Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_232.001 4. Das anapästische Versmaaß. pgo_232.002 pgo_232.013 a. Die anapästische Dipodie. pgo_232.014_ - _ _ _ - _ _ pgo_232.015 Er keuche dem Stier pgo_232.017 Dem verachteten gleich: pgo_232.018 Jhr pflanzt das Panier pgo_232.019 Jn der Freiheit Reich. Platen. pgo_232.020 b. Der vierfüßige Anapästus. pgo_232.021_ - _ _ _ - _ _ _ - _ _ _ - _ _ pgo_232.022 Auf, auf, o Genossen! Er wandelt heran pgo_232.029 pgo_232.034Lichtschön wie Apoll, der Köcher und Pfeil pgo_232.030 Jm Gebüsch ablegt, und die Leier bezieht pgo_232.031 Mit Saiten! Es spühlt der kastalische Quell pgo_232.032 An die Knöchel des Gotts und es schleicht Sehnsucht pgo_232.033 Jn die liebliche Seele der Musen! Romantischer Oedipus. pgo_232.001 4. Das anapästische Versmaaß. pgo_232.002 pgo_232.013 a. Die anapästische Dipodie. pgo_232.014‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ pgo_232.015 Er keuche dem Stier pgo_232.017 Dem verachteten gleich: pgo_232.018 Jhr pflanzt das Panier pgo_232.019 Jn der Freiheit Reich. Platen. pgo_232.020 b. Der vierfüßige Anapästus. pgo_232.021‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ pgo_232.022 Auf, auf, o Genossen! Er wandelt heran pgo_232.029 pgo_232.034Lichtschön wie Apoll, der Köcher und Pfeil pgo_232.030 Jm Gebüsch ablegt, und die Leier bezieht pgo_232.031 Mit Saiten! Es spühlt der kastalische Quell pgo_232.032 An die Knöchel des Gotts und es schleicht Sehnsucht pgo_232.033 Jn die liebliche Seele der Musen! Romantischer Oedipus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0254" n="232"/> <div n="5"> <lb n="pgo_232.001"/> <head> <hi rendition="#c">4. Das anapästische Versmaaß.</hi> </head> <p><lb n="pgo_232.002"/> Der <hi rendition="#g">Anapästus</hi> (‿ ‿ _) ist gleichsam der beschleunigte Jambus; <lb n="pgo_232.003"/> der einfache Anprall des Jambus wird hier ein verdoppelter, und dadurch <lb n="pgo_232.004"/> der Vers lebhaft und stürmisch bewegt. Jm Auftakt kann statt des <lb n="pgo_232.005"/> Anapästus ein Jambus stehn, doch nicht durchweg, in einzelnen Zeilen <lb n="pgo_232.006"/> muß der strengere Rhythmus immer angedeutet sein. Ebenso kann statt <lb n="pgo_232.007"/> des letzten Anapästus ein Jambus stehn, wodurch der heftige Anlauf <lb n="pgo_232.008"/> etwas beruhigter austönt. Auch der Spondäus, dessen zweite Sylbe <lb n="pgo_232.009"/> einen höhern Ton erhalten muß, kann statt des Anapästus gesetzt werden. <lb n="pgo_232.010"/> Jn kleineren anapästischen Strophen wird man Zwei-, Drei- und Vierfüßler <lb n="pgo_232.011"/> wechseln lassen und dadurch die verschiedenste Struktur des Verses <lb n="pgo_232.012"/> erreichen. Am gebräuchlichsten ist der Zwei-, Vier- und Achtfüßler.</p> <div n="6"> <lb n="pgo_232.013"/> <head> <hi rendition="#c">a. <hi rendition="#g">Die anapästische Dipodie.</hi></hi> </head> <lb n="pgo_232.014"/> <p> <hi rendition="#right">‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _</hi> </p> <p><lb n="pgo_232.015"/> Dieser Vers hat Kraft, kurz abgestoßene Energie:</p> <lb n="pgo_232.016"/> <lg> <l>Er keuche dem Stier</l> <lb n="pgo_232.017"/> <l>Dem verachteten gleich:</l> <lb n="pgo_232.018"/> <l>Jhr pflanzt das Panier</l> <lb n="pgo_232.019"/> <l>Jn der Freiheit Reich.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Platen</hi>.