waren vergebens. Was war zu thun? Ihm blieb nichts übrig als in das Wasser zu stei¬ gen, das seicht genug war, und die Freundinn an das Land zu tragen. Glücklich brachte er die liebe Bürde hinüber, stark genug um nicht zu schwanken oder ihr einige Sorge zu geben, aber doch hatte sie ängstlich ihre Ar¬ me um seinen Hals geschlungen. Er hielt sie fest und drückte sie an sich. Erst auf einem Rasenabhang ließ er sie nieder, nicht ohne Bewegung und Verwirrung. Sie lag noch an seinem Halse; er schloß sie aufs neue in seine Arme und drückte einen lebhaften Kuß auf ihre Lippen; aber auch im Augenblick lag er zu ihren Füßen, drückte seinen Mund auf ihre Hand und rief: Charlotte, werden Sie mir vergeben?
Der Kuß, den der Freund gewagt, den sie ihm beynahe zurück gegeben, brachte Char¬ lotten wieder zu sich selbst. Sie drückte seine Hand, aber sie hob ihn nicht auf. Doch in¬
waren vergebens. Was war zu thun? Ihm blieb nichts uͤbrig als in das Waſſer zu ſtei¬ gen, das ſeicht genug war, und die Freundinn an das Land zu tragen. Gluͤcklich brachte er die liebe Buͤrde hinuͤber, ſtark genug um nicht zu ſchwanken oder ihr einige Sorge zu geben, aber doch hatte ſie aͤngſtlich ihre Ar¬ me um ſeinen Hals geſchlungen. Er hielt ſie feſt und druͤckte ſie an ſich. Erſt auf einem Raſenabhang ließ er ſie nieder, nicht ohne Bewegung und Verwirrung. Sie lag noch an ſeinem Halſe; er ſchloß ſie aufs neue in ſeine Arme und druͤckte einen lebhaften Kuß auf ihre Lippen; aber auch im Augenblick lag er zu ihren Fuͤßen, druͤckte ſeinen Mund auf ihre Hand und rief: Charlotte, werden Sie mir vergeben?
Der Kuß, den der Freund gewagt, den ſie ihm beynahe zuruͤck gegeben, brachte Char¬ lotten wieder zu ſich ſelbſt. Sie druͤckte ſeine Hand, aber ſie hob ihn nicht auf. Doch in¬
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waren vergebens. Was war zu thun? Ihm
blieb nichts uͤbrig als in das Waſſer zu ſtei¬
gen, das ſeicht genug war, und die Freundinn
an das Land zu tragen. Gluͤcklich brachte er
die liebe Buͤrde hinuͤber, ſtark genug um
nicht zu ſchwanken oder ihr einige Sorge zu
geben, aber doch hatte ſie aͤngſtlich ihre Ar¬
me um ſeinen Hals geſchlungen. Er hielt ſie
feſt und druͤckte ſie an ſich. Erſt auf einem
Raſenabhang ließ er ſie nieder, nicht ohne
Bewegung und Verwirrung. Sie lag noch
an ſeinem Halſe; er ſchloß ſie aufs neue in
ſeine Arme und druͤckte einen lebhaften Kuß
auf ihre Lippen; aber auch im Augenblick
lag er zu ihren Fuͤßen, druͤckte ſeinen Mund
auf ihre Hand und rief: Charlotte, werden
Sie mir vergeben?
Der Kuß, den der Freund gewagt, den
ſie ihm beynahe zuruͤck gegeben, brachte Char¬
lotten wieder zu ſich ſelbſt. Sie druͤckte ſeine
Hand, aber ſie hob ihn nicht auf. Doch in¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/224>, abgerufen am 26.11.2024.
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