Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

chen zufiel, lag eine Mühle halb versteckt,
die mit ihren Umgebungen als ein freundli¬
ches Ruheplätzchen erschien. Mannigfaltig
wechselten im ganzen Halbkreise den man über¬
sah, Tiefen und Höhen, Büsche und Wälder,
deren erstes Grün für die Folge den füllereich¬
sten Anblick versprach. Auch einzelne Baum¬
gruppen hielten an mancher Stelle das Auge
fest. Besonders zeichnete zu den Füßen der
schauenden Freunde sich eine Masse Pappeln
und Platanen zunächst an dem Rande des
mittleren Teiches vortheilhaft aus. Sie stand
in ihrem besten Wachsthum, frisch, gesund,
empor und in die Breite strebend.

Eduard lenkte besonders auf diese die Auf¬
merksamkeit seines Freundes. Diese habe ich,
rief er aus, in meiner Jugend selbst gepflanzt.
Es waren junge Stämmchen, die ich rettete,
als mein Vater, bey der Anlage zu einem
neuen Theil des großen Schloßgartens, sie
mitten im Sommer ausroden ließ. Ohne

I. 4

chen zufiel, lag eine Muͤhle halb verſteckt,
die mit ihren Umgebungen als ein freundli¬
ches Ruheplaͤtzchen erſchien. Mannigfaltig
wechſelten im ganzen Halbkreiſe den man uͤber¬
ſah, Tiefen und Hoͤhen, Buͤſche und Waͤlder,
deren erſtes Gruͤn fuͤr die Folge den fuͤllereich¬
ſten Anblick verſprach. Auch einzelne Baum¬
gruppen hielten an mancher Stelle das Auge
feſt. Beſonders zeichnete zu den Fuͤßen der
ſchauenden Freunde ſich eine Maſſe Pappeln
und Platanen zunaͤchſt an dem Rande des
mittleren Teiches vortheilhaft aus. Sie ſtand
in ihrem beſten Wachsthum, friſch, geſund,
empor und in die Breite ſtrebend.

Eduard lenkte beſonders auf dieſe die Auf¬
merkſamkeit ſeines Freundes. Dieſe habe ich,
rief er aus, in meiner Jugend ſelbſt gepflanzt.
Es waren junge Staͤmmchen, die ich rettete,
als mein Vater, bey der Anlage zu einem
neuen Theil des großen Schloßgartens, ſie
mitten im Sommer ausroden ließ. Ohne

I. 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0054" n="49"/>
chen zufiel, lag eine Mu&#x0364;hle halb ver&#x017F;teckt,<lb/>
die mit ihren Umgebungen als ein freundli¬<lb/>
ches Ruhepla&#x0364;tzchen er&#x017F;chien. Mannigfaltig<lb/>
wech&#x017F;elten im ganzen Halbkrei&#x017F;e den man u&#x0364;ber¬<lb/>
&#x017F;ah, Tiefen und Ho&#x0364;hen, Bu&#x0364;&#x017F;che und Wa&#x0364;lder,<lb/>
deren er&#x017F;tes Gru&#x0364;n fu&#x0364;r die Folge den fu&#x0364;llereich¬<lb/>
&#x017F;ten Anblick ver&#x017F;prach. Auch einzelne Baum¬<lb/>
gruppen hielten an mancher Stelle das Auge<lb/>
fe&#x017F;t. Be&#x017F;onders zeichnete zu den Fu&#x0364;ßen der<lb/>
&#x017F;chauenden Freunde &#x017F;ich eine Ma&#x017F;&#x017F;e Pappeln<lb/>
und Platanen zuna&#x0364;ch&#x017F;t an dem Rande des<lb/>
mittleren Teiches vortheilhaft aus. Sie &#x017F;tand<lb/>
in ihrem be&#x017F;ten Wachsthum, fri&#x017F;ch, ge&#x017F;und,<lb/>
empor und in die Breite &#x017F;trebend.</p><lb/>
        <p>Eduard lenkte be&#x017F;onders auf die&#x017F;e die Auf¬<lb/>
merk&#x017F;amkeit &#x017F;eines Freundes. Die&#x017F;e habe ich,<lb/>
rief er aus, in meiner Jugend &#x017F;elb&#x017F;t gepflanzt.<lb/>
Es waren junge Sta&#x0364;mmchen, die ich rettete,<lb/>
als mein Vater, bey der Anlage zu einem<lb/>
neuen Theil des großen Schloßgartens, &#x017F;ie<lb/>
mitten im Sommer ausroden ließ. Ohne<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">I</hi>. 4<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0054] chen zufiel, lag eine Muͤhle halb verſteckt, die mit ihren Umgebungen als ein freundli¬ ches Ruheplaͤtzchen erſchien. Mannigfaltig wechſelten im ganzen Halbkreiſe den man uͤber¬ ſah, Tiefen und Hoͤhen, Buͤſche und Waͤlder, deren erſtes Gruͤn fuͤr die Folge den fuͤllereich¬ ſten Anblick verſprach. Auch einzelne Baum¬ gruppen hielten an mancher Stelle das Auge feſt. Beſonders zeichnete zu den Fuͤßen der ſchauenden Freunde ſich eine Maſſe Pappeln und Platanen zunaͤchſt an dem Rande des mittleren Teiches vortheilhaft aus. Sie ſtand in ihrem beſten Wachsthum, friſch, geſund, empor und in die Breite ſtrebend. Eduard lenkte beſonders auf dieſe die Auf¬ merkſamkeit ſeines Freundes. Dieſe habe ich, rief er aus, in meiner Jugend ſelbſt gepflanzt. Es waren junge Staͤmmchen, die ich rettete, als mein Vater, bey der Anlage zu einem neuen Theil des großen Schloßgartens, ſie mitten im Sommer ausroden ließ. Ohne I. 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/54
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/54>, abgerufen am 05.05.2024.