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Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.

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führen; allein der ist einsylbig und läßt den angespon¬
nenen Faden immer wieder fallen. Vielleicht hat er
seine eigenen Gedanken, wie jeder Vater sie haben sollte,
wenn man ihm ein Kind zur Taufe trägt, und nament¬
lich das erste Bübchen. Je näher man der Kirche kam,
desto mehr Leute schlossen dem Zuge sich an, die Einen
warteten schon mit den Psalmenbüchern in der Hand
am Wege, andere sprangen eiliger die engen Fußwege
hinunter, und einer großen Prozession ähnlich, rückten
sie ins Dorf.

Zunächst der Kirche stand das Wirthshaus, zwei Häu¬
ser, die so oft in naher Beziehung stehen und Freud und
Leid mit einander theilen und zwar in allen Ehren. Dort
stellte man ab, machte das Bübchen trocken und der Kind¬
bettimann bestellte eine Maaß, wie sehr auch alle ein¬
redeten: er solle doch das nicht machen, sie hätten ja
erst gehabt was das Herz verlangt und möchten weder
Dickes noch Dünnes. Indessen als der Wein einmal
da war, tranken doch alle, vornehmlich die Jungfrau;
die wird gedacht haben, sie müsse Wein trinken, wenn
Jemand ihr Wein geben wolle und das geschehe durch
ein langes Jahr durch nicht manchmal. Nur die Gotte
war zu keinem Tropfen zu bewegen, trotz allem Zureden,
das kein Ende nehmen wollte, bis die Wirthin sagte:
Man solle doch nachlassen mit dem Nöthigen, das Mäd¬
chen werde ja zusehens blässer und Hoffmannstropfen
thäten ihm nöther als Wein. Aber die Gotte wollte
deren auch nicht, wollte kaum ein Glas bloßes Wasser,
mußte sich endlich einige Tropfen aus einem Riechfläsch¬
chen aufs Nastuch schütten lassen, zog unschuldigerweise
manchen verdächtigen Blick sich zu und konnte sich nicht
rechtfertigen, konnte sich nicht helfen lassen. An grä߬
licher Angst litt die Gotte und durfte sie nicht merken

führen; allein der iſt einſylbig und läßt den angeſpon¬
nenen Faden immer wieder fallen. Vielleicht hat er
ſeine eigenen Gedanken, wie jeder Vater ſie haben ſollte,
wenn man ihm ein Kind zur Taufe trägt, und nament¬
lich das erſte Bübchen. Je näher man der Kirche kam,
deſto mehr Leute ſchloſſen dem Zuge ſich an, die Einen
warteten ſchon mit den Pſalmenbüchern in der Hand
am Wege, andere ſprangen eiliger die engen Fußwege
hinunter, und einer großen Prozeſſion ähnlich, rückten
ſie ins Dorf.

Zunächſt der Kirche ſtand das Wirthshaus, zwei Häu¬
ſer, die ſo oft in naher Beziehung ſtehen und Freud und
Leid mit einander theilen und zwar in allen Ehren. Dort
ſtellte man ab, machte das Bübchen trocken und der Kind¬
bettimann beſtellte eine Maaß, wie ſehr auch alle ein¬
redeten: er ſolle doch das nicht machen, ſie hätten ja
erſt gehabt was das Herz verlangt und möchten weder
Dickes noch Dünnes. Indeſſen als der Wein einmal
da war, tranken doch alle, vornehmlich die Jungfrau;
die wird gedacht haben, ſie müſſe Wein trinken, wenn
Jemand ihr Wein geben wolle und das geſchehe durch
ein langes Jahr durch nicht manchmal. Nur die Gotte
war zu keinem Tropfen zu bewegen, trotz allem Zureden,
das kein Ende nehmen wollte, bis die Wirthin ſagte:
Man ſolle doch nachlaſſen mit dem Nöthigen, das Mäd¬
chen werde ja zuſehens bläſſer und Hoffmannstropfen
thäten ihm nöther als Wein. Aber die Gotte wollte
deren auch nicht, wollte kaum ein Glas bloßes Waſſer,
mußte ſich endlich einige Tropfen aus einem Riechfläſch¬
chen aufs Nastuch ſchütten laſſen, zog unſchuldigerweiſe
manchen verdächtigen Blick ſich zu und konnte ſich nicht
rechtfertigen, konnte ſich nicht helfen laſſen. An grä߬
licher Angſt litt die Gotte und durfte ſie nicht merken

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[15/0025] führen; allein der iſt einſylbig und läßt den angeſpon¬ nenen Faden immer wieder fallen. Vielleicht hat er ſeine eigenen Gedanken, wie jeder Vater ſie haben ſollte, wenn man ihm ein Kind zur Taufe trägt, und nament¬ lich das erſte Bübchen. Je näher man der Kirche kam, deſto mehr Leute ſchloſſen dem Zuge ſich an, die Einen warteten ſchon mit den Pſalmenbüchern in der Hand am Wege, andere ſprangen eiliger die engen Fußwege hinunter, und einer großen Prozeſſion ähnlich, rückten ſie ins Dorf. Zunächſt der Kirche ſtand das Wirthshaus, zwei Häu¬ ſer, die ſo oft in naher Beziehung ſtehen und Freud und Leid mit einander theilen und zwar in allen Ehren. Dort ſtellte man ab, machte das Bübchen trocken und der Kind¬ bettimann beſtellte eine Maaß, wie ſehr auch alle ein¬ redeten: er ſolle doch das nicht machen, ſie hätten ja erſt gehabt was das Herz verlangt und möchten weder Dickes noch Dünnes. Indeſſen als der Wein einmal da war, tranken doch alle, vornehmlich die Jungfrau; die wird gedacht haben, ſie müſſe Wein trinken, wenn Jemand ihr Wein geben wolle und das geſchehe durch ein langes Jahr durch nicht manchmal. Nur die Gotte war zu keinem Tropfen zu bewegen, trotz allem Zureden, das kein Ende nehmen wollte, bis die Wirthin ſagte: Man ſolle doch nachlaſſen mit dem Nöthigen, das Mäd¬ chen werde ja zuſehens bläſſer und Hoffmannstropfen thäten ihm nöther als Wein. Aber die Gotte wollte deren auch nicht, wollte kaum ein Glas bloßes Waſſer, mußte ſich endlich einige Tropfen aus einem Riechfläſch¬ chen aufs Nastuch ſchütten laſſen, zog unſchuldigerweiſe manchen verdächtigen Blick ſich zu und konnte ſich nicht rechtfertigen, konnte ſich nicht helfen laſſen. An grä߬ licher Angſt litt die Gotte und durfte ſie nicht merken

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/25>, abgerufen am 24.11.2024.