Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831. Bertrand. Die Telegraphen melden von allen Seiten, daß nirgends, vom kleinsten deutschen Fürstenhofe bis nach Wien, Berlin und der Newa deine Briefe angenommen sind. Napoleon. So will Ich Selbst sie den Herren bringen, und dreimal hunderttausend Mann dazu. -- Künf- tig läßt du in jedem officiellen Schreiben, das "Wir" und das "von Gottes Gnaden" aus. Ich bin Ich, das heißt Napoleon Bonaparte, der sich in zwei Jahren Selbst schuf, während Jahrtausend lange erbrechtliche Zeugungen nicht vermochten, aus denen, die sich da scheuen, meine Briefe an- zurühren, etwas Tüchtiges zu schaffen. -- Jetzt durchzuckt es mich wie ein Blitz, und ich sehe klar in die tiefsten Gefilde der Zukunft: es wäre klüger von mir gewesen, hätt' ich -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- Sind einmal alle Vorurtheile der alten Zeit um- gewälzt, so schadet es den Enkeln meines Sohnes noch in späten Jahrhunderten, daß sie von einer als kaiserliche Prinzessin geborenen Mutter ent- sprungen und dadurch der Anhänglichkeit an lächer- liche Ahnenideen verdächtig sind! Bertrand. Die Telegraphen melden von allen Seiten, daß nirgends, vom kleinſten deutſchen Fürſtenhofe bis nach Wien, Berlin und der Newa deine Briefe angenommen ſind. Napoleon. So will Ich Selbſt ſie den Herren bringen, und dreimal hunderttauſend Mann dazu. — Künf- tig läßt du in jedem officiellen Schreiben, das «Wir» und das «von Gottes Gnaden» aus. Ich bin Ich, das heißt Napoleon Bonaparte, der ſich in zwei Jahren Selbſt ſchuf, während Jahrtauſend lange erbrechtliche Zeugungen nicht vermochten, aus denen, die ſich da ſcheuen, meine Briefe an- zurühren, etwas Tüchtiges zu ſchaffen. — Jetzt durchzuckt es mich wie ein Blitz, und ich ſehe klar in die tiefſten Gefilde der Zukunft: es wäre klüger von mir geweſen, hätt’ ich — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — Sind einmal alle Vorurtheile der alten Zeit um- gewälzt, ſo ſchadet es den Enkeln meines Sohnes noch in ſpäten Jahrhunderten, daß ſie von einer als kaiſerliche Prinzeſſin geborenen Mutter ent- ſprungen und dadurch der Anhänglichkeit an lächer- liche Ahnenideen verdächtig ſind! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0171" n="163"/> <sp who="#BERT"> <speaker><hi rendition="#g">Bertrand</hi>.</speaker><lb/> <p>Die Telegraphen melden von allen Seiten, daß<lb/> nirgends, vom kleinſten deutſchen Fürſtenhofe bis<lb/> nach Wien, Berlin und der Newa deine Briefe<lb/> angenommen ſind.</p> </sp><lb/> <sp who="#NAP"> <speaker><hi rendition="#g">Napoleon</hi>.</speaker><lb/> <p>So will Ich Selbſt ſie den Herren bringen,<lb/> und dreimal hunderttauſend Mann dazu. — Künf-<lb/> tig läßt du in jedem officiellen Schreiben, das<lb/> «Wir» und das «von Gottes Gnaden» aus. Ich<lb/> bin Ich, das heißt Napoleon Bonaparte, der ſich<lb/> in zwei Jahren Selbſt ſchuf, während Jahrtauſend<lb/> lange erbrechtliche Zeugungen nicht vermochten,<lb/> aus denen, die ſich da ſcheuen, meine Briefe an-<lb/> zurühren, etwas Tüchtiges zu ſchaffen. — Jetzt<lb/> durchzuckt es mich wie ein Blitz, und ich ſehe klar<lb/> in die tiefſten Gefilde der Zukunft: es wäre klüger<lb/> von mir geweſen, hätt’ ich — — — — —<lb/> — — — — — — — — — — —<lb/> — — — — — — — — — — —<lb/> Sind einmal alle Vorurtheile der alten Zeit um-<lb/> gewälzt, ſo ſchadet es den Enkeln meines Sohnes<lb/> noch in ſpäten Jahrhunderten, daß ſie von einer<lb/> als kaiſerliche Prinzeſſin geborenen Mutter ent-<lb/> ſprungen und dadurch der Anhänglichkeit an lächer-<lb/> liche Ahnenideen verdächtig ſind!</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [163/0171]
Bertrand.
Die Telegraphen melden von allen Seiten, daß
nirgends, vom kleinſten deutſchen Fürſtenhofe bis
nach Wien, Berlin und der Newa deine Briefe
angenommen ſind.
Napoleon.
So will Ich Selbſt ſie den Herren bringen,
und dreimal hunderttauſend Mann dazu. — Künf-
tig läßt du in jedem officiellen Schreiben, das
«Wir» und das «von Gottes Gnaden» aus. Ich
bin Ich, das heißt Napoleon Bonaparte, der ſich
in zwei Jahren Selbſt ſchuf, während Jahrtauſend
lange erbrechtliche Zeugungen nicht vermochten,
aus denen, die ſich da ſcheuen, meine Briefe an-
zurühren, etwas Tüchtiges zu ſchaffen. — Jetzt
durchzuckt es mich wie ein Blitz, und ich ſehe klar
in die tiefſten Gefilde der Zukunft: es wäre klüger
von mir geweſen, hätt’ ich — — — — —
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Sind einmal alle Vorurtheile der alten Zeit um-
gewälzt, ſo ſchadet es den Enkeln meines Sohnes
noch in ſpäten Jahrhunderten, daß ſie von einer
als kaiſerliche Prinzeſſin geborenen Mutter ent-
ſprungen und dadurch der Anhänglichkeit an lächer-
liche Ahnenideen verdächtig ſind!
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Zitationshilfe: | Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/171>, abgerufen am 31.07.2024. |