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Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.

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dem Gesinde überlassen, das ihrer Hoffart oft im Wege
war, so wurden sie räthig.

"Christen that es sehr ungern, er wußte, was die
alte Großmutter gesagt, und glaubte, daß der Fami¬
liensegen an das Familienhaus geknüpfet sei, und vor
der Spinne fürchtete er sich nicht, und wenn er hier
oben am Tische saß, so schien es ihm, er könne am
andächtigsten beten. Er sagte, wie er es meinte, aber
seine Weiber hießen ihn schweigen; und weil er ihr
Knecht war, so schwieg er auch, weinte aber oft bit¬
terlich, wenn sie es nicht sahen.

"Dort oberhalb des Baumes, unter welchem wir
gesessen, sollte ein Haus gebaut werden, wie keiner
eines hätte in der ganzen Gegend.

"In hoffärtiger Ungeduld, weil sie keinen Verstand
vom Bauen hatten und nicht warten mochten, bis sie
mit dem neuen Hause hochmüthig thun konnten, plag¬
ten sie beim Bauen Gesinde und Vieh übel, schonten
selbst die heiligen Feiertage nicht, und gönnten ihnen
auch des Nachts nicht Ruhe, und kein Nachbar war,
der ihnen helfen konnte, daß sie zufrieden waren, dem
sie nicht Böses nach gewünscht, wenn er nach unent¬
geltlicher Hülfe, wie man sie schon damals einander
leistete, wieder heim ging, um auch zu seiner Sache
zu sehen.

"Als man aufrichtete und den ersten Zapfen in
die Schwelle schlug, so rauchte es aus dem Loche
herauf, wie nasses Stroh, wenn man es anbrennen
will; da schüttelten die Werkleute bedenklich die Köpfe,
und sagten es heimlich und laut, daß der neue Bau
nicht alt werden werde, aber die Weiber lachten darü¬
ber, und achteten des Zeichens sich nicht. Als endlich
das Haus erbaut war, zogen sie hinüber, richteten sich

dem Geſinde überlaſſen, das ihrer Hoffart oft im Wege
war, ſo wurden ſie räthig.

„Chriſten that es ſehr ungern, er wußte, was die
alte Großmutter geſagt, und glaubte, daß der Fami¬
lienſegen an das Familienhaus geknüpfet ſei, und vor
der Spinne fürchtete er ſich nicht, und wenn er hier
oben am Tiſche ſaß, ſo ſchien es ihm, er könne am
andächtigſten beten. Er ſagte, wie er es meinte, aber
ſeine Weiber hießen ihn ſchweigen; und weil er ihr
Knecht war, ſo ſchwieg er auch, weinte aber oft bit¬
terlich, wenn ſie es nicht ſahen.

„Dort oberhalb des Baumes, unter welchem wir
geſeſſen, ſollte ein Haus gebaut werden, wie keiner
eines hätte in der ganzen Gegend.

„In hoffärtiger Ungeduld, weil ſie keinen Verſtand
vom Bauen hatten und nicht warten mochten, bis ſie
mit dem neuen Hauſe hochmüthig thun konnten, plag¬
ten ſie beim Bauen Geſinde und Vieh übel, ſchonten
ſelbſt die heiligen Feiertage nicht, und gönnten ihnen
auch des Nachts nicht Ruhe, und kein Nachbar war,
der ihnen helfen konnte, daß ſie zufrieden waren, dem
ſie nicht Böſes nach gewünſcht, wenn er nach unent¬
geltlicher Hülfe, wie man ſie ſchon damals einander
leiſtete, wieder heim ging, um auch zu ſeiner Sache
zu ſehen.

„Als man aufrichtete und den erſten Zapfen in
die Schwelle ſchlug, ſo rauchte es aus dem Loche
herauf, wie naſſes Stroh, wenn man es anbrennen
will; da ſchüttelten die Werkleute bedenklich die Köpfe,
und ſagten es heimlich und laut, daß der neue Bau
nicht alt werden werde, aber die Weiber lachten darü¬
ber, und achteten des Zeichens ſich nicht. Als endlich
das Haus erbaut war, zogen ſie hinüber, richteten ſich

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[94/0104] dem Geſinde überlaſſen, das ihrer Hoffart oft im Wege war, ſo wurden ſie räthig. „Chriſten that es ſehr ungern, er wußte, was die alte Großmutter geſagt, und glaubte, daß der Fami¬ lienſegen an das Familienhaus geknüpfet ſei, und vor der Spinne fürchtete er ſich nicht, und wenn er hier oben am Tiſche ſaß, ſo ſchien es ihm, er könne am andächtigſten beten. Er ſagte, wie er es meinte, aber ſeine Weiber hießen ihn ſchweigen; und weil er ihr Knecht war, ſo ſchwieg er auch, weinte aber oft bit¬ terlich, wenn ſie es nicht ſahen. „Dort oberhalb des Baumes, unter welchem wir geſeſſen, ſollte ein Haus gebaut werden, wie keiner eines hätte in der ganzen Gegend. „In hoffärtiger Ungeduld, weil ſie keinen Verſtand vom Bauen hatten und nicht warten mochten, bis ſie mit dem neuen Hauſe hochmüthig thun konnten, plag¬ ten ſie beim Bauen Geſinde und Vieh übel, ſchonten ſelbſt die heiligen Feiertage nicht, und gönnten ihnen auch des Nachts nicht Ruhe, und kein Nachbar war, der ihnen helfen konnte, daß ſie zufrieden waren, dem ſie nicht Böſes nach gewünſcht, wenn er nach unent¬ geltlicher Hülfe, wie man ſie ſchon damals einander leiſtete, wieder heim ging, um auch zu ſeiner Sache zu ſehen. „Als man aufrichtete und den erſten Zapfen in die Schwelle ſchlug, ſo rauchte es aus dem Loche herauf, wie naſſes Stroh, wenn man es anbrennen will; da ſchüttelten die Werkleute bedenklich die Köpfe, und ſagten es heimlich und laut, daß der neue Bau nicht alt werden werde, aber die Weiber lachten darü¬ ber, und achteten des Zeichens ſich nicht. Als endlich das Haus erbaut war, zogen ſie hinüber, richteten ſich

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/104>, abgerufen am 25.11.2024.