Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Ein Schauspiel.
Alphons.
Und stellen wir denn Welt und Nachwelt
vor,
So ziemt es nicht nur müßig zu empfangen.
Das schöne Zeichen, das den Dichter ehrt,
Das selbst der Held, der seiner stets bedarf,
Ihm ohne Neid um's Haupt gewunden sieht,
Erblick' ich hier auf deines Anherrn Stirne.

Auf die Herme Virgils deutend.
Hat es der Zufall, hat's ein Genius
Geflochten und gebracht? Es zeigt sich hier
Uns nicht umsonst. Virgilen hör' ich sagen:
Was ehret ihr die Todten? Hatten die
Doch ihren Lohn und Freude da sie lebten;
Und wenn ihr uns bewundert und verehrt,
So gebt auch den Lebendigen ihr Theil.
Mein Marmorbild ist schon bekränzt genug,
Der grüne Zweig gehört dem Leben an.

Alphons winkt seiner Schwester, sie nimmt den
Kranz von der Büste Virgils und nähert sich Tasso.
Er tritt zurück.
Ein Schauſpiel.
Alphons.
Und ſtellen wir denn Welt und Nachwelt
vor,
So ziemt es nicht nur müßig zu empfangen.
Das ſchöne Zeichen, das den Dichter ehrt,
Das ſelbſt der Held, der ſeiner ſtets bedarf,
Ihm ohne Neid um’s Haupt gewunden ſieht,
Erblick’ ich hier auf deines Anherrn Stirne.

Auf die Herme Virgils deutend.
Hat es der Zufall, hat’s ein Genius
Geflochten und gebracht? Es zeigt ſich hier
Uns nicht umſonſt. Virgilen hör’ ich ſagen:
Was ehret ihr die Todten? Hatten die
Doch ihren Lohn und Freude da ſie lebten;
Und wenn ihr uns bewundert und verehrt,
So gebt auch den Lebendigen ihr Theil.
Mein Marmorbild iſt ſchon bekränzt genug,
Der grüne Zweig gehört dem Leben an.

Alphons winkt ſeiner Schweſter, ſie nimmt den
Kranz von der Büſte Virgils und nähert ſich Taſſo.
Er tritt zurück.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0039" n="31"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schau&#x017F;piel</hi>.</fw><lb/>
            <sp who="#ALP">
              <speaker><hi rendition="#g">Alphons</hi>.</speaker><lb/>
              <p>Und &#x017F;tellen wir denn Welt und Nachwelt<lb/>
vor,<lb/>
So ziemt es nicht nur müßig zu empfangen.<lb/>
Das &#x017F;chöne Zeichen, das den Dichter ehrt,<lb/>
Das &#x017F;elb&#x017F;t der Held, der &#x017F;einer &#x017F;tets bedarf,<lb/>
Ihm ohne Neid um&#x2019;s Haupt gewunden &#x017F;ieht,<lb/>
Erblick&#x2019; ich hier auf deines Anherrn Stirne.</p><lb/>
              <stage>Auf die Herme Virgils deutend.</stage><lb/>
              <p>Hat es der Zufall, hat&#x2019;s ein Genius<lb/>
Geflochten und gebracht? Es zeigt &#x017F;ich hier<lb/>
Uns nicht um&#x017F;on&#x017F;t. Virgilen hör&#x2019; ich &#x017F;agen:<lb/>
Was ehret ihr die Todten? Hatten die<lb/>
Doch ihren Lohn und Freude da &#x017F;ie lebten;<lb/>
Und wenn ihr uns bewundert und verehrt,<lb/>
So gebt auch den Lebendigen ihr Theil.<lb/>
Mein Marmorbild i&#x017F;t &#x017F;chon bekränzt genug,<lb/>
Der grüne Zweig gehört dem Leben an.</p><lb/>
              <stage>Alphons winkt &#x017F;einer Schwe&#x017F;ter, &#x017F;ie nimmt den<lb/>
Kranz von der Bü&#x017F;te Virgils und nähert &#x017F;ich Ta&#x017F;&#x017F;o.<lb/>
Er tritt zurück.</stage>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0039] Ein Schauſpiel. Alphons. Und ſtellen wir denn Welt und Nachwelt vor, So ziemt es nicht nur müßig zu empfangen. Das ſchöne Zeichen, das den Dichter ehrt, Das