Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

etwas Blut verliert, als wenn man Zuviel Galle ins Blut bekommt. Die Herren Schwäger rauften sich also mörderlich; Kurt und der von Inkwyl hielten begreiflich zusammen, wollten den von Riedtwyl übers Nest hinauswerfen. Dieser ließ sich helfen durch den Herrn von Wangen, hatte Hülfe von seinen Brüdern, klopfte die Schwäger tapfer aus und machte Miene, selbst an ihre Schlösser hin zu wollen; sie suchten daher auch Hülfe, der von Flumenthal ward ihr Spießgeselle und Einer von Alchenstorf; der Streit zog sich in die Länge; ans Leben kam man einander nicht, schädigte einander desto mehr, stahl, verdarb einander so viel man konnte, ward darob allseitig arm; das Erbe ging darauf, nichts hatte man davon, als eben viel Haß, und dadurch verbitterte Gemüther, denen nirgends wohl war als im Streit und wüstem Leben, Gemüther, welche für häusliches Glück gerade so empfänglich waren, als ein Gotteslästerer für Gottes Wort, und denen in ihren Häusern so wohl war als einem durstigen Saufbruder in einer Kirche. Die Herren Schwäger hatten es fast wie die Hühner, welche sich erst die Federn ausrupfen, gerupft aber gute Freunde werden. Als an Keinem von ihnen mehr etwas Besonderes zu rupfen war, wurden sie Bundesgenossen und kehrten ihre Schnäbel gegen Andere. Wie Spieler, je mehr sie verlieren, desto mehr wagen, das Verlorene wieder zu gewinnen, so wurden sie immer rücksichtsloser, wagten immer Wilderes, aber

etwas Blut verliert, als wenn man Zuviel Galle ins Blut bekommt. Die Herren Schwäger rauften sich also mörderlich; Kurt und der von Inkwyl hielten begreiflich zusammen, wollten den von Riedtwyl übers Nest hinauswerfen. Dieser ließ sich helfen durch den Herrn von Wangen, hatte Hülfe von seinen Brüdern, klopfte die Schwäger tapfer aus und machte Miene, selbst an ihre Schlösser hin zu wollen; sie suchten daher auch Hülfe, der von Flumenthal ward ihr Spießgeselle und Einer von Alchenstorf; der Streit zog sich in die Länge; ans Leben kam man einander nicht, schädigte einander desto mehr, stahl, verdarb einander so viel man konnte, ward darob allseitig arm; das Erbe ging darauf, nichts hatte man davon, als eben viel Haß, und dadurch verbitterte Gemüther, denen nirgends wohl war als im Streit und wüstem Leben, Gemüther, welche für häusliches Glück gerade so empfänglich waren, als ein Gotteslästerer für Gottes Wort, und denen in ihren Häusern so wohl war als einem durstigen Saufbruder in einer Kirche. Die Herren Schwäger hatten es fast wie die Hühner, welche sich erst die Federn ausrupfen, gerupft aber gute Freunde werden. Als an Keinem von ihnen mehr etwas Besonderes zu rupfen war, wurden sie Bundesgenossen und kehrten ihre Schnäbel gegen Andere. Wie Spieler, je mehr sie verlieren, desto mehr wagen, das Verlorene wieder zu gewinnen, so wurden sie immer rücksichtsloser, wagten immer Wilderes, aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="0">
        <p><pb facs="#f0124"/>
etwas Blut verliert, als wenn man Zuviel Galle ins Blut bekommt.                     Die Herren Schwäger rauften sich also mörderlich; Kurt und der von Inkwyl                     hielten begreiflich zusammen, wollten den von Riedtwyl übers Nest hinauswerfen.                     Dieser ließ sich helfen durch den Herrn von Wangen, hatte Hülfe von seinen                     Brüdern, klopfte die Schwäger tapfer aus und machte Miene, selbst an ihre                     Schlösser hin zu wollen; sie suchten daher auch Hülfe, der von Flumenthal ward                     ihr Spießgeselle und Einer von Alchenstorf; der Streit zog sich in die Länge;                     ans Leben kam man einander nicht, schädigte einander desto mehr, stahl, verdarb                     einander so viel man konnte, ward darob allseitig arm; das Erbe ging darauf,                     nichts hatte man davon, als eben viel Haß, und dadurch verbitterte Gemüther,                     denen nirgends wohl war als im Streit und wüstem Leben, Gemüther, welche für                     häusliches Glück gerade so empfänglich waren, als ein Gotteslästerer für Gottes                     Wort, und denen in ihren Häusern so wohl war als einem durstigen Saufbruder in                     einer Kirche. Die Herren Schwäger hatten es fast wie die Hühner, welche sich                     erst die Federn ausrupfen, gerupft aber gute Freunde werden. Als an Keinem von                     ihnen mehr etwas Besonderes zu rupfen war, wurden sie Bundesgenossen und kehrten                     ihre Schnäbel gegen Andere. Wie Spieler, je mehr sie verlieren, desto mehr                     wagen, das Verlorene wieder zu gewinnen, so wurden sie immer rücksichtsloser,                     wagten immer Wilderes, aber<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0124] etwas Blut verliert, als wenn man Zuviel Galle ins Blut bekommt. Die Herren Schwäger rauften sich also mörderlich; Kurt und der von Inkwyl hielten begreiflich zusammen, wollten den von Riedtwyl übers Nest hinauswerfen. Dieser ließ sich helfen durch den Herrn von Wangen, hatte Hülfe von seinen Brüdern, klopfte die Schwäger tapfer aus und machte Miene, selbst an ihre Schlösser hin zu wollen; sie suchten daher auch Hülfe, der von Flumenthal ward ihr Spießgeselle und Einer von Alchenstorf; der Streit zog sich in die Länge; ans Leben kam man einander nicht, schädigte einander desto mehr, stahl, verdarb einander so viel man konnte, ward darob allseitig arm; das Erbe ging darauf, nichts hatte man davon, als eben viel Haß, und dadurch verbitterte Gemüther, denen nirgends wohl war als im Streit und wüstem Leben, Gemüther, welche für häusliches Glück gerade so empfänglich waren, als ein Gotteslästerer für Gottes Wort, und denen in ihren Häusern so wohl war als einem durstigen Saufbruder in einer Kirche. Die Herren Schwäger hatten es fast wie die Hühner, welche sich erst die Federn ausrupfen, gerupft aber gute Freunde werden. Als an Keinem von ihnen mehr etwas Besonderes zu rupfen war, wurden sie Bundesgenossen und kehrten ihre Schnäbel gegen Andere. Wie Spieler, je mehr sie verlieren, desto mehr wagen, das Verlorene wieder zu gewinnen, so wurden sie immer rücksichtsloser, wagten immer Wilderes, aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:57:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:57:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/124
Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/124>, abgerufen am 05.05.2024.