Wenn ich das Werk, dessen ersten Theil ich hiermit dem Publikum übergebe, als Bearbeitung einer neuen mathematischen Disciplin bezeichne, so kann die Rechtfertigung einer sol- chen Behauptung nur durch das Werk selbst gegeben werden. Indem ich mich daher jeder anderweitigen Rechtfertigung entschlage, gehe ich sogleich dazu über, den Weg zu bezeichnen, auf welchem ich Schritt für Schritt zu den hier niedergelegten Resultaten gelangt bin, um damit zugleich den Umfang dieser neuen Disciplin, so weit es hier thunlich ist, zur Anschauung zu bringen. Den ersten An- stoss gab mir die Betrachtung des Negativen in der Geometrie; ich gewöhnte mich, die Strecken AB und BA als entgegengesetzte Grössen aufzufassen; woraus denn hervorging, dass, wenn A, B, C Punkte einer geraden Linie sind, dann auch allemal AB + BC = AC sei, sowohl wenn AB und BC gleichbezeichnet sind, als auch wenn entgegengesetzt bezeichnet, d. h. wenn C zwischen A und B liegt. In dem letzteren Falle waren nun AB und BC nicht als blosse Längen aufgefasst, sondern an ihnen zugleich ihre Richtung festge- halten, vermöge deren sie eben einander entgegengesetzt waren. So drängte sich der Unterschied auf zwischen der Summe der Längen und zwischen der Summe solcher Strecken, in denen zugleich die Richtung mit festgehalten war. Hieraus ergab sich die Forderung,
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Vorrede.
Wenn ich das Werk, dessen ersten Theil ich hiermit dem Publikum übergebe, als Bearbeitung einer neuen mathematischen Disciplin bezeichne, so kann die Rechtfertigung einer sol- chen Behauptung nur durch das Werk selbst gegeben werden. Indem ich mich daher jeder anderweitigen Rechtfertigung entschlage, gehe ich sogleich dazu über, den Weg zu bezeichnen, auf welchem ich Schritt für Schritt zu den hier niedergelegten Resultaten gelangt bin, um damit zugleich den Umfang dieser neuen Disciplin, so weit es hier thunlich ist, zur Anschauung zu bringen. Den ersten An- stoss gab mir die Betrachtung des Negativen in der Geometrie; ich gewöhnte mich, die Strecken AB und BA als entgegengesetzte Grössen aufzufassen; woraus denn hervorging, dass, wenn A, B, C Punkte einer geraden Linie sind, dann auch allemal AB + BC = AC sei, sowohl wenn AB und BC gleichbezeichnet sind, als auch wenn entgegengesetzt bezeichnet, d. h. wenn C zwischen A und B liegt. In dem letzteren Falle waren nun AB und BC nicht als blosse Längen aufgefasst, sondern an ihnen zugleich ihre Richtung festge- halten, vermöge deren sie eben einander entgegengesetzt waren. So drängte sich der Unterschied auf zwischen der Summe der Längen und zwischen der Summe solcher Strecken, in denen zugleich die Richtung mit festgehalten war. Hieraus ergab sich die Forderung,
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[[V]/0009]
Vorrede.
Wenn ich das Werk, dessen ersten Theil ich hiermit dem
Publikum übergebe, als Bearbeitung einer neuen mathematischen
Disciplin bezeichne, so kann die Rechtfertigung einer sol-
chen Behauptung nur durch das Werk selbst gegeben werden.
Indem ich mich daher jeder anderweitigen Rechtfertigung entschlage,
gehe ich sogleich dazu über, den Weg zu bezeichnen, auf welchem
ich Schritt für Schritt zu den hier niedergelegten Resultaten gelangt
bin, um damit zugleich den Umfang dieser neuen Disciplin, so weit
es hier thunlich ist, zur Anschauung zu bringen. Den ersten An-
stoss gab mir die Betrachtung des Negativen in der Geometrie;
ich gewöhnte mich, die Strecken AB und BA als entgegengesetzte
Grössen aufzufassen; woraus denn hervorging, dass, wenn A, B, C
Punkte einer geraden Linie sind, dann auch allemal AB + BC = AC
sei, sowohl wenn AB und BC gleichbezeichnet sind, als auch wenn
entgegengesetzt bezeichnet, d. h. wenn C zwischen A und B liegt.
In dem letzteren Falle waren nun AB und BC nicht als blosse
Längen aufgefasst, sondern an ihnen zugleich ihre Richtung festge-
halten, vermöge deren sie eben einander entgegengesetzt waren.
So drängte sich der Unterschied auf zwischen der Summe der Längen
und zwischen der Summe solcher Strecken, in denen zugleich die
Richtung mit festgehalten war. Hieraus ergab sich die Forderung,
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Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. [V]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/9>, abgerufen am 28.11.2024.
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