Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831.

Bild:
<< vorherige Seite
Berliner.
Herr Schlesier, holen Sie für uns beide noch
einen großen Kümmel.

(Schlesier geht.)
Mein Jesus, welch ungeheurer Unterschied, wenn
man erwartet, ob es losgeht, oder wenn es los-
geht. Vorher besah ich die Gefahr halb mit Lust,
fast wie einen schön gemalten Bären, -- jetzt wird
der Bär lebendig, und mich bebt der Hemdschlapp.
O hätte meine Mutter mir bei sich behalten, mir
nie geboren, ich brauchte doch nicht zu sterben, --
oder wär' ich doch kein Freiwilliger geworden --
Ach, der mußt' ich werden, sonst hätten sie mir
unfreiwillig dazu gemacht!

(Schlesier kommt mit dem Schnaps zurück.)
Berliner.
Zittern Sie nicht vor die Bataille?
Schlesier.
Nein.
Berliner.
Gnädiger Himmel, wie kommt denn das?
Schlesier.
Es hilft ja zu nichts, -- ich muß doch mit
vorrücken.
Berliner (für sich:)
Das gesteh' ich, der weiß sich in die Umstände
Berliner.
Herr Schleſier, holen Sie für uns beide noch
einen großen Kümmel.

(Schleſier geht.)
Mein Jeſus, welch ungeheurer Unterſchied, wenn
man erwartet, ob es losgeht, oder wenn es los-
geht. Vorher beſah ich die Gefahr halb mit Luſt,
faſt wie einen ſchön gemalten Bären, — jetzt wird
der Bär lebendig, und mich bebt der Hemdſchlapp.
O hätte meine Mutter mir bei ſich behalten, mir
nie geboren, ich brauchte doch nicht zu ſterben, —
oder wär’ ich doch kein Freiwilliger geworden —
Ach, der mußt’ ich werden, ſonſt hätten ſie mir
unfreiwillig dazu gemacht!

(Schleſier kommt mit dem Schnaps zuruͤck.)
Berliner.
Zittern Sie nicht vor die Bataille?
Schleſier.
Nein.
Berliner.
Gnädiger Himmel, wie kommt denn das?
Schleſier.
Es hilft ja zu nichts, — ich muß doch mit
vorrücken.
Berliner (fuͤr ſich:)
Das geſteh’ ich, der weiß ſich in die Umſtände
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0213" n="205"/>
            <sp who="#BER">
              <speaker><hi rendition="#g">Berliner</hi>.</speaker><lb/>
              <p>Herr Schle&#x017F;ier, holen Sie für uns beide noch<lb/>
einen großen Kümmel.</p><lb/>
              <stage>(Schle&#x017F;ier geht.)</stage><lb/>
              <p>Mein Je&#x017F;us, welch ungeheurer Unter&#x017F;chied, wenn<lb/>
man erwartet, ob es losgeht, oder wenn es los-<lb/>
geht. Vorher be&#x017F;ah ich die Gefahr halb mit Lu&#x017F;t,<lb/>
fa&#x017F;t wie einen &#x017F;chön gemalten Bären, &#x2014; jetzt wird<lb/>
der Bär lebendig, und mich bebt der Hemd&#x017F;chlapp.<lb/>
O hätte meine Mutter mir bei &#x017F;ich behalten, mir<lb/>
nie geboren, ich brauchte doch nicht zu &#x017F;terben, &#x2014;<lb/>
oder wär&#x2019; ich doch kein Freiwilliger geworden &#x2014;<lb/>
Ach, der mußt&#x2019; ich werden, &#x017F;on&#x017F;t hätten &#x017F;ie mir<lb/>
unfreiwillig dazu gemacht!</p><lb/>
              <stage>(Schle&#x017F;ier kommt mit dem Schnaps zuru&#x0364;ck.)</stage>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BER">
              <speaker><hi rendition="#g">Berliner</hi>.</speaker><lb/>
              <p>Zittern Sie nicht vor die Bataille?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#SCHLES">
              <speaker><hi rendition="#g">Schle&#x017F;ier</hi>.</speaker><lb/>
              <p>Nein.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BER">
              <speaker><hi rendition="#g">Berliner</hi>.</speaker><lb/>
              <p>Gnädiger Himmel, wie kommt denn das?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#SCHLES">
              <speaker><hi rendition="#g">Schle&#x017F;ier</hi>.</speaker><lb/>
              <p>Es hilft ja zu nichts, &#x2014; ich muß doch mit<lb/>
vorrücken.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BER">
              <speaker> <hi rendition="#g">Berliner</hi> </speaker>
              <stage>(fu&#x0364;r &#x017F;ich:)</stage><lb/>
              <p>Das ge&#x017F;teh&#x2019; ich, der weiß &#x017F;ich in die Um&#x017F;tände<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0213] Berliner. Herr Schleſier, holen Sie für uns beide noch einen großen Kümmel. (Schleſier geht.) Mein Jeſus, welch ungeheurer Unterſchied, wenn man erwartet, ob es losgeht, oder wenn es los- geht. Vorher beſah ich die Gefahr halb mit Luſt, faſt wie einen ſchön gemalten Bären, — jetzt wird der Bär lebendig, und mich bebt der Hemdſchlapp. O hätte meine Mutter mir bei ſich behalten, mir nie geboren, ich brauchte doch nicht zu ſterben, — oder wär’ ich doch kein Freiwilliger geworden — Ach, der mußt’ ich werden, ſonſt hätten ſie mir unfreiwillig dazu gemacht! (Schleſier kommt mit dem Schnaps zuruͤck.) Berliner. Zittern Sie nicht vor die Bataille? Schleſier. Nein. Berliner. Gnädiger Himmel, wie kommt denn das? Schleſier. Es hilft ja zu nichts, — ich muß doch mit vorrücken. Berliner (fuͤr ſich:) Das geſteh’ ich, der weiß ſich in die Umſtände

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/213
Zitationshilfe: Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/213>, abgerufen am 06.05.2024.