Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. Gerhard. Mich todt geschlagen? Und ich lebe noch! Sternberg. Ihre Natur hat Sie gerettet. Ziehen Sie wenigstens den Leibarzt mit zu Rathe! Es ist ein Mann von ausgebreiteter Erfahrung. Gerhard. Viel Köche verderben den Brey. Sternberg. Er hat mir von einer Kur er- zählt, die einen Pazienten Ihres Gleichen von Grund aus hergestellt hat. Gerhard (hastig.) Wie viel soll sie kosten? Sternberg. Mit Inbegriff des Bades -- höchstens hundert Dukaten. Gerhard. Hundert Dukaten! -- Ja, die Herrn Leibärzte haben immer nur die fürstliche Schatzkammer im Sinne. Gehorsamer Diener, Herr Leibmedicus! Hundert Dukaten! Sternberg. Aber, Herr Vetter! Was hilft Geld, ohne Gesundheit? Gerhard. Das Haus ist der Reparatur nicht werth. Oder meynt Er, daß ich hundert Dukaten wegzuwerfen habe? Ich muß einen Nothpfennig zurücklegen. Man weiß nicht, wie lange man lebt; und Hunger im Alter thut wehe. -- Ich habe jetzt an andere Dinge zu denken. Die Erbſchleicher. Gerhard. Mich todt geſchlagen? Und ich lebe noch! Sternberg. Ihre Natur hat Sie gerettet. Ziehen Sie wenigſtens den Leibarzt mit zu Rathe! Es iſt ein Mann von ausgebreiteter Erfahrung. Gerhard. Viel Koͤche verderben den Brey. Sternberg. Er hat mir von einer Kur er- zaͤhlt, die einen Pazienten Ihres Gleichen von Grund aus hergeſtellt hat. Gerhard (haſtig.) Wie viel ſoll ſie koſten? Sternberg. Mit Inbegriff des Bades — hoͤchſtens hundert Dukaten. Gerhard. Hundert Dukaten! — Ja, die Herrn Leibaͤrzte haben immer nur die fuͤrſtliche Schatzkammer im Sinne. Gehorſamer Diener, Herr Leibmedicus! Hundert Dukaten! Sternberg. Aber, Herr Vetter! Was hilft Geld, ohne Geſundheit? Gerhard. Das Haus iſt der Reparatur nicht werth. Oder meynt Er, daß ich hundert Dukaten wegzuwerfen habe? Ich muß einen Nothpfennig zuruͤcklegen. Man weiß nicht, wie lange man lebt; und Hunger im Alter thut wehe. — Ich habe jetzt an andere Dinge zu denken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0030" n="24"/> <fw place="top" type="header">Die Erbſchleicher.</fw><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Mich todt geſchlagen? Und ich<lb/> lebe noch!</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg.</hi> </speaker> <p>Ihre Natur hat Sie gerettet.<lb/> Ziehen Sie wenigſtens den Leibarzt mit zu Rathe!<lb/> Es iſt ein Mann von ausgebreiteter Erfahrung.</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Viel Koͤche verderben den Brey.</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg.</hi> </speaker> <p>Er hat mir von einer Kur er-<lb/> zaͤhlt, die einen Pazienten Ihres Gleichen von<lb/> Grund aus hergeſtellt hat.</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker> <stage>(haſtig.)</stage> <p>Wie viel ſoll ſie koſten?</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg.</hi> </speaker> <p>Mit Inbegriff des Bades —<lb/> hoͤchſtens hundert Dukaten.</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Hundert Dukaten! — Ja, die<lb/> Herrn Leibaͤrzte haben immer nur die fuͤrſtliche<lb/> Schatzkammer im Sinne. Gehorſamer Diener,<lb/> Herr Leibmedicus! Hundert Dukaten!</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg.</hi> </speaker> <p>Aber, Herr Vetter! Was hilft<lb/> Geld, ohne Geſundheit?</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Das Haus iſt der Reparatur nicht<lb/> werth. Oder meynt Er, daß ich hundert Dukaten<lb/> wegzuwerfen habe? Ich muß einen Nothpfennig<lb/> zuruͤcklegen. Man weiß nicht, wie lange man<lb/> lebt; und Hunger im Alter thut wehe. — Ich<lb/> habe jetzt an andere Dinge zu denken.</p> </sp> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [24/0030]
Die Erbſchleicher.
Gerhard. Mich todt geſchlagen? Und ich
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Sternberg. Ihre Natur hat Sie gerettet.
Ziehen Sie wenigſtens den Leibarzt mit zu Rathe!
Es iſt ein Mann von ausgebreiteter Erfahrung.
Gerhard. Viel Koͤche verderben den Brey.
Sternberg. Er hat mir von einer Kur er-
zaͤhlt, die einen Pazienten Ihres Gleichen von
Grund aus hergeſtellt hat.
Gerhard (haſtig.) Wie viel ſoll ſie koſten?
Sternberg. Mit Inbegriff des Bades —
hoͤchſtens hundert Dukaten.
Gerhard. Hundert Dukaten! — Ja, die
Herrn Leibaͤrzte haben immer nur die fuͤrſtliche
Schatzkammer im Sinne. Gehorſamer Diener,
Herr Leibmedicus! Hundert Dukaten!
Sternberg. Aber, Herr Vetter! Was hilft
Geld, ohne Geſundheit?
Gerhard. Das Haus iſt der Reparatur nicht
werth. Oder meynt Er, daß ich hundert Dukaten
wegzuwerfen habe? Ich muß einen Nothpfennig
zuruͤcklegen. Man weiß nicht, wie lange man
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Zitationshilfe: | Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/30>, abgerufen am 27.07.2024. |