</hi> </p> </div> <div n="6"> <lb n="pgo_232.020"/> <head> <hi rendition="#c">b. <hi rendition="#g">Der vierfüßige Anapästus.</hi></hi> </head> <lb n="pgo_232.021"/> <p> <hi rendition="#right">‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _</hi> </p> <p><lb n="pgo_232.022"/> Ein rhythmisch bewegter Vers, der wie der vorige auch mit weiblichen <lb n="pgo_232.023"/> Endungen austönen, gereimt und reimlos angewendet werden <lb n="pgo_232.024"/> kann. <hi rendition="#g">Platen</hi> hat ihn zu den Chorstrophen in seinen Lustspielen <lb n="pgo_232.025"/> benutzt und ihm dadurch einen strophischen Charakter gegeben, daß er <lb n="pgo_232.026"/> auf fünf Verszeilen eine sechste folgen läßt, die aus drei Versfüßen mit <lb n="pgo_232.027"/> weiblicher Endung besteht.</p> <lb n="pgo_232.028"/> <lg> <l>Auf, auf, o Genossen! Er wandelt heran</l> <lb n="pgo_232.029"/> <l>Lichtschön wie Apoll, der Köcher und Pfeil</l> <lb n="pgo_232.030"/> <l>Jm Gebüsch ablegt, und die Leier bezieht</l> <lb n="pgo_232.031"/> <l>Mit Saiten! Es spühlt der kastalische Quell</l> <lb n="pgo_232.032"/> <l>An die Knöchel des Gotts und es schleicht Sehnsucht</l> <lb n="pgo_232.033"/> <l>Jn die liebliche Seele der Musen!</l> </lg> <lb n="pgo_232.034"/> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Romantischer Oedipus</hi>.</hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [232/0254]
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4. Das anapästische Versmaaß. pgo_232.002
Der Anapästus (‿ ‿ _) ist gleichsam der beschleunigte Jambus; pgo_232.003
der einfache Anprall des Jambus wird hier ein verdoppelter, und dadurch pgo_232.004
der Vers lebhaft und stürmisch bewegt. Jm Auftakt kann statt des pgo_232.005
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muß der strengere Rhythmus immer angedeutet sein. Ebenso kann statt pgo_232.007
des letzten Anapästus ein Jambus stehn, wodurch der heftige Anlauf pgo_232.008
etwas beruhigter austönt. Auch der Spondäus, dessen zweite Sylbe pgo_232.009
einen höhern Ton erhalten muß, kann statt des Anapästus gesetzt werden. pgo_232.010
Jn kleineren anapästischen Strophen wird man Zwei-, Drei- und Vierfüßler pgo_232.011
wechseln lassen und dadurch die verschiedenste Struktur des Verses pgo_232.012
erreichen. Am gebräuchlichsten ist der Zwei-, Vier- und Achtfüßler.
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a. Die anapästische Dipodie. pgo_232.014
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Dieser Vers hat Kraft, kurz abgestoßene Energie:
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Dem verachteten gleich: pgo_232.018
Jhr pflanzt das Panier pgo_232.019
Jn der Freiheit Reich.
Platen.
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b. Der vierfüßige Anapästus. pgo_232.021
‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _
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Ein rhythmisch bewegter Vers, der wie der vorige auch mit weiblichen pgo_232.023
Endungen austönen, gereimt und reimlos angewendet werden pgo_232.024
kann. Platen hat ihn zu den Chorstrophen in seinen Lustspielen pgo_232.025
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Lichtschön wie Apoll, der Köcher und Pfeil pgo_232.030
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Romantischer Oedipus.
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