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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.

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4. Das anapästische Versmaaß.

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Der Anapästus (_ _ _) ist gleichsam der beschleunigte Jambus; pgo_232.003
der einfache Anprall des Jambus wird hier ein verdoppelter, und dadurch pgo_232.004
der Vers lebhaft und stürmisch bewegt. Jm Auftakt kann statt des pgo_232.005
Anapästus ein Jambus stehn, doch nicht durchweg, in einzelnen Zeilen pgo_232.006
muß der strengere Rhythmus immer angedeutet sein. Ebenso kann statt pgo_232.007
des letzten Anapästus ein Jambus stehn, wodurch der heftige Anlauf pgo_232.008
etwas beruhigter austönt. Auch der Spondäus, dessen zweite Sylbe pgo_232.009
einen höhern Ton erhalten muß, kann statt des Anapästus gesetzt werden. pgo_232.010
Jn kleineren anapästischen Strophen wird man Zwei-, Drei- und Vierfüßler pgo_232.011
wechseln lassen und dadurch die verschiedenste Struktur des Verses pgo_232.012
erreichen. Am gebräuchlichsten ist der Zwei-, Vier- und Achtfüßler.

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a. Die anapästische Dipodie.
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Dieser Vers hat Kraft, kurz abgestoßene Energie:

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Er keuche dem Stier pgo_232.017
Dem verachteten gleich: pgo_232.018
Jhr pflanzt das Panier pgo_232.019
Jn der Freiheit Reich.

Platen.

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b. Der vierfüßige Anapästus.
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Ein rhythmisch bewegter Vers, der wie der vorige auch mit weiblichen pgo_232.023
Endungen austönen, gereimt und reimlos angewendet werden pgo_232.024
kann. Platen hat ihn zu den Chorstrophen in seinen Lustspielen pgo_232.025
benutzt und ihm dadurch einen strophischen Charakter gegeben, daß er pgo_232.026
auf fünf Verszeilen eine sechste folgen läßt, die aus drei Versfüßen mit pgo_232.027
weiblicher Endung besteht.

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Auf, auf, o Genossen! Er wandelt heran pgo_232.029
Lichtschön wie Apoll, der Köcher und Pfeil pgo_232.030
Jm Gebüsch ablegt, und die Leier bezieht pgo_232.031
Mit Saiten! Es spühlt der kastalische Quell pgo_232.032
An die Knöchel des Gotts und es schleicht Sehnsucht pgo_232.033
Jn die liebliche Seele der Musen!
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Romantischer Oedipus.

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4. Das anapästische Versmaaß.

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Der Anapästus (‿ ‿ _) ist gleichsam der beschleunigte Jambus; pgo_232.003
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Jn der Freiheit Reich.

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b. Der vierfüßige Anapästus.
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Ein rhythmisch bewegter Vers, der wie der vorige auch mit weiblichen pgo_232.023
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Auf, auf, o Genossen! Er wandelt heran pgo_232.029
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[232/0254] pgo_232.001 4. Das anapästische Versmaaß. pgo_232.002 Der Anapästus (‿ ‿ _) ist gleichsam der beschleunigte Jambus; pgo_232.003 der einfache Anprall des Jambus wird hier ein verdoppelter, und dadurch pgo_232.004 der Vers lebhaft und stürmisch bewegt. Jm Auftakt kann statt des pgo_232.005 Anapästus ein Jambus stehn, doch nicht durchweg, in einzelnen Zeilen pgo_232.006 muß der strengere Rhythmus immer angedeutet sein. Ebenso kann statt pgo_232.007 des letzten Anapästus ein Jambus stehn, wodurch der heftige Anlauf pgo_232.008 etwas beruhigter austönt. Auch der Spondäus, dessen zweite Sylbe pgo_232.009 einen höhern Ton erhalten muß, kann statt des Anapästus gesetzt werden. pgo_232.010 Jn kleineren anapästischen Strophen wird man Zwei-, Drei- und Vierfüßler pgo_232.011 wechseln lassen und dadurch die verschiedenste Struktur des Verses pgo_232.012 erreichen. Am gebräuchlichsten ist der Zwei-, Vier- und Achtfüßler. pgo_232.013 a. Die anapästische Dipodie. pgo_232.014 ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ pgo_232.015 Dieser Vers hat Kraft, kurz abgestoßene Energie: pgo_232.016 Er keuche dem Stier pgo_232.017 Dem verachteten gleich: pgo_232.018 Jhr pflanzt das Panier pgo_232.019 Jn der Freiheit Reich. Platen. pgo_232.020 b. Der vierfüßige Anapästus. pgo_232.021 ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ pgo_232.022 Ein rhythmisch bewegter Vers, der wie der vorige auch mit weiblichen pgo_232.023 Endungen austönen, gereimt und reimlos angewendet werden pgo_232.024 kann. Platen hat ihn zu den Chorstrophen in seinen Lustspielen pgo_232.025 benutzt und ihm dadurch einen strophischen Charakter gegeben, daß er pgo_232.026 auf fünf Verszeilen eine sechste folgen läßt, die aus drei Versfüßen mit pgo_232.027 weiblicher Endung besteht. pgo_232.028 Auf, auf, o Genossen! Er wandelt heran pgo_232.029 Lichtschön wie Apoll, der Köcher und Pfeil pgo_232.030 Jm Gebüsch ablegt, und die Leier bezieht pgo_232.031 Mit Saiten! Es spühlt der kastalische Quell pgo_232.032 An die Knöchel des Gotts und es schleicht Sehnsucht pgo_232.033 Jn die liebliche Seele der Musen! pgo_232.034 Romantischer Oedipus.

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Zitationshilfe: Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/254>, abgerufen am 22.11.2024.