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Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Herzogenbuchsee segneten die Beiden ein, sobald der Junker wollte, und aus den gefüllten Schränken nahm man einen Rock von Großmutter oder Urgroßmutter, welcher am Besten paßte, steckte die Agnes hinein, hing ihr einiges Goldzeug um, und die Braut war fix und fertig geschmückt und schrecklich glücklich in solchem Glanze. Ja damals ging es noch einfach zu! Ein Einziges war dem Junker dabei nicht recht; eine Hochzeit ohne Hochzeitsfest, eine Hochzeit so gleichsam unter der Hand, bei welcher man den Jubel nicht zehn Stunden in der Runde hörte, nicht eine Stunde in der Runde alle Wege mit Glücklichen besäet fand, welche in seligen Traumen ihr Räuschchen verschliefen und der Stunde der Auferstehung harrten, wo in die Beine wieder Kraft kam, den Leib zu tragen, eine so stille Hochzeit war unerhört, erschien ihm fast wie gottloser Gräuel; aber was sollte er mit der Brigitte anfangen, die herumfuhr wie eine eingeschlossene Hornisse an den Fenstern; wäre es ein stiller Jammer gewesen, verbunden mit etwelchem Seufzen und Stöhnen, mit welchem sie behaftet gewesen, so hätte sich das Ding Wohl machen lassen; in einem Hinterstübchen hätte sie ihr Weh verbergen können, aber Brigitte hatte kein stilles Weh und ließ sich nicht einschließen; sie wäre unter den Gästen herumgefahren wie eine wüthende Katze, welcher man feurigen Schwamm unter den Schwanz gebunden. Bei einer splendiden Hochzeitsfeier hätte auch die Ueberraschung der Frau Grimhilde,

Herzogenbuchsee segneten die Beiden ein, sobald der Junker wollte, und aus den gefüllten Schränken nahm man einen Rock von Großmutter oder Urgroßmutter, welcher am Besten paßte, steckte die Agnes hinein, hing ihr einiges Goldzeug um, und die Braut war fix und fertig geschmückt und schrecklich glücklich in solchem Glanze. Ja damals ging es noch einfach zu! Ein Einziges war dem Junker dabei nicht recht; eine Hochzeit ohne Hochzeitsfest, eine Hochzeit so gleichsam unter der Hand, bei welcher man den Jubel nicht zehn Stunden in der Runde hörte, nicht eine Stunde in der Runde alle Wege mit Glücklichen besäet fand, welche in seligen Traumen ihr Räuschchen verschliefen und der Stunde der Auferstehung harrten, wo in die Beine wieder Kraft kam, den Leib zu tragen, eine so stille Hochzeit war unerhört, erschien ihm fast wie gottloser Gräuel; aber was sollte er mit der Brigitte anfangen, die herumfuhr wie eine eingeschlossene Hornisse an den Fenstern; wäre es ein stiller Jammer gewesen, verbunden mit etwelchem Seufzen und Stöhnen, mit welchem sie behaftet gewesen, so hätte sich das Ding Wohl machen lassen; in einem Hinterstübchen hätte sie ihr Weh verbergen können, aber Brigitte hatte kein stilles Weh und ließ sich nicht einschließen; sie wäre unter den Gästen herumgefahren wie eine wüthende Katze, welcher man feurigen Schwamm unter den Schwanz gebunden. Bei einer splendiden Hochzeitsfeier hätte auch die Ueberraschung der Frau Grimhilde,

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[0095] Herzogenbuchsee segneten die Beiden ein, sobald der Junker wollte, und aus den gefüllten Schränken nahm man einen Rock von Großmutter oder Urgroßmutter, welcher am Besten paßte, steckte die Agnes hinein, hing ihr einiges Goldzeug um, und die Braut war fix und fertig geschmückt und schrecklich glücklich in solchem Glanze. Ja damals ging es noch einfach zu! Ein Einziges war dem Junker dabei nicht recht; eine Hochzeit ohne Hochzeitsfest, eine Hochzeit so gleichsam unter der Hand, bei welcher man den Jubel nicht zehn Stunden in der Runde hörte, nicht eine Stunde in der Runde alle Wege mit Glücklichen besäet fand, welche in seligen Traumen ihr Räuschchen verschliefen und der Stunde der Auferstehung harrten, wo in die Beine wieder Kraft kam, den Leib zu tragen, eine so stille Hochzeit war unerhört, erschien ihm fast wie gottloser Gräuel; aber was sollte er mit der Brigitte anfangen, die herumfuhr wie eine eingeschlossene Hornisse an den Fenstern; wäre es ein stiller Jammer gewesen, verbunden mit etwelchem Seufzen und Stöhnen, mit welchem sie behaftet gewesen, so hätte sich das Ding Wohl machen lassen; in einem Hinterstübchen hätte sie ihr Weh verbergen können, aber Brigitte hatte kein stilles Weh und ließ sich nicht einschließen; sie wäre unter den Gästen herumgefahren wie eine wüthende Katze, welcher man feurigen Schwamm unter den Schwanz gebunden. Bei einer splendiden Hochzeitsfeier hätte auch die Ueberraschung der Frau Grimhilde,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:57:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:57:28Z)

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/95>, abgerufen am 02.05.2024.