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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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Der wieder ausgebrochne Krieg begünstigte sein
Vorhaben. Militärische Halbheiten hatten ihm
in seiner Jugend viel zu schaffen gemacht; er
hatte deswegen den Dienst verlassen: nun
war es ihm eine herrliche Empfindung, mit
einem Feldherrn zu ziehen, von dem er sich
sagen konnte: unter seiner Anführung ist der
Tod wahrscheinlich und der Sieg gewiß.

Ottilie, nachdem auch ihr Charlottens Ge¬
heimniß bekannt geworden, betroffen wie Edu¬
ard, und mehr, ging in sich zurück. Sie
hatte nichts weiter zu sagen. Hoffen konnte
sie nicht, und wünschen durfte sie nicht. Ei¬
nen Blick jedoch in ihr Inneres gewährt uns
ihr Tagebuch, aus dem wir einiges mitzu¬
theilen gedenken.


Der wieder ausgebrochne Krieg beguͤnſtigte ſein
Vorhaben. Militaͤriſche Halbheiten hatten ihm
in ſeiner Jugend viel zu ſchaffen gemacht; er
hatte deswegen den Dienſt verlaſſen: nun
war es ihm eine herrliche Empfindung, mit
einem Feldherrn zu ziehen, von dem er ſich
ſagen konnte: unter ſeiner Anfuͤhrung iſt der
Tod wahrſcheinlich und der Sieg gewiß.

Ottilie, nachdem auch ihr Charlottens Ge¬
heimniß bekannt geworden, betroffen wie Edu¬
ard, und mehr, ging in ſich zuruͤck. Sie
hatte nichts weiter zu ſagen. Hoffen konnte
ſie nicht, und wuͤnſchen durfte ſie nicht. Ei¬
nen Blick jedoch in ihr Inneres gewaͤhrt uns
ihr Tagebuch, aus dem wir einiges mitzu¬
theilen gedenken.


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[306/0311] Der wieder ausgebrochne Krieg beguͤnſtigte ſein Vorhaben. Militaͤriſche Halbheiten hatten ihm in ſeiner Jugend viel zu ſchaffen gemacht; er hatte deswegen den Dienſt verlaſſen: nun war es ihm eine herrliche Empfindung, mit einem Feldherrn zu ziehen, von dem er ſich ſagen konnte: unter ſeiner Anfuͤhrung iſt der Tod wahrſcheinlich und der Sieg gewiß. Ottilie, nachdem auch ihr Charlottens Ge¬ heimniß bekannt geworden, betroffen wie Edu¬ ard, und mehr, ging in ſich zuruͤck. Sie hatte nichts weiter zu ſagen. Hoffen konnte ſie nicht, und wuͤnſchen durfte ſie nicht. Ei¬ nen Blick jedoch in ihr Inneres gewaͤhrt uns ihr Tagebuch, aus dem wir einiges mitzu¬ theilen gedenken.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/311>, abgerufen am 25.11.2024.