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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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Die Sache ist übrigens leicht, versetzte
Eduard, und nahm ein Licht, dem Grafen
vorleuchtend eine geheime Treppe hinunter,
die zu einem langen Gang führte. Am Ende
desselben öffnete Eduard eine kleine Thüre.
Sie erstiegen eine Wendeltreppe; oben auf
einem engen Ruheplatz deutete Eduard dem
Grafen, dem er das Licht in die Hand gab,
nach einer Tapetenthüre rechts, die beym ersten
Versuch sogleich sich öffnete, den Grafen auf¬
nahm und Eduard in dem dunklen Raum zu¬
rückließ.

Eine andre Thüre links ging in Charlot¬
tens Schlafzimmer. Er hörte reden und
horchte. Charlotte sprach zu ihrem Kammer¬
mädchen: ist Ottilie schon zu Bette? Nein,
versetzte jene; sie sitzt noch unten und schreibt.
So zünde Sie das Nachtlicht an, sagte Char¬
lotte, und gehe Sie nur hin: es ist spät.
Die Kerze will ich selbst auslöschen und für
mich zu Bette gehen.

Die Sache iſt uͤbrigens leicht, verſetzte
Eduard, und nahm ein Licht, dem Grafen
vorleuchtend eine geheime Treppe hinunter,
die zu einem langen Gang fuͤhrte. Am Ende
deſſelben oͤffnete Eduard eine kleine Thuͤre.
Sie erſtiegen eine Wendeltreppe; oben auf
einem engen Ruheplatz deutete Eduard dem
Grafen, dem er das Licht in die Hand gab,
nach einer Tapetenthuͤre rechts, die beym erſten
Verſuch ſogleich ſich oͤffnete, den Grafen auf¬
nahm und Eduard in dem dunklen Raum zu¬
ruͤckließ.

Eine andre Thuͤre links ging in Charlot¬
tens Schlafzimmer. Er hoͤrte reden und
horchte. Charlotte ſprach zu ihrem Kammer¬
maͤdchen: iſt Ottilie ſchon zu Bette? Nein,
verſetzte jene; ſie ſitzt noch unten und ſchreibt.
So zuͤnde Sie das Nachtlicht an, ſagte Char¬
lotte, und gehe Sie nur hin: es iſt ſpaͤt.
Die Kerze will ich ſelbſt ausloͤſchen und fuͤr
mich zu Bette gehen.

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[202/0207] Die Sache iſt uͤbrigens leicht, verſetzte Eduard, und nahm ein Licht, dem Grafen vorleuchtend eine geheime Treppe hinunter, die zu einem langen Gang fuͤhrte. Am Ende deſſelben oͤffnete Eduard eine kleine Thuͤre. Sie erſtiegen eine Wendeltreppe; oben auf einem engen Ruheplatz deutete Eduard dem Grafen, dem er das Licht in die Hand gab, nach einer Tapetenthuͤre rechts, die beym erſten Verſuch ſogleich ſich oͤffnete, den Grafen auf¬ nahm und Eduard in dem dunklen Raum zu¬ ruͤckließ. Eine andre Thuͤre links ging in Charlot¬ tens Schlafzimmer. Er hoͤrte reden und horchte. Charlotte ſprach zu ihrem Kammer¬ maͤdchen: iſt Ottilie ſchon zu Bette? Nein, verſetzte jene; ſie ſitzt noch unten und ſchreibt. So zuͤnde Sie das Nachtlicht an, ſagte Char¬ lotte, und gehe Sie nur hin: es iſt ſpaͤt. Die Kerze will ich ſelbſt ausloͤſchen und fuͤr mich zu Bette gehen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/207>, abgerufen am 27.11.2024.