§ 125. Der Begriff des Produktes als eines äusseren bestand darin, dass jedes Stück eines Faktors, welches von dem andern Faktor abhängig war, ohne Werthänderung des Produktes wegge- lassen werden konnte, worin zugleich lag, dass das Produkt zweier abhängiger Grössen null sei. Reale Grössen, d. h. solche, die sich als Produkte aus lauter einfachen Faktoren darstellen lassen, wurden dann "von einander abhängig" genannt, wenn jeder ein- zelne Faktor derselben ganz ausserhalb desjenigen Systems lag, was durch die übrigen Faktoren bestimmt war, oder, mehr abstrakt ausgedrückt, wenn keine Grösse, die dem Systeme von einer der Grössen angehört, zugleich dem durch die sämmtlichen übrigen bestimmten Systeme angehört. Da nun diese Bestimmung, welche das Produkt als ein äusseres charakterisirt, nicht in dem Begriffe des Produktes an sich liegt, so muss es möglich sein, den allge- meinen Begriff des Produktes festzuhalten, und doch jene Bestim- mung aufzugeben, oder durch eine andere zu ersetzen. Um nun diese neue Bestimmung aufzufinden, müssen wir, da nach ihr auch das Produkt zweier abhängiger Grössen soll einen geltenden Werth haben können, die verschiedenen Grade der Abhängigkeit untersu- chen. Wenn zwei Systeme höherer Stufen überhaupt von einander abhängig sind, so wird es Grössen geben, welche beiden zugleich angehören. Da nun jedes System, welches gewisse Grössen ent- hält, auch sämmtliche von ihnen abhängige Grössen, d. h. das ganze durch sie bestimmte System, oder auch das äussere Produkt jener Grössen, enthalten muss, so folgt, dass Systeme, welche ge- wisse Grössen gemeinschaftlich enthalten, auch das ganze durch diese Grössen bestimmte System, oder auch das äussere Produkt derselben, gemeinschaftlich enthalten werden; nach der Stufenzahl dieses gemeinschaftlichen Systemes wird nun auch der Grad der Abhängigkeit bestimmt werden können, und wir werden sagen können, zwei Systeme seien im m-ten Grade von einander abhän- gig, wenn sie ein System m-ter Stufe gemeinschaftlich enthalten, und eben so zwei reale Grössen seien im m-ten Grade von einan-
§ 125
Drittes Kapitel. Das eingewandte Produkt.
§ 125. Der Begriff des Produktes als eines äusseren bestand darin, dass jedes Stück eines Faktors, welches von dem andern Faktor abhängig war, ohne Werthänderung des Produktes wegge- lassen werden konnte, worin zugleich lag, dass das Produkt zweier abhängiger Grössen null sei. Reale Grössen, d. h. solche, die sich als Produkte aus lauter einfachen Faktoren darstellen lassen, wurden dann „von einander abhängig“ genannt, wenn jeder ein- zelne Faktor derselben ganz ausserhalb desjenigen Systems lag, was durch die übrigen Faktoren bestimmt war, oder, mehr abstrakt ausgedrückt, wenn keine Grösse, die dem Systeme von einer der Grössen angehört, zugleich dem durch die sämmtlichen übrigen bestimmten Systeme angehört. Da nun diese Bestimmung, welche das Produkt als ein äusseres charakterisirt, nicht in dem Begriffe des Produktes an sich liegt, so muss es möglich sein, den allge- meinen Begriff des Produktes festzuhalten, und doch jene Bestim- mung aufzugeben, oder durch eine andere zu ersetzen. Um nun diese neue Bestimmung aufzufinden, müssen wir, da nach ihr auch das Produkt zweier abhängiger Grössen soll einen geltenden Werth haben können, die verschiedenen Grade der Abhängigkeit untersu- chen. Wenn zwei Systeme höherer Stufen überhaupt von einander abhängig sind, so wird es Grössen geben, welche beiden zugleich angehören. Da nun jedes System, welches gewisse Grössen ent- hält, auch sämmtliche von ihnen abhängige Grössen, d. h. das ganze durch sie bestimmte System, oder auch das äussere Produkt jener Grössen, enthalten muss, so folgt, dass Systeme, welche ge- wisse Grössen gemeinschaftlich enthalten, auch das ganze durch diese Grössen bestimmte System, oder auch das äussere Produkt derselben, gemeinschaftlich enthalten werden; nach der Stufenzahl dieses gemeinschaftlichen Systemes wird nun auch der Grad der Abhängigkeit bestimmt werden können, und wir werden sagen können, zwei Systeme seien im m-ten Grade von einander abhän- gig, wenn sie ein System m-ter Stufe gemeinschaftlich enthalten, und eben so zwei reale Grössen seien im m-ten Grade von einan-
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§ 125
Drittes Kapitel.
Das eingewandte Produkt.
§ 125. Der Begriff des Produktes als eines äusseren bestand
darin, dass jedes Stück eines Faktors, welches von dem andern
Faktor abhängig war, ohne Werthänderung des Produktes wegge-
lassen werden konnte, worin zugleich lag, dass das Produkt zweier
abhängiger Grössen null sei. Reale Grössen, d. h. solche, die
sich als Produkte aus lauter einfachen Faktoren darstellen lassen,
wurden dann „von einander abhängig“ genannt, wenn jeder ein-
zelne Faktor derselben ganz ausserhalb desjenigen Systems lag,
was durch die übrigen Faktoren bestimmt war, oder, mehr abstrakt
ausgedrückt, wenn keine Grösse, die dem Systeme von einer der
Grössen angehört, zugleich dem durch die sämmtlichen übrigen
bestimmten Systeme angehört. Da nun diese Bestimmung, welche
das Produkt als ein äusseres charakterisirt, nicht in dem Begriffe
des Produktes an sich liegt, so muss es möglich sein, den allge-
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mung aufzugeben, oder durch eine andere zu ersetzen. Um nun
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haben können, die verschiedenen Grade der Abhängigkeit untersu-
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angehören. Da nun jedes System, welches gewisse Grössen ent-
hält, auch sämmtliche von ihnen abhängige Grössen, d. h. das
ganze durch sie bestimmte System, oder auch das äussere Produkt
jener Grössen, enthalten muss, so folgt, dass Systeme, welche ge-
wisse Grössen gemeinschaftlich enthalten, auch das ganze durch
diese Grössen bestimmte System, oder auch das äussere Produkt
derselben, gemeinschaftlich enthalten werden; nach der Stufenzahl
dieses gemeinschaftlichen Systemes wird nun auch der Grad der
Abhängigkeit bestimmt werden können, und wir werden sagen
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Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/218>, abgerufen am 23.11.2024.
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