Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736.Die Pietisterey Frau Glaubeleichtin. Jch zweifle nicht daran. Doch ich will sie einen Augenblick mit meiner Tochter alleine lassen. Sie wissen schon, was sie ihr zu sagen haben; und da sie ihr auf eine gute Art zureden werden, so, so hoffe ich auch, daß sie sie gebührend anhören wird. Jch werde in einer Weile wieder kommen. (Sie geht ab.) Fünfter Auftritt. Hr. Scheinfromm, Jungfer Luischen. Herr Scheinfromm. Jst mirs erlaubt, Mademoiselle, ihnen meinen aufrichtigen und treuen Glückwunsch abzustatten? Jungfer Luischen. Es steht freylich bey ihnen. Herr Scheinfromm. Mich dünckt, daß die Gnade in ihrem Hertzen täglich zunimmt. Jungfer Luischen. Wie können sie das mercken? Herr Scheinfromm. Weil ihr gantzes Wesen so sittsam und liebreich ist. O! wie Schade wär es, wenn der Geist der Welt solche glückliche Vorbereitungen vernichten sollte! Jung-
Die Pietiſterey Frau Glaubeleichtin. Jch zweifle nicht daran. Doch ich will ſie einen Augenblick mit meiner Tochter alleine laſſen. Sie wiſſen ſchon, was ſie ihr zu ſagen haben; und da ſie ihr auf eine gute Art zureden werden, ſo, ſo hoffe ich auch, daß ſie ſie gebuͤhrend anhoͤren wird. Jch werde in einer Weile wieder kommen. (Sie geht ab.) Fuͤnfter Auftritt. Hr. Scheinfromm, Jungfer Luischen. Herr Scheinfromm. Jſt mirs erlaubt, Mademoiſelle, ihnen meinen aufrichtigen und treuen Gluͤckwunſch abzuſtatten? Jungfer Luischen. Es ſteht freylich bey ihnen. Herr Scheinfromm. Mich duͤnckt, daß die Gnade in ihrem Hertzen taͤglich zunimmt. Jungfer Luischen. Wie koͤnnen ſie das mercken? Herr Scheinfromm. Weil ihr gantzes Weſen ſo ſittſam und liebreich iſt. O! wie Schade waͤr es, wenn der Geiſt der Welt ſolche gluͤckliche Vorbereitungen vernichten ſollte! Jung-
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Die Pietiſterey
Frau Glaubeleichtin.
Jch zweifle nicht daran. Doch ich will ſie einen
Augenblick mit meiner Tochter alleine laſſen. Sie
wiſſen ſchon, was ſie ihr zu ſagen haben; und da
ſie ihr auf eine gute Art zureden werden, ſo, ſo
hoffe ich auch, daß ſie ſie gebuͤhrend anhoͤren wird.
Jch werde in einer Weile wieder kommen.
(Sie geht ab.)
Fuͤnfter Auftritt.
Hr. Scheinfromm, Jungfer Luischen.
Herr Scheinfromm.
Jſt mirs erlaubt, Mademoiſelle, ihnen meinen
aufrichtigen und treuen Gluͤckwunſch abzuſtatten?
Jungfer Luischen.
Es ſteht freylich bey ihnen.
Herr Scheinfromm.
Mich duͤnckt, daß die Gnade in ihrem Hertzen
taͤglich zunimmt.
Jungfer Luischen.
Wie koͤnnen ſie das mercken?
Herr Scheinfromm.
Weil ihr gantzes Weſen ſo ſittſam und liebreich
iſt. O! wie Schade waͤr es, wenn der Geiſt der
Welt ſolche gluͤckliche Vorbereitungen vernichten
ſollte!
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