Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.fuhr, zu einem Sterbenden oder einem brennenden Hause "Er sei fertig, sagte er endich, ein bekümmert Weib fuhr, zu einem Sterbenden oder einem brennenden Hauſe „Er ſei fertig, ſagte er endich, ein bekümmert Weib <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0079" n="69"/> fuhr, zu einem Sterbenden oder einem brennenden Hauſe<lb/> oder ſonſt wohin ihn rufe. Als er Hans kommen ſah, er¬<lb/> kannte er den Ruf zum ſchweren Gange, ſchürzte ſein<lb/> Gewand und ſandte Botſchaft ſeinem läutenden Sigriſt,<lb/> daß er ſich ablöſen laſſe am Glockenſtrang und ſich ein¬<lb/> finde zu ſeinem Begleit. Unterdeſſen ſtellte er Hans<lb/> einen Labetrunk vor, ſo wohlthätig nach raſchem Laufe<lb/> in ſchwüler Luft, deſſen Hans nicht bedürftig war;<lb/> der Prieſter ahndete die Tücke des Menſchen nicht.<lb/> Bedächtig labte ſich Hans. Zögernd fand der Sigriſt<lb/> ſich ein, und nahm gerne Theil an dem Tranke, den<lb/> Hans ihm bot. Gerüſtet ſtand vor ihnen der Prieſter,<lb/> verſchmähend jeden Trank, den er zu ſolchem Gang<lb/> und Kampf nicht bedurfte. Er hieß ungerne von der<lb/> Kanne weggehen, die er aufgeſtellt, ungerne verletzte<lb/> er die Rechte des Gaſtes; aber er kannte ein Recht,<lb/> das höher war als das Gaſtrecht, das ſäumige Trin¬<lb/> ken fuhr ihm zornig durch die Glieder.</p><lb/> <p>„Er ſei fertig, ſagte er endich, ein bekümmert Weib<lb/> harre, und über ihm ſei eine grauenvolle Unthat, und<lb/> zwiſchen das Weib und die Unthat müßte er ſtehen<lb/> mit heiligen Waffen, darum ſollten ſie nicht ſäumen,<lb/> ſondern kommen, droben werde wohl noch etwas ſein,<lb/> für den, der den Durſt hier unten nicht gelöſcht. Da<lb/> ſprach Hans, des harrenden Weibes Mann: es eile<lb/> nicht ſo ſehr, bei ſeinem Weibe gehe jede Sache ſchwer.<lb/> Und alſobald flammte ein Blitz in die Stube, daß Alle<lb/> geblendet waren, und ein Donner brach los überm<lb/> Hauſe, daß jeder Pfoſten am Hauſe, jedes Glied im<lb/> Hauſe bebte. Da ſprach der Sigriſt, als er ſeinen<lb/> Segenſpruch vollendet: Hört wie es macht draußen,<lb/> und der Himmel hat ſelbſt beſtätigt, was Hans geſagt,<lb/> daß wir warten ſollen, und was nützte es, wenn wir<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [69/0079]
fuhr, zu einem Sterbenden oder einem brennenden Hauſe
oder ſonſt wohin ihn rufe. Als er Hans kommen ſah, er¬
kannte er den Ruf zum ſchweren Gange, ſchürzte ſein
Gewand und ſandte Botſchaft ſeinem läutenden Sigriſt,
daß er ſich ablöſen laſſe am Glockenſtrang und ſich ein¬
finde zu ſeinem Begleit. Unterdeſſen ſtellte er Hans
einen Labetrunk vor, ſo wohlthätig nach raſchem Laufe
in ſchwüler Luft, deſſen Hans nicht bedürftig war;
der Prieſter ahndete die Tücke des Menſchen nicht.
Bedächtig labte ſich Hans. Zögernd fand der Sigriſt
ſich ein, und nahm gerne Theil an dem Tranke, den
Hans ihm bot. Gerüſtet ſtand vor ihnen der Prieſter,
verſchmähend jeden Trank, den er zu ſolchem Gang
und Kampf nicht bedurfte. Er hieß ungerne von der
Kanne weggehen, die er aufgeſtellt, ungerne verletzte
er die Rechte des Gaſtes; aber er kannte ein Recht,
das höher war als das Gaſtrecht, das ſäumige Trin¬
ken fuhr ihm zornig durch die Glieder.
„Er ſei fertig, ſagte er endich, ein bekümmert Weib
harre, und über ihm ſei eine grauenvolle Unthat, und
zwiſchen das Weib und die Unthat müßte er ſtehen
mit heiligen Waffen, darum ſollten ſie nicht ſäumen,
ſondern kommen, droben werde wohl noch etwas ſein,
für den, der den Durſt hier unten nicht gelöſcht. Da
ſprach Hans, des harrenden Weibes Mann: es eile
nicht ſo ſehr, bei ſeinem Weibe gehe jede Sache ſchwer.
Und alſobald flammte ein Blitz in die Stube, daß Alle
geblendet waren, und ein Donner brach los überm
Hauſe, daß jeder Pfoſten am Hauſe, jedes Glied im
Hauſe bebte. Da ſprach der Sigriſt, als er ſeinen
Segenſpruch vollendet: Hört wie es macht draußen,
und der Himmel hat ſelbſt beſtätigt, was Hans geſagt,
daß wir warten ſollen, und was nützte es, wenn wir
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