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Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.

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Die Erbschleicher.
Gerhard. Warum?
W. Ungew. Auch ihr läßt man keinen
Schatten Ehre.
Gerhard. Was kann man Justinen --
W. Ungew. Man wirft sie unter die nie-
drigste Klasse von ihres Gleichen.
Gerhard. Wie?
W. Ungew. (ihm ins Ohr, aber laut genug.)
Kinder ließe sie heimlich erziehen -- von Ih-
nen.
Gerhard. Von mir? Kinder von mir? O,
das übersteigt allen Glauben.
W. Ungew. Uns Verwandten hätte sie aus
Ihrem Herzen verdrängt.
Gerhard. Und sie ist die Fürsprecherinn der
ganzen Familie!
W. Ungew. Hundert stünde gegen Eins zu
wetten, Sie würden jene Ausschößlinge dem ed-
len Stamme der Gerharde einimpfen - - -
Gerhard. Einimpfen? Das versteh ich gar
nicht.
W. Ungew. Sie würden sich Ihre -- Ihre
Justine antrauen lassen in articulo mortis.
Gerhard. Wie war das?
W. Ungew. Ein juristischer Ausdruck; soll
J
Die Erbſchleicher.
Gerhard. Warum?
W. Ungew. Auch ihr laͤßt man keinen
Schatten Ehre.
Gerhard. Was kann man Juſtinen —
W. Ungew. Man wirft ſie unter die nie-
drigſte Klaſſe von ihres Gleichen.
Gerhard. Wie?
W. Ungew. (ihm ins Ohr, aber laut genug.)
Kinder ließe ſie heimlich erziehen — von Ih-
nen.
Gerhard. Von mir? Kinder von mir? O,
das uͤberſteigt allen Glauben.
W. Ungew. Uns Verwandten haͤtte ſie aus
Ihrem Herzen verdraͤngt.
Gerhard. Und ſie iſt die Fuͤrſprecherinn der
ganzen Familie!
W. Ungew. Hundert ſtuͤnde gegen Eins zu
wetten, Sie wuͤrden jene Ausſchoͤßlinge dem ed-
len Stamme der Gerharde einimpfen - - -
Gerhard. Einimpfen? Das verſteh ich gar
nicht.
W. Ungew. Sie wuͤrden ſich Ihre — Ihre
Juſtine antrauen laſſen in articulo mortis.
Gerhard. Wie war das?
W. Ungew. Ein juriſtiſcher Ausdruck; ſoll
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[129/0135] Die Erbſchleicher. Gerhard. Warum? W. Ungew. Auch ihr laͤßt man keinen Schatten Ehre. Gerhard. Was kann man Juſtinen — W. Ungew. Man wirft ſie unter die nie- drigſte Klaſſe von ihres Gleichen. Gerhard. Wie? W. Ungew. (ihm ins Ohr, aber laut genug.) Kinder ließe ſie heimlich erziehen — von Ih- nen. Gerhard. Von mir? Kinder von mir? O, das uͤberſteigt allen Glauben. W. Ungew. Uns Verwandten haͤtte ſie aus Ihrem Herzen verdraͤngt. Gerhard. Und ſie iſt die Fuͤrſprecherinn der ganzen Familie! W. Ungew. Hundert ſtuͤnde gegen Eins zu wetten, Sie wuͤrden jene Ausſchoͤßlinge dem ed- len Stamme der Gerharde einimpfen - - - Gerhard. Einimpfen? Das verſteh ich gar nicht. W. Ungew. Sie wuͤrden ſich Ihre — Ihre Juſtine antrauen laſſen in articulo mortis. Gerhard. Wie war das? W. Ungew. Ein juriſtiſcher Ausdruck; ſoll J

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Zitationshilfe: Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/135>, abgerufen am 09.05.2024.