gethan. Einst hast du mich gekrönt. Es war nur eine Probe, die ich nicht Bestehen kann; so legt man einem Kinde Lächelnd den Kranz der Braut ins goldne Haar, Die Stirn umbindend, eh' sie vollgereift. Und doch, die Myrthe mag mit hellen Fäden Noch ungebräunter Jugend sich verschlingen, 23

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/181>, abgerufen am 17.05.2024.