Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_170.001 Die Erde fühlt und diese Steine werden pgo_170.004 Bewehrte Krieger, eh' ihr echter König pgo_170.005 Des Aufruhrs schnöden Waffen unterliegt. pgo_170.006 Mag der Welten Band pgo_170.008 Sich lösen, eine zweite Wasserfluth pgo_170.009 Herwogend alles Athmende verschlingen -- pgo_170.010 Jch achte Nichts mehr -- eh' ich dir entsage, pgo_170.011 Eh' nahe sich das Ende aller Tage. pgo_170.012 Und mag der Erde Grund zusammenstürzen, pgo_170.015 Und mag des Himmels glanzvoll Aug' erblinden, pgo_170.016 So unterstützt, werd' ich auf den Ruinen stehn pgo_170.017 Und rings ein neues Leben suchen. pgo_170.018 Denn alle Fürstenthrone, aufeinander pgo_170.021 Gestellt, bis zu den Sternen fortgebaut, pgo_170.022 Erreichten nicht die Höhe, wo sie steht pgo_170.023 Jn ihrer Engelsmajestät! pgo_170.024 Denn mir ist pgo_170.026 pgo_170.028Als ob der Wüste unmitleid'ge Schaaren, pgo_170.027 Des Meeres Ungeheuer mich umständen. Braut von Messina. pgo_170.029 Daß er noch lebte! pgo_170.031 pgo_170.032Jch gäb' ein Jndien dafür -- Don Carlos. pgo_170.033O ich möchte den Ocean vergiften, daß sie den Tod aus allen pgo_170.034 pgo_170.037Quellen saufen! -- -- o daß ich durch die ganze Natur das Horn pgo_170.035 des Aufruhrs blasen könnte, Luft, Erde und Meer wider pgo_170.036 das Hyänengezücht in das Treffen zu führen! Räuber. pgo_170.001 Die Erde fühlt und diese Steine werden pgo_170.004 Bewehrte Krieger, eh' ihr echter König pgo_170.005 Des Aufruhrs schnöden Waffen unterliegt. pgo_170.006 Mag der Welten Band pgo_170.008 Sich lösen, eine zweite Wasserfluth pgo_170.009 Herwogend alles Athmende verschlingen — pgo_170.010 Jch achte Nichts mehr — eh' ich dir entsage, pgo_170.011 Eh' nahe sich das Ende aller Tage. pgo_170.012 Und mag der Erde Grund zusammenstürzen, pgo_170.015 Und mag des Himmels glanzvoll Aug' erblinden, pgo_170.016 So unterstützt, werd' ich auf den Ruinen stehn pgo_170.017 Und rings ein neues Leben suchen. pgo_170.018 Denn alle Fürstenthrone, aufeinander pgo_170.021 Gestellt, bis zu den Sternen fortgebaut, pgo_170.022 Erreichten nicht die Höhe, wo sie steht pgo_170.023 Jn ihrer Engelsmajestät! pgo_170.024 Denn mir ist pgo_170.026 pgo_170.028Als ob der Wüste unmitleid'ge Schaaren, pgo_170.027 Des Meeres Ungeheuer mich umständen. Braut von Messina. pgo_170.029 Daß er noch lebte! pgo_170.031 pgo_170.032Jch gäb' ein Jndien dafür — Don Carlos. pgo_170.033O ich möchte den Ocean vergiften, daß sie den Tod aus allen pgo_170.034 pgo_170.037Quellen saufen! — — o daß ich durch die ganze Natur das Horn pgo_170.035 des Aufruhrs blasen könnte, Luft, Erde und Meer wider pgo_170.036 das Hyänengezücht in das Treffen zu führen! Räuber. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0192" n="170"/><lb n="pgo_170.001"/> Hyperbeln aus, in denen ein „<hi rendition="#g">wenn</hi>“ und „<hi rendition="#g">eh</hi>“ das übertriebene Bild <lb n="pgo_170.002"/> einführt. So wenn Richard II. sagt:</p> <lb n="pgo_170.003"/> <lg> <l>Die Erde fühlt und diese Steine werden</l> <lb n="pgo_170.004"/> <l>Bewehrte Krieger, <hi rendition="#g">eh'</hi> ihr echter König</l> <lb n="pgo_170.005"/> <l>Des Aufruhrs schnöden Waffen unterliegt.</l> </lg> <p><lb n="pgo_170.006"/><hi rendition="#g">Mortimer</hi> in der „Maria Stuart“ sagt:</p> <lb n="pgo_170.007"/> <lg> <l> Mag der Welten Band</l> <lb n="pgo_170.008"/> <l>Sich lösen, eine zweite Wasserfluth</l> <lb n="pgo_170.009"/> <l>Herwogend alles Athmende verschlingen —</l> <lb n="pgo_170.010"/> <l>Jch achte Nichts mehr — <hi rendition="#g">eh' ich dir entsage,</hi></l> <lb n="pgo_170.011"/> <l>Eh' nahe sich das Ende aller Tage.</l> </lg> <p><lb n="pgo_170.012"/> Jn Massinger's „Herzog von Mailand“ sagt <hi rendition="#g">Sforza,</hi> indem er <lb n="pgo_170.013"/> eine bekannte Hyperbel des Horaz weiter ausführt:</p> <lb n="pgo_170.014"/> <lg> <l>Und mag der Erde Grund zusammenstürzen,</l> <lb n="pgo_170.015"/> <l>Und mag des Himmels glanzvoll Aug' erblinden,</l> <lb n="pgo_170.016"/> <l>So unterstützt, werd' ich auf den Ruinen stehn</l> <lb n="pgo_170.017"/> <l>Und rings ein neues Leben suchen.