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Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.

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zusammenstießen, die Heere der wilden Jäger vorüber¬
sausten; die Pfosten des Hauses wankten, die Balken
bogen sich, Bäume splitterten am Hause, wie Speere
auf einer Ritterbrust. Blaß wurden drinnen die Men¬
schen, Grauen überfiel sie, aber den Rath lösten sie
nicht; bei grauendem Morgen begannen sie seine Aus¬
führung.

"Schön und hell war der Morgen. Gewitter und
Hexenwerk verschwunden, die Aexte hieben noch einmal
so scharf als sonst, der Boden war locker und jede
Buche fiel gerade wie man sie sonst haben wollte, kein
Wagen brach mehr, das Vieh war willig und stark
und die Menschen geschützt vor jedem Unfall, wie durch
unsichtbare Hand. Nur eines war sonderbar. Unterhalb
Sumiswald führte damals noch kein Weg ins hintere
Thal; dort war noch Sumpf, den die zügellose Grüne
bewässerte, man mußte den Stalden auf durchs Dorf
fahren, an der Kirche vorbei.

"Sie fuhren wie an den frühern Tagen immer
drei Züge auf einmal, um einander helfen zu können
mit Rath, Kraft und Vieh, und hatten nun nur durch
Sumiswald zu fahren, außerhalb des Dorfes den Kirch¬
stalden ab, an dem eine kleine Kapelle stand; unterhalb
desselben auf ebenem Wege hatten sie die Buchen ab¬
zulegen. Sobald sie den Stalden auf waren und auf
ebenem Wege gegen die Kirche kamen, so ward das
Gewicht der Wagen nicht leichter, sondern schwerer und
schwerer, sie mußten Thiere vorspannen, so viele sie
deren hatten, mußten unmenschlich auf sie schlagen,
mußten selbst Hand an die Speichen legen, dazu scheu¬
ten die sanftesten Rosse, als ob etwas Unsichtbares vom
Kirchhofe her ihnen im Wege stehe, und ein dumpfer
Glockenton, fast wie der verirrte Schall einer fernen

zuſammenſtießen, die Heere der wilden Jäger vorüber¬
ſausten; die Pfoſten des Hauſes wankten, die Balken
bogen ſich, Bäume ſplitterten am Hauſe, wie Speere
auf einer Ritterbruſt. Blaß wurden drinnen die Men¬
ſchen, Grauen überfiel ſie, aber den Rath löſten ſie
nicht; bei grauendem Morgen begannen ſie ſeine Aus¬
führung.

„Schön und hell war der Morgen. Gewitter und
Hexenwerk verſchwunden, die Aexte hieben noch einmal
ſo ſcharf als ſonſt, der Boden war locker und jede
Buche fiel gerade wie man ſie ſonſt haben wollte, kein
Wagen brach mehr, das Vieh war willig und ſtark
und die Menſchen geſchützt vor jedem Unfall, wie durch
unſichtbare Hand. Nur eines war ſonderbar. Unterhalb
Sumiswald führte damals noch kein Weg ins hintere
Thal; dort war noch Sumpf, den die zügelloſe Grüne
bewäſſerte, man mußte den Stalden auf durchs Dorf
fahren, an der Kirche vorbei.

„Sie fuhren wie an den frühern Tagen immer
drei Züge auf einmal, um einander helfen zu können
mit Rath, Kraft und Vieh, und hatten nun nur durch
Sumiswald zu fahren, außerhalb des Dorfes den Kirch¬
ſtalden ab, an dem eine kleine Kapelle ſtand; unterhalb
deſſelben auf ebenem Wege hatten ſie die Buchen ab¬
zulegen. Sobald ſie den Stalden auf waren und auf
ebenem Wege gegen die Kirche kamen, ſo ward das
Gewicht der Wagen nicht leichter, ſondern ſchwerer und
ſchwerer, ſie mußten Thiere vorſpannen, ſo viele ſie
deren hatten, mußten unmenſchlich auf ſie ſchlagen,
mußten ſelbſt Hand an die Speichen legen, dazu ſcheu¬
ten die ſanfteſten Roſſe, als ob etwas Unſichtbares vom
Kirchhofe her ihnen im Wege ſtehe, und ein dumpfer
Glockenton, faſt wie der verirrte Schall einer fernen

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[47/0057] zuſammenſtießen, die Heere der wilden Jäger vorüber¬ ſausten; die Pfoſten des Hauſes wankten, die Balken bogen ſich, Bäume ſplitterten am Hauſe, wie Speere auf einer Ritterbruſt. Blaß wurden drinnen die Men¬ ſchen, Grauen überfiel ſie, aber den Rath löſten ſie nicht; bei grauendem Morgen begannen ſie ſeine Aus¬ führung. „Schön und hell war der Morgen. Gewitter und Hexenwerk verſchwunden, die Aexte hieben noch einmal ſo ſcharf als ſonſt, der Boden war locker und jede Buche fiel gerade wie man ſie ſonſt haben wollte, kein Wagen brach mehr, das Vieh war willig und ſtark und die Menſchen geſchützt vor jedem Unfall, wie durch unſichtbare Hand. Nur eines war ſonderbar. Unterhalb Sumiswald führte damals noch kein Weg ins hintere Thal; dort war noch Sumpf, den die zügelloſe Grüne bewäſſerte, man mußte den Stalden auf durchs Dorf fahren, an der Kirche vorbei. „Sie fuhren wie an den frühern Tagen immer drei Züge auf einmal, um einander helfen zu können mit Rath, Kraft und Vieh, und hatten nun nur durch Sumiswald zu fahren, außerhalb des Dorfes den Kirch¬ ſtalden ab, an dem eine kleine Kapelle ſtand; unterhalb deſſelben auf ebenem Wege hatten ſie die Buchen ab¬ zulegen. Sobald ſie den Stalden auf waren und auf ebenem Wege gegen die Kirche kamen, ſo ward das Gewicht der Wagen nicht leichter, ſondern ſchwerer und ſchwerer, ſie mußten Thiere vorſpannen, ſo viele ſie deren hatten, mußten unmenſchlich auf ſie ſchlagen, mußten ſelbſt Hand an die Speichen legen, dazu ſcheu¬ ten die ſanfteſten Roſſe, als ob etwas Unſichtbares vom Kirchhofe her ihnen im Wege ſtehe, und ein dumpfer Glockenton, faſt wie der verirrte Schall einer fernen

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/57>, abgerufen am 22.11.2024.