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Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.

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dumpfer Donnerlaut drang zuweilen ins untere Thal,
aber man achtete sich dessen kaum, weil es zu gewöhn¬
lich war. Dunkler ward der Himmel, kleine Tropfen
fielen spärlich, dann strich ein schöner Regen übers
Land, und ihre Tabakspfeifen rüsteten gelassen die Män¬
ner, dem sonntäglichen Schoppen nachzugehen. Aber
wenn der Mensch wüßte zu jeder Stunde, wie es an¬
dern Menschen wäre zur selben Stunde, selten wäre
ihm eine glückliche Stunde vergönnt.

Da donnert es auf einmal so schrecklich und seltsam
von den Bergen her ins friedliche sonntägliche Gelände,
näher und immer näher, ein bleicher Schreck legte
sich über die Gesichter der Menschen; die Meisten kann¬
ten diesen Donner nicht, der so schrecklich näher und
näher donnerte.

Nur die Alten kannten ihn, denn er wird gar sel¬
ten gehört, und als sie ihn nannten, als sie sagten,
das sei der Emme Gebrüll, wie man es in einem Jahr¬
hundert selten zweimal höre, und seit dem Jahre 1764
nicht mehr vernommen; da stürzte die Menge dem Ufer,
der Brücke zu.

Noch floß trüb und matt der Strom unter der Brücke,
aber Windstöße strichen über dieselbe und näher und
näher wälzte der Donner sich. Lebendig, schwarz ward
es weit oben auf dem Bette der Emme, ein schauerlich
Gewimmel rollte heran, ein ungeheurer Leib, dessen
tausend Glieder sich durcheinander wanden, über ein¬
ander fuhren, in einander sich schlangen und bargen.
Der Druck der Luft, der schwere mit Mergel gesättigte
Strom trieb vor sich her rollend, polternd eine Masse
leichten Holzes. Es war als hätte er mit demselben
seine Stirne gewappnet zu desto wilderem Anlauf. Es
war aber ein entsetzlich Schauen, wie dieser Holzstoß,

dumpfer Donnerlaut drang zuweilen ins untere Thal,
aber man achtete ſich deſſen kaum, weil es zu gewöhn¬
lich war. Dunkler ward der Himmel, kleine Tropfen
fielen ſpärlich, dann ſtrich ein ſchöner Regen übers
Land, und ihre Tabakspfeifen rüſteten gelaſſen die Män¬
ner, dem ſonntäglichen Schoppen nachzugehen. Aber
wenn der Menſch wüßte zu jeder Stunde, wie es an¬
dern Menſchen wäre zur ſelben Stunde, ſelten wäre
ihm eine glückliche Stunde vergönnt.

Da donnert es auf einmal ſo ſchrecklich und ſeltſam
von den Bergen her ins friedliche ſonntägliche Gelände,
näher und immer näher, ein bleicher Schreck legte
ſich über die Geſichter der Menſchen; die Meiſten kann¬
ten dieſen Donner nicht, der ſo ſchrecklich näher und
näher donnerte.

Nur die Alten kannten ihn, denn er wird gar ſel¬
ten gehört, und als ſie ihn nannten, als ſie ſagten,
das ſei der Emme Gebrüll, wie man es in einem Jahr¬
hundert ſelten zweimal höre, und ſeit dem Jahre 1764
nicht mehr vernommen; da ſtürzte die Menge dem Ufer,
der Brücke zu.

Noch floß trüb und matt der Strom unter der Brücke,
aber Windſtöße ſtrichen über dieſelbe und näher und
näher wälzte der Donner ſich. Lebendig, ſchwarz ward
es weit oben auf dem Bette der Emme, ein ſchauerlich
Gewimmel rollte heran, ein ungeheurer Leib, deſſen
tauſend Glieder ſich durcheinander wanden, über ein¬
ander fuhren, in einander ſich ſchlangen und bargen.
Der Druck der Luft, der ſchwere mit Mergel geſättigte
Strom trieb vor ſich her rollend, polternd eine Maſſe
leichten Holzes. Es war als hätte er mit demſelben
ſeine Stirne gewappnet zu deſto wilderem Anlauf. Es
war aber ein entſetzlich Schauen, wie dieſer Holzſtoß,

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[118/0128] dumpfer Donnerlaut drang zuweilen ins untere Thal, aber man achtete ſich deſſen kaum, weil es zu gewöhn¬ lich war. Dunkler ward der Himmel, kleine Tropfen fielen ſpärlich, dann ſtrich ein ſchöner Regen übers Land, und ihre Tabakspfeifen rüſteten gelaſſen die Män¬ ner, dem ſonntäglichen Schoppen nachzugehen. Aber wenn der Menſch wüßte zu jeder Stunde, wie es an¬ dern Menſchen wäre zur ſelben Stunde, ſelten wäre ihm eine glückliche Stunde vergönnt. Da donnert es auf einmal ſo ſchrecklich und ſeltſam von den Bergen her ins friedliche ſonntägliche Gelände, näher und immer näher, ein bleicher Schreck legte ſich über die Geſichter der Menſchen; die Meiſten kann¬ ten dieſen Donner nicht, der ſo ſchrecklich näher und näher donnerte. Nur die Alten kannten ihn, denn er wird gar ſel¬ ten gehört, und als ſie ihn nannten, als ſie ſagten, das ſei der Emme Gebrüll, wie man es in einem Jahr¬ hundert ſelten zweimal höre, und ſeit dem Jahre 1764 nicht mehr vernommen; da ſtürzte die Menge dem Ufer, der Brücke zu. Noch floß trüb und matt der Strom unter der Brücke, aber Windſtöße ſtrichen über dieſelbe und näher und näher wälzte der Donner ſich. Lebendig, ſchwarz ward es weit oben auf dem Bette der Emme, ein ſchauerlich Gewimmel rollte heran, ein ungeheurer Leib, deſſen tauſend Glieder ſich durcheinander wanden, über ein¬ ander fuhren, in einander ſich ſchlangen und bargen. Der Druck der Luft, der ſchwere mit Mergel geſättigte Strom trieb vor ſich her rollend, polternd eine Maſſe leichten Holzes. Es war als hätte er mit demſelben ſeine Stirne gewappnet zu deſto wilderem Anlauf. Es war aber ein entſetzlich Schauen, wie dieſer Holzſtoß,

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/128>, abgerufen am 22.11.2024.