Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Leo Goldammer, am 7. April 1813 zu Berlin geboren, besuchte bis zum Tode seines Vaters, eines wohlhabenden Bäckermeisters, das Joachimsthal'sche Gymnasium, das er als Quartaner verlassen mußte, um seiner Mutter in dem ererbten Gewerbe an die Hand zu gehen. Als dieselbe nach zwei Jahren das Geschäft aufgab, schnürte der siebzehnjährige Sohn sein Ränzel und durchwanderte Deutschland bis nach Ungarn hinein, in der stillen Hoffnung, irgendwo auf die Bühne zu kommen, da die Eindrücke, die er in seinen Knabenjahren durch Devrient, Fleck, Spitzeder, Schwanfelder und Schmelka empfangen, ihn leidenschaftlich für das Theater begeistert hatten. Ein späterer Versuch auf einer Privatbühne überzeugte ihn jedoch, daß er nicht zum Schauspieler geboren sei. Statt dessen versuchte er sich in dramatischen Dichtungen und war nach seiner Heimkehr, nachdem er Gesell und Meister geworden war, eifrig bemüht, die Mängel seiner Schulbildung auszugleichen. Aber während er große historische Dramen dichtete, kam er in seinem Handwerk zurück, das er endlich ganz aufgab, um sich seinen Unterhalt nur durch die Feder zu erwerben, -- ein Unternehmen, das den verheiratheten Mann in schwere Lebenssorgen stürzte. Man war indessen aufmerksam auf den Bäckermeister geworden, der mit so entsagungsvollem Eifer vaterländische Dramen dichtete. Scherenberg führte ihn in den Berliner "Tunnel" ein, Franz Kugler, der stets Hülfreiche, wandte ihm sein Interesse zu und brachte es dahin, daß Friedrich Wilhelm IV. ihm durch fünf Jahre eine Pension gewährte, die es ihm möglich machte, sich frei von Sorgen seinen dramatischen Studien zu widmen. Leider vermochte der Dichter nicht, seine sehr fruchtbare Phantasie den Gesetzen der dramatischen Technik zu unterwerfen. Von der Leo Goldammer, am 7. April 1813 zu Berlin geboren, besuchte bis zum Tode seines Vaters, eines wohlhabenden Bäckermeisters, das Joachimsthal'sche Gymnasium, das er als Quartaner verlassen mußte, um seiner Mutter in dem ererbten Gewerbe an die Hand zu gehen. Als dieselbe nach zwei Jahren das Geschäft aufgab, schnürte der siebzehnjährige Sohn sein Ränzel und durchwanderte Deutschland bis nach Ungarn hinein, in der stillen Hoffnung, irgendwo auf die Bühne zu kommen, da die Eindrücke, die er in seinen Knabenjahren durch Devrient, Fleck, Spitzeder, Schwanfelder und Schmelka empfangen, ihn leidenschaftlich für das Theater begeistert hatten. Ein späterer Versuch auf einer Privatbühne überzeugte ihn jedoch, daß er nicht zum Schauspieler geboren sei. Statt dessen versuchte er sich in dramatischen Dichtungen und war nach seiner Heimkehr, nachdem er Gesell und Meister geworden war, eifrig bemüht, die Mängel seiner Schulbildung auszugleichen. Aber während er große historische Dramen dichtete, kam er in seinem Handwerk zurück, das er endlich ganz aufgab, um sich seinen Unterhalt nur durch die Feder zu erwerben, — ein Unternehmen, das den verheiratheten Mann in schwere Lebenssorgen stürzte. Man war indessen aufmerksam auf den Bäckermeister geworden, der mit so entsagungsvollem Eifer vaterländische Dramen dichtete. Scherenberg führte ihn in den Berliner „Tunnel“ ein, Franz Kugler, der stets Hülfreiche, wandte ihm sein Interesse zu und brachte es dahin, daß Friedrich Wilhelm IV. ihm durch fünf Jahre eine Pension gewährte, die es ihm möglich machte, sich frei von Sorgen seinen dramatischen Studien zu widmen. Leider vermochte der Dichter nicht, seine sehr fruchtbare Phantasie den Gesetzen der dramatischen Technik zu unterwerfen. 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Statt dessen versuchte er sich in dramatischen Dichtungen und war nach seiner Heimkehr, nachdem er Gesell und Meister geworden war, eifrig bemüht, die Mängel seiner Schulbildung auszugleichen. Aber während er große historische Dramen dichtete, kam er in seinem Handwerk zurück, das er endlich ganz aufgab, um sich seinen Unterhalt nur durch die Feder zu erwerben, — ein Unternehmen, das den verheiratheten Mann in schwere Lebenssorgen stürzte. Man war indessen aufmerksam auf den Bäckermeister geworden, der mit so entsagungsvollem Eifer vaterländische Dramen dichtete. Scherenberg führte ihn in den Berliner „Tunnel“ ein, Franz Kugler, der stets Hülfreiche, wandte ihm sein Interesse zu und brachte es dahin, daß Friedrich Wilhelm IV. ihm durch fünf Jahre eine Pension gewährte, die es ihm möglich machte, sich frei von Sorgen seinen dramatischen Studien zu widmen. Leider vermochte der Dichter nicht, seine sehr fruchtbare Phantasie den Gesetzen der dramatischen Technik zu unterwerfen. 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Leo Goldammer, am 7. April 1813 zu Berlin geboren, besuchte bis zum Tode seines Vaters, eines wohlhabenden Bäckermeisters, das Joachimsthal'sche Gymnasium, das er als Quartaner verlassen mußte, um seiner Mutter in dem ererbten Gewerbe an die Hand zu gehen. Als dieselbe nach zwei Jahren das Geschäft aufgab, schnürte der siebzehnjährige Sohn sein Ränzel und durchwanderte Deutschland bis nach Ungarn hinein, in der stillen Hoffnung, irgendwo auf die Bühne zu kommen, da die Eindrücke, die er in seinen Knabenjahren durch Devrient, Fleck, Spitzeder, Schwanfelder und Schmelka empfangen, ihn leidenschaftlich für das Theater begeistert hatten. Ein späterer Versuch auf einer Privatbühne überzeugte ihn jedoch, daß er nicht zum Schauspieler geboren sei. Statt dessen versuchte er sich in dramatischen Dichtungen und war nach seiner Heimkehr, nachdem er Gesell und Meister geworden war, eifrig bemüht, die Mängel seiner Schulbildung auszugleichen. Aber während er große historische Dramen dichtete, kam er in seinem Handwerk zurück, das er endlich ganz aufgab, um sich seinen Unterhalt nur durch die Feder zu erwerben, — ein Unternehmen, das den verheiratheten Mann in schwere Lebenssorgen stürzte. Man war indessen aufmerksam auf den Bäckermeister geworden, der mit so entsagungsvollem Eifer vaterländische Dramen dichtete. Scherenberg führte ihn in den Berliner „Tunnel“ ein, Franz Kugler, der stets Hülfreiche, wandte ihm sein Interesse zu und brachte es dahin, daß Friedrich Wilhelm IV. ihm durch fünf Jahre eine Pension gewährte, die es ihm möglich machte, sich frei von Sorgen seinen dramatischen Studien zu widmen. Leider vermochte der Dichter nicht, seine sehr fruchtbare Phantasie den Gesetzen der dramatischen Technik zu unterwerfen. Von der
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