Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Ein Schauspiel. Von seltenem Geflügel ist die Luft,Von fremden Herden Wies' und Busch er- füllt, Die Schalkheit lauscht im Grünen halb ver- steckt, Die Weisheit läßt von einer goldnen Wolke Von Zeit zu Zeit erhabne Sprüche könen, Indeß auf wohl gestimmter Laute wild Der Wahnsinn hin und her zu wühlen scheint Und doch im schönsten Tact sich mäßig hält. Wer neben diesem Mann sich wagen darf, Verdient für seine Kühnheit schon den Kranz. Vergebt, wenn ich mich selbst begeistert fühle, Wie ein Verzückter weder Zeit noch Ort, Noch was ich sage wohl bedenken kann; Denn alle diese Dichter, diese Kränze, Das seltne festliche Gewand der Schönen Versetzt mich aus mir selbst in fremdes Land. Prinzessinn. Wer Ein Verdienst so wohl zu schätzen weiß, Der wird das andre nicht verkennen. Du Goethe's W 6. B. D
Ein Schauſpiel. Von ſeltenem Geflügel iſt die Luft,Von fremden Herden Wieſ’ und Buſch er- füllt, Die Schalkheit lauſcht im Grünen halb ver- ſteckt, Die Weisheit läßt von einer goldnen Wolke Von Zeit zu Zeit erhabne Sprüche könen, Indeß auf wohl geſtimmter Laute wild Der Wahnſinn hin und her zu wühlen ſcheint Und doch im ſchönſten Tact ſich mäßig hält. Wer neben dieſem Mann ſich wagen darf, Verdient für ſeine Kühnheit ſchon den Kranz. Vergebt, wenn ich mich ſelbſt begeiſtert fühle, Wie ein Verzückter weder Zeit noch Ort, Noch was ich ſage wohl bedenken kann; Denn alle dieſe Dichter, dieſe Kränze, Das ſeltne feſtliche Gewand der Schönen Verſetzt mich aus mir ſelbſt in fremdes Land. Prinzeſſinn. Wer Ein Verdienſt ſo wohl zu ſchätzen weiß, Der wird das andre nicht verkennen. Du Goethe’s W 6. B. D
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Ein Schauſpiel.
Von ſeltenem Geflügel iſt die Luft,
Von fremden Herden Wieſ’ und Buſch er-
füllt,
Die Schalkheit lauſcht im Grünen halb ver-
ſteckt,
Die Weisheit läßt von einer goldnen Wolke
Von Zeit zu Zeit erhabne Sprüche könen,
Indeß auf wohl geſtimmter Laute wild
Der Wahnſinn hin und her zu wühlen ſcheint
Und doch im ſchönſten Tact ſich mäßig hält.
Wer neben dieſem Mann ſich wagen darf,
Verdient für ſeine Kühnheit ſchon den Kranz.
Vergebt, wenn ich mich ſelbſt begeiſtert fühle,
Wie ein Verzückter weder Zeit noch Ort,
Noch was ich ſage wohl bedenken kann;
Denn alle dieſe Dichter, dieſe Kränze,
Das ſeltne feſtliche Gewand der Schönen
Verſetzt mich aus mir ſelbſt in fremdes Land.
Prinzeſſinn.
Wer Ein Verdienſt ſo wohl zu ſchätzen weiß,
Der wird das andre nicht verkennen. Du
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/57>, abgerufen am 16.02.2025. |