Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

dunkel ward, schlüpften Dirnen herbei, hinter ihnen her der Bangah und hinter dem Bangah eine ansehnliche Portion Wein, um welche er des Pfaffen Köchin zu Kriegstetten erleichtert hatte. Nun kam Feuer ins Pulverfaß. Wegen Kurt's Unliebenswürdigkeit und anfechtigem Wesen, und weil am Ende Gleiches und Gleiches zusammenhält, die Niederen nicht ungern die Gelegenheit ergreifen, sich zusammenzuthun gegen einen Höheren, wenn auch nur für Augenblicke, waren Alle gegen ihn, erst mit Worten, dann handgreiflich, bis Kurt das Bewußtsein schwand. Als er wieder zu sich selbst kam, war es Tag, einsam um ihn, er wußte lange nicht, war er auf Erden oder des Teufels. Ganz natürlich schienen ihm Busch und Bäume, aber Kopf und Glieder brannten ihm, mit dem Feuer, mit welchem nach dem Glauben, welchen Kurt oft verlacht, der Teufel die ihm Zugefallenen brennen soll. Curios dünkte ihm, daß er einsam sei. Wär's die Hölle, dachte er, müßten Viele da sein, der Bangah namentlich, ein viel gräulicherer Sünder als er. Da kam es ihm endlich, daß er noch im Subiger Walde sei, aber zum Tode matt, und daß Wunden ihn brannten, als wäre höllisches Feuer betritt. Nach und nach kam ihm das Gedächtniß wieder; neu loderte in ihm der Zorn auf, ein Glück war's, daß er an Niemand ihn auslassen konnte, aber für immer schwur er der alten Gesellschaft ab, schwur ihr Rache nach seinen Kräften. Der Durst trieb ihn auf, mühsam schleppte er sich zu

dunkel ward, schlüpften Dirnen herbei, hinter ihnen her der Bangah und hinter dem Bangah eine ansehnliche Portion Wein, um welche er des Pfaffen Köchin zu Kriegstetten erleichtert hatte. Nun kam Feuer ins Pulverfaß. Wegen Kurt's Unliebenswürdigkeit und anfechtigem Wesen, und weil am Ende Gleiches und Gleiches zusammenhält, die Niederen nicht ungern die Gelegenheit ergreifen, sich zusammenzuthun gegen einen Höheren, wenn auch nur für Augenblicke, waren Alle gegen ihn, erst mit Worten, dann handgreiflich, bis Kurt das Bewußtsein schwand. Als er wieder zu sich selbst kam, war es Tag, einsam um ihn, er wußte lange nicht, war er auf Erden oder des Teufels. Ganz natürlich schienen ihm Busch und Bäume, aber Kopf und Glieder brannten ihm, mit dem Feuer, mit welchem nach dem Glauben, welchen Kurt oft verlacht, der Teufel die ihm Zugefallenen brennen soll. Curios dünkte ihm, daß er einsam sei. Wär's die Hölle, dachte er, müßten Viele da sein, der Bangah namentlich, ein viel gräulicherer Sünder als er. Da kam es ihm endlich, daß er noch im Subiger Walde sei, aber zum Tode matt, und daß Wunden ihn brannten, als wäre höllisches Feuer betritt. Nach und nach kam ihm das Gedächtniß wieder; neu loderte in ihm der Zorn auf, ein Glück war's, daß er an Niemand ihn auslassen konnte, aber für immer schwur er der alten Gesellschaft ab, schwur ihr Rache nach seinen Kräften. Der Durst trieb ihn auf, mühsam schleppte er sich zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="0">
        <p><pb facs="#f0024"/>
dunkel ward, schlüpften Dirnen                     herbei, hinter ihnen her der Bangah und hinter dem Bangah eine ansehnliche                     Portion Wein, um welche er des Pfaffen Köchin zu Kriegstetten erleichtert hatte.                     Nun kam Feuer ins Pulverfaß. Wegen Kurt's Unliebenswürdigkeit und anfechtigem                     Wesen, und weil am Ende Gleiches und Gleiches zusammenhält, die Niederen nicht                     ungern die Gelegenheit ergreifen, sich zusammenzuthun gegen einen Höheren, wenn                     auch nur für Augenblicke, waren Alle gegen ihn, erst mit Worten, dann                     handgreiflich, bis Kurt das Bewußtsein schwand. Als er wieder zu sich selbst                     kam, war es Tag, einsam um ihn, er wußte lange nicht, war er auf Erden oder des                     Teufels. Ganz natürlich schienen ihm Busch und Bäume, aber Kopf und Glieder                     brannten ihm, mit dem Feuer, mit welchem nach dem Glauben, welchen Kurt oft                     verlacht, der Teufel die ihm Zugefallenen brennen soll. Curios dünkte ihm, daß                     er einsam sei. Wär's die Hölle, dachte er, müßten Viele da sein, der Bangah                     namentlich, ein viel gräulicherer Sünder als er. Da kam es ihm endlich, daß er                     noch im Subiger Walde sei, aber zum Tode matt, und daß Wunden ihn brannten, als                     wäre höllisches Feuer betritt. Nach und nach kam ihm das Gedächtniß wieder; neu                     loderte in ihm der Zorn auf, ein Glück war's, daß er an Niemand ihn auslassen                     konnte, aber für immer schwur er der alten Gesellschaft ab, schwur ihr Rache                     nach seinen Kräften. Der Durst trieb ihn auf, mühsam schleppte er sich zu<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0024] dunkel ward, schlüpften Dirnen herbei, hinter ihnen her der Bangah und hinter dem Bangah eine ansehnliche Portion Wein, um welche er des Pfaffen Köchin zu Kriegstetten erleichtert hatte. Nun kam Feuer ins Pulverfaß. Wegen Kurt's Unliebenswürdigkeit und anfechtigem Wesen, und weil am Ende Gleiches und Gleiches zusammenhält, die Niederen nicht ungern die Gelegenheit ergreifen, sich zusammenzuthun gegen einen Höheren, wenn auch nur für Augenblicke, waren Alle gegen ihn, erst mit Worten, dann handgreiflich, bis Kurt das Bewußtsein schwand. Als er wieder zu sich selbst kam, war es Tag, einsam um ihn, er wußte lange nicht, war er auf Erden oder des Teufels. Ganz natürlich schienen ihm Busch und Bäume, aber Kopf und Glieder brannten ihm, mit dem Feuer, mit welchem nach dem Glauben, welchen Kurt oft verlacht, der Teufel die ihm Zugefallenen brennen soll. Curios dünkte ihm, daß er einsam sei. Wär's die Hölle, dachte er, müßten Viele da sein, der Bangah namentlich, ein viel gräulicherer Sünder als er. Da kam es ihm endlich, daß er noch im Subiger Walde sei, aber zum Tode matt, und daß Wunden ihn brannten, als wäre höllisches Feuer betritt. Nach und nach kam ihm das Gedächtniß wieder; neu loderte in ihm der Zorn auf, ein Glück war's, daß er an Niemand ihn auslassen konnte, aber für immer schwur er der alten Gesellschaft ab, schwur ihr Rache nach seinen Kräften. Der Durst trieb ihn auf, mühsam schleppte er sich zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:57:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:57:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/24
Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/24>, abgerufen am 19.04.2024.