Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

von Denz ungezogene Hunde, und ganz finster ward es im Gemache; es war, als ob unzählige Vögel aufgestoben wären vor der Hunde Gebell, und doch hörte man kein Flattern, und auf einmal erscholl ein schreckliches Gepolter und alsbald ein noch viel schrecklicheres Geheul, eine viel größere Dunkelheit, es schien ein verzaubertes Gemach. Es war es aber nicht, es ging Alles ganz natürlich zu. Seit Kurt fort war und die Hunde alt, hatte die Jagd auf Hochwild abgenommen, mit niederm Wilde mußten sie sich befassen, mit Vogeln allzumal, welche man in Netzen und Letschen fangen kann und ausnehmen aus den Nestern. Der Kürze halber schüttete man die Federn auf Haufen in die Halle, bis man sie anderwärts gebrauchte; diese wurden von den Hunden aufgestöbert, gejagt, der Tisch, d. h. der Thorflügel, welcher im Hofe fehlte und hier auf schwachen Beinen stand, umgerannt, die Hunde erschreckt, getroffen, die Federn wilder durcheinander gewirbelt, so daß eine Weile man nicht wußte, wo man war und was das Alles zu bedeuten hatte. Verdutzt schwiegen die Hunde, allgemach setzte sich der Nebel und die Vögel auch, der seltsame Tisch ward wieder aufgerichtet, die Diener brachten die mitgebrachten eßbaren Dinge, denn dafür hatte der alte Herr, der in Solchem äußerst klug und vorsichtig war, vortrefflich gesorgt, eben so an gutem Getränke es nicht fehlen lassen. Die alte Dame ließ die Diener mit aller Grandezza gewähren, als ob es sie nichts angehe, als ob es sich von selbst

von Denz ungezogene Hunde, und ganz finster ward es im Gemache; es war, als ob unzählige Vögel aufgestoben wären vor der Hunde Gebell, und doch hörte man kein Flattern, und auf einmal erscholl ein schreckliches Gepolter und alsbald ein noch viel schrecklicheres Geheul, eine viel größere Dunkelheit, es schien ein verzaubertes Gemach. Es war es aber nicht, es ging Alles ganz natürlich zu. Seit Kurt fort war und die Hunde alt, hatte die Jagd auf Hochwild abgenommen, mit niederm Wilde mußten sie sich befassen, mit Vogeln allzumal, welche man in Netzen und Letschen fangen kann und ausnehmen aus den Nestern. Der Kürze halber schüttete man die Federn auf Haufen in die Halle, bis man sie anderwärts gebrauchte; diese wurden von den Hunden aufgestöbert, gejagt, der Tisch, d. h. der Thorflügel, welcher im Hofe fehlte und hier auf schwachen Beinen stand, umgerannt, die Hunde erschreckt, getroffen, die Federn wilder durcheinander gewirbelt, so daß eine Weile man nicht wußte, wo man war und was das Alles zu bedeuten hatte. Verdutzt schwiegen die Hunde, allgemach setzte sich der Nebel und die Vögel auch, der seltsame Tisch ward wieder aufgerichtet, die Diener brachten die mitgebrachten eßbaren Dinge, denn dafür hatte der alte Herr, der in Solchem äußerst klug und vorsichtig war, vortrefflich gesorgt, eben so an gutem Getränke es nicht fehlen lassen. Die alte Dame ließ die Diener mit aller Grandezza gewähren, als ob es sie nichts angehe, als ob es sich von selbst

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="0">
        <p><pb facs="#f0103"/>
von Denz ungezogene Hunde, und                     ganz finster ward es im Gemache; es war, als ob unzählige Vögel aufgestoben                     wären vor der Hunde Gebell, und doch hörte man kein Flattern, und auf einmal                     erscholl ein schreckliches Gepolter und alsbald ein noch viel schrecklicheres                     Geheul, eine viel größere Dunkelheit, es schien ein verzaubertes Gemach. Es war                     es aber nicht, es ging Alles ganz natürlich zu. Seit Kurt fort war und die Hunde                     alt, hatte die Jagd auf Hochwild abgenommen, mit niederm Wilde mußten sie sich                     befassen, mit Vogeln allzumal, welche man in Netzen und Letschen fangen kann und                     ausnehmen aus den Nestern. Der Kürze halber schüttete man die Federn auf Haufen                     in die Halle, bis man sie anderwärts gebrauchte; diese wurden von den Hunden                     aufgestöbert, gejagt, der Tisch, d. h. der Thorflügel, welcher im Hofe fehlte                     und hier auf schwachen Beinen stand, umgerannt, die Hunde erschreckt, getroffen,                     die Federn wilder durcheinander gewirbelt, so daß eine Weile man nicht wußte, wo                     man war und was das Alles zu bedeuten hatte. Verdutzt schwiegen die Hunde,                     allgemach setzte sich der Nebel und die Vögel auch, der seltsame Tisch ward                     wieder aufgerichtet, die Diener brachten die mitgebrachten eßbaren Dinge, denn                     dafür hatte der alte Herr, der in Solchem äußerst klug und vorsichtig war,                     vortrefflich gesorgt, eben so an gutem Getränke es nicht fehlen lassen. Die alte                     Dame ließ die Diener mit aller Grandezza gewähren, als ob es sie nichts angehe,                     als ob es sich von selbst<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0103] von Denz ungezogene Hunde, und ganz finster ward es im Gemache; es war, als ob unzählige Vögel aufgestoben wären vor der Hunde Gebell, und doch hörte man kein Flattern, und auf einmal erscholl ein schreckliches Gepolter und alsbald ein noch viel schrecklicheres Geheul, eine viel größere Dunkelheit, es schien ein verzaubertes Gemach. Es war es aber nicht, es ging Alles ganz natürlich zu. Seit Kurt fort war und die Hunde alt, hatte die Jagd auf Hochwild abgenommen, mit niederm Wilde mußten sie sich befassen, mit Vogeln allzumal, welche man in Netzen und Letschen fangen kann und ausnehmen aus den Nestern. Der Kürze halber schüttete man die Federn auf Haufen in die Halle, bis man sie anderwärts gebrauchte; diese wurden von den Hunden aufgestöbert, gejagt, der Tisch, d. h. der Thorflügel, welcher im Hofe fehlte und hier auf schwachen Beinen stand, umgerannt, die Hunde erschreckt, getroffen, die Federn wilder durcheinander gewirbelt, so daß eine Weile man nicht wußte, wo man war und was das Alles zu bedeuten hatte. Verdutzt schwiegen die Hunde, allgemach setzte sich der Nebel und die Vögel auch, der seltsame Tisch ward wieder aufgerichtet, die Diener brachten die mitgebrachten eßbaren Dinge, denn dafür hatte der alte Herr, der in Solchem äußerst klug und vorsichtig war, vortrefflich gesorgt, eben so an gutem Getränke es nicht fehlen lassen. Die alte Dame ließ die Diener mit aller Grandezza gewähren, als ob es sie nichts angehe, als ob es sich von selbst

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:57:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:57:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/103
Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/103>, abgerufen am 24.11.2024.