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Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Jemand anders sahen als ihren alten Vater, einige säbelbeinige Knechte, dicke Mönche von Herzogenbuchsee, den Junker von Seeberg und seine rauhen Töchter, todte Hirsche und Wildschweine, war das Bringen eines ohnmächtigen Junkers ein Ereigniß. Geschniegelt und geschleckt war Kurt nicht, aber die Mädchen wußten auch nicht, was das war. Kurt war zum mächtigen Burschen herangereift, den man fast für einen Mann nehmen konnte; er hatte im Gesicht das Wilde und Trotzige, welches Jünglingen wohl ansteht und welches Mädchen mehr anzieht als der Magnet das Eisen, welches sie dagegen am Manne so schlecht leiden mögen und welches sich bei demselben allerdings verlieren und in ruhiges Selbstbewußtsein übergehen muß, wenn es dem Manne fürder wohl stehen soll. Das Wilde und Trotzige steht nämlich dem gereiften Manne grundschlecht, weil es von einer Gemüthsbeschaffenheit zeugt, welche schlechte Früchte tragen, irgendwie ausarten wird.

Wenn drei schöne rasche Mädchen einen Jüngling pflegen, so muß es schlecht mit ihm stehen, wenn er sich nicht erholt und gesünder wird, als er je war, wenn nämlich nicht eine andere Krankheit über ihn kommt. Im ersten Augenblick, als er die Augen aufschlug, da entfuhr allen Dreien ein halber Gix und fast wären sie davon geflohen wie Rehe, wenn ein Jäger das Feld betritt, auf welchem sie weiden. Indessen Rehe und Hasen machen wohl eine rasche

Jemand anders sahen als ihren alten Vater, einige säbelbeinige Knechte, dicke Mönche von Herzogenbuchsee, den Junker von Seeberg und seine rauhen Töchter, todte Hirsche und Wildschweine, war das Bringen eines ohnmächtigen Junkers ein Ereigniß. Geschniegelt und geschleckt war Kurt nicht, aber die Mädchen wußten auch nicht, was das war. Kurt war zum mächtigen Burschen herangereift, den man fast für einen Mann nehmen konnte; er hatte im Gesicht das Wilde und Trotzige, welches Jünglingen wohl ansteht und welches Mädchen mehr anzieht als der Magnet das Eisen, welches sie dagegen am Manne so schlecht leiden mögen und welches sich bei demselben allerdings verlieren und in ruhiges Selbstbewußtsein übergehen muß, wenn es dem Manne fürder wohl stehen soll. Das Wilde und Trotzige steht nämlich dem gereiften Manne grundschlecht, weil es von einer Gemüthsbeschaffenheit zeugt, welche schlechte Früchte tragen, irgendwie ausarten wird.

Wenn drei schöne rasche Mädchen einen Jüngling pflegen, so muß es schlecht mit ihm stehen, wenn er sich nicht erholt und gesünder wird, als er je war, wenn nämlich nicht eine andere Krankheit über ihn kommt. Im ersten Augenblick, als er die Augen aufschlug, da entfuhr allen Dreien ein halber Gix und fast wären sie davon geflohen wie Rehe, wenn ein Jäger das Feld betritt, auf welchem sie weiden. Indessen Rehe und Hasen machen wohl eine rasche

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:57:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/82>, abgerufen am 23.11.2024.