</l> </lg> <p><lb n="pgo_170.018"/> Und wie <hi rendition="#g">Sforza</hi> die Liebe zu seiner Gattin, auf die er sich stützt, in <lb n="pgo_170.019"/> dieser Hyperbel ausdrückt, so Dunois die Hoheit der Jungfrau:</p> <lb n="pgo_170.020"/> <lg> <l>Denn alle Fürstenthrone, aufeinander</l> <lb n="pgo_170.021"/> <l>Gestellt, bis zu den Sternen fortgebaut,</l> <lb n="pgo_170.022"/> <l>Erreichten nicht die Höhe, wo <hi rendition="#g">sie</hi> steht</l> <lb n="pgo_170.023"/> <l>Jn ihrer Engelsmajestät!</l> </lg> <p><lb n="pgo_170.024"/> Eine ähnliche Wendung der Reflexionshyperbel ist: <hi rendition="#g">mir ist, als ob:</hi></p> <lb n="pgo_170.025"/> <lg> <l> Denn mir ist</l> <lb n="pgo_170.026"/> <l>Als ob der Wüste unmitleid'ge Schaaren,</l> <lb n="pgo_170.027"/> <l>Des Meeres Ungeheuer mich umständen.</l> </lg> <lb n="pgo_170.028"/> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Braut von Messina</hi>.</hi> </p> <p><lb n="pgo_170.029"/> oder die Form des Wunsches:</p> <lb n="pgo_170.030"/> <lg> <l> Daß er noch lebte!</l> <lb n="pgo_170.031"/> <l>Jch gäb' ein Jndien dafür —</l> </lg> <lb n="pgo_170.032"/> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Don Carlos</hi>.</hi> </p> <lb n="pgo_170.033"/> <lg> <l>O ich möchte den Ocean vergiften, daß sie den Tod aus allen</l> <lb n="pgo_170.034"/> <l>Quellen saufen! — — o daß ich durch die ganze Natur das Horn</l> <lb n="pgo_170.035"/> <l>des Aufruhrs blasen könnte, Luft, Erde und Meer wider</l> <lb n="pgo_170.036"/> <l>das Hyänengezücht in das Treffen zu führen!</l> </lg> <lb n="pgo_170.037"/> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Räuber</hi>.</hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0192]
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Hyperbeln aus, in denen ein „wenn“ und „eh“ das übertriebene Bild pgo_170.002
einführt. So wenn Richard II. sagt:
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Die Erde fühlt und diese Steine werden pgo_170.004
Bewehrte Krieger, eh' ihr echter König pgo_170.005
Des Aufruhrs schnöden Waffen unterliegt.
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Mortimer in der „Maria Stuart“ sagt:
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Mag der Welten Band pgo_170.008
Sich lösen, eine zweite Wasserfluth pgo_170.009
Herwogend alles Athmende verschlingen — pgo_170.010
Jch achte Nichts mehr — eh' ich dir entsage, pgo_170.011
Eh' nahe sich das Ende aller Tage.
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Jn Massinger's „Herzog von Mailand“ sagt Sforza, indem er pgo_170.013
eine bekannte Hyperbel des Horaz weiter ausführt:
pgo_170.014
Und mag der Erde Grund zusammenstürzen, pgo_170.015
Und mag des Himmels glanzvoll Aug' erblinden, pgo_170.016
So unterstützt, werd' ich auf den Ruinen stehn pgo_170.017
Und rings ein neues Leben suchen.
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Und wie Sforza die Liebe zu seiner Gattin, auf die er sich stützt, in pgo_170.019
dieser Hyperbel ausdrückt, so Dunois die Hoheit der Jungfrau:
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Denn alle Fürstenthrone, aufeinander pgo_170.021
Gestellt, bis zu den Sternen fortgebaut, pgo_170.022
Erreichten nicht die Höhe, wo sie steht pgo_170.023
Jn ihrer Engelsmajestät!
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Eine ähnliche Wendung der Reflexionshyperbel ist: mir ist, als ob:
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Denn mir ist pgo_170.026
Als ob der Wüste unmitleid'ge Schaaren, pgo_170.027
Des Meeres Ungeheuer mich umständen.
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Braut von Messina.
pgo_170.029
oder die Form des Wunsches:
pgo_170.030
Daß er noch lebte! pgo_170.031
Jch gäb' ein Jndien dafür —
pgo_170.032
Don Carlos.
pgo_170.033
O ich möchte den Ocean vergiften, daß sie den Tod aus allen pgo_170.034
Quellen saufen! — — o daß ich durch die ganze Natur das Horn pgo_170.035
des Aufruhrs blasen könnte, Luft, Erde und Meer wider pgo_170.036
das Hyänengezücht in das Treffen zu führen!
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Räuber.
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