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Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730.

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Des II Theils I Capitel
Der jüngst verwichne letzte Mertz
Hat vormahls dich der Welt geschencket,
Und deiner Unterthanen Hertz,
Schon offt mit vieler Lust geträncket.
Denn, Landes-Mutter, solch ein Tag,
Erlaube, daß mans sagen mag,
Erscheint nicht allzu offt auf Erden;
Daran zu unserm Glück und Ruh
Dergleichen Fürsten-Haupt, als du,
Pflegt an das Licht gebracht zu werden.
Du bist an Hoheit, Geist und Witz
Ein Muster grosser Prinzeßinnen;
Die Tugend selbst kan ihr zum Sitz
Kein Fürstlicher Gemüth gewinnen.
Der Gaben hohe Trefflichkeit,
Der Gnaden-Blicke Seltenheit,
Die Anmuth und die Pracht der Glieder
Reitzt alles zwar dich anzusehn,
Wiewohl, wenn solches kaum geschehn,
Schlägt Ehrfurcht uns das Auge nieder.
Wenn Neid und Zwiespalt anderweit,
Gleich ungestümen Meeren, brausen,
So schmückt das Gold der Einigkeit
Das Ruh erfüllte Sondershausen.
Die Eintracht wirft den hellen Blick
Auf unsrer Fürsten Fried und Glück,
Und schwert hier ewiglich zu grünen:
Die Vorsicht sieht der Eintracht zu,
Und segnet selbst die edle Ruh
Von Günthern und von Albertinen.
So künstlich Feder, Glock und Rad
Der Meister in der Uhr verbunden,
Wenn Zahl und Schlag sich nie zu spat,
Auch nie zu zeitig eingefunden.
So augenscheinlich, Hohes Paar,
Jst bisanher so manches Jahr
Dein süsses Liebes-Band gewesen:
Wenn Ehstand offt ein Wehstand hieß,
So ist er hier ein Paradieß,
Wo ihr des Friedens Frucht gelesen.
Dieß
Des II Theils I Capitel
Der juͤngſt verwichne letzte Mertz
Hat vormahls dich der Welt geſchencket,
Und deiner Unterthanen Hertz,
Schon offt mit vieler Luſt getraͤncket.
Denn, Landes-Mutter, ſolch ein Tag,
Erlaube, daß mans ſagen mag,
Erſcheint nicht allzu offt auf Erden;
Daran zu unſerm Gluͤck und Ruh
Dergleichen Fuͤrſten-Haupt, als du,
Pflegt an das Licht gebracht zu werden.
Du biſt an Hoheit, Geiſt und Witz
Ein Muſter groſſer Prinzeßinnen;
Die Tugend ſelbſt kan ihr zum Sitz
Kein Fuͤrſtlicher Gemuͤth gewinnen.
Der Gaben hohe Trefflichkeit,
Der Gnaden-Blicke Seltenheit,
Die Anmuth und die Pracht der Glieder
Reitzt alles zwar dich anzuſehn,
Wiewohl, wenn ſolches kaum geſchehn,
Schlaͤgt Ehrfurcht uns das Auge nieder.
Wenn Neid und Zwieſpalt anderweit,
Gleich ungeſtuͤmen Meeren, brauſen,
So ſchmuͤckt das Gold der Einigkeit
Das Ruh erfuͤllte Sondershauſen.
Die Eintracht wirft den hellen Blick
Auf unſrer Fuͤrſten Fried und Gluͤck,
Und ſchwert hier ewiglich zu gruͤnen:
Die Vorſicht ſieht der Eintracht zu,
Und ſegnet ſelbſt die edle Ruh
Von Guͤnthern und von Albertinen.
So kuͤnſtlich Feder, Glock und Rad
Der Meiſter in der Uhr verbunden,
Wenn Zahl und Schlag ſich nie zu ſpat,
Auch nie zu zeitig eingefunden.
So augenſcheinlich, Hohes Paar,
Jſt bisanher ſo manches Jahr
Dein ſuͤſſes Liebes-Band geweſen:
Wenn Ehſtand offt ein Wehſtand hieß,
So iſt er hier ein Paradieß,
Wo ihr des Friedens Frucht geleſen.
Dieß
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[342/0370] Des II Theils I Capitel Der juͤngſt verwichne letzte Mertz Hat vormahls dich der Welt geſchencket, Und deiner Unterthanen Hertz, Schon offt mit vieler Luſt getraͤncket. Denn, Landes-Mutter, ſolch ein Tag, Erlaube, daß mans ſagen mag, Erſcheint nicht allzu offt auf Erden; Daran zu unſerm Gluͤck und Ruh Dergleichen Fuͤrſten-Haupt, als du, Pflegt an das Licht gebracht zu werden. Du biſt an Hoheit, Geiſt und Witz Ein Muſter groſſer Prinzeßinnen; Die Tugend ſelbſt kan ihr zum Sitz Kein Fuͤrſtlicher Gemuͤth gewinnen. Der Gaben hohe Trefflichkeit, Der Gnaden-Blicke Seltenheit, Die Anmuth und die Pracht der Glieder Reitzt alles zwar dich anzuſehn, Wiewohl, wenn ſolches kaum geſchehn, Schlaͤgt Ehrfurcht uns das Auge nieder. Wenn Neid und Zwieſpalt anderweit, Gleich ungeſtuͤmen Meeren, brauſen, So ſchmuͤckt das Gold der Einigkeit Das Ruh erfuͤllte Sondershauſen. Die Eintracht wirft den hellen Blick Auf unſrer Fuͤrſten Fried und Gluͤck, Und ſchwert hier ewiglich zu gruͤnen: Die Vorſicht ſieht der Eintracht zu, Und ſegnet ſelbſt die edle Ruh Von Guͤnthern und von Albertinen. So kuͤnſtlich Feder, Glock und Rad Der Meiſter in der Uhr verbunden, Wenn Zahl und Schlag ſich nie zu ſpat, Auch nie zu zeitig eingefunden. So augenſcheinlich, Hohes Paar, Jſt bisanher ſo manches Jahr Dein ſuͤſſes Liebes-Band geweſen: Wenn Ehſtand offt ein Wehſtand hieß, So iſt er hier ein Paradieß, Wo ihr des Friedens Frucht geleſen. Dieß

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Zitationshilfe: Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/370>, abgerufen am 25.11.2024.