Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. mich? Ach, ich armer Mann! ich unglücklicherMann! Wie komm' ich der Verschwörung zuvor? Ich will zum Präsidenten, ich will ihm einen Fußfall thun, ich will - - - W Ungew. (steht auch auf.) Ums Himmels- willen kein Aufsehen! gehn Sie so behutsam, als möglich, zu Werke! Wer solche Entwürfe spinnen konnte, wagt das Aeußerste, sie durchzusetzen. Gerhard. Das ist kein andrer Mensch, als Sternberg! W. Ungew. (heuchlerisch.) Wie? eben der Sternberg, dessen Diensteifer Sie vor einem Au- genblick rühmten? -- Herr Vetter! ist es auch nicht alte Empfindlichkeit, die Ihnen diesen Ver- dacht eingiebt? Ich weiß, daß sein Vater wei- land sich auf die boshafteste Art an Ihnen ver- gangen hat. Aber der Sohn -- unmöglich! -- Man pflegt zu sagen: Narren und Verliebte tücken Niemanden. Und Vetter Sternberg soll verliebt seyn. Gerhard. Verliebt? W. Ungew. (schnell.) Er heirathet ja. Gerhard (vor sich.) Die Plaudertasche Justi- ne! (Laut.) Ja, es ist so etwas im Werke -- ein neuer Beweis seiner interessirten Absichten[.] J 2
Die Erbſchleicher. mich? Ach, ich armer Mann! ich ungluͤcklicherMann! Wie komm’ ich der Verſchwoͤrung zuvor? Ich will zum Praͤſidenten, ich will ihm einen Fußfall thun, ich will - - - W Ungew. (ſteht auch auf.) Ums Himmels- willen kein Aufſehen! gehn Sie ſo behutſam, als moͤglich, zu Werke! Wer ſolche Entwuͤrfe ſpinnen konnte, wagt das Aeußerſte, ſie durchzuſetzen. Gerhard. Das iſt kein andrer Menſch, als Sternberg! W. Ungew. (heuchleriſch.) Wie? eben der Sternberg, deſſen Dienſteifer Sie vor einem Au- genblick ruͤhmten? — Herr Vetter! iſt es auch nicht alte Empfindlichkeit, die Ihnen dieſen Ver- dacht eingiebt? Ich weiß, daß ſein Vater wei- land ſich auf die boshafteſte Art an Ihnen ver- gangen hat. Aber der Sohn — unmoͤglich! — Man pflegt zu ſagen: Narren und Verliebte tuͤcken Niemanden. Und Vetter Sternberg ſoll verliebt ſeyn. Gerhard. Verliebt? W. Ungew. (ſchnell.) Er heirathet ja. Gerhard (vor ſich.) Die Plaudertaſche Juſti- ne! (Laut.) Ja, es iſt ſo etwas im Werke — ein neuer Beweis ſeiner intereſſirten Abſichten[.] J 2
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Die Erbſchleicher.
mich? Ach, ich armer Mann! ich ungluͤcklicher
Mann! Wie komm’ ich der Verſchwoͤrung zuvor?
Ich will zum Praͤſidenten, ich will ihm einen
Fußfall thun, ich will - - -
W Ungew. (ſteht auch auf.) Ums Himmels-
willen kein Aufſehen! gehn Sie ſo behutſam, als
moͤglich, zu Werke! Wer ſolche Entwuͤrfe ſpinnen
konnte, wagt das Aeußerſte, ſie durchzuſetzen.
Gerhard. Das iſt kein andrer Menſch, als
Sternberg!
W. Ungew. (heuchleriſch.) Wie? eben der
Sternberg, deſſen Dienſteifer Sie vor einem Au-
genblick ruͤhmten? — Herr Vetter! iſt es auch
nicht alte Empfindlichkeit, die Ihnen dieſen Ver-
dacht eingiebt? Ich weiß, daß ſein Vater wei-
land ſich auf die boshafteſte Art an Ihnen ver-
gangen hat. Aber der Sohn — unmoͤglich! —
Man pflegt zu ſagen: Narren und Verliebte
tuͤcken Niemanden. Und Vetter Sternberg ſoll
verliebt ſeyn.
Gerhard. Verliebt?
W. Ungew. (ſchnell.) Er heirathet ja.
Gerhard (vor ſich.) Die Plaudertaſche Juſti-
ne! (Laut.) Ja, es iſt ſo etwas im Werke —
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Zitationshilfe: | Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/137>, abgerufen am 23.07.2024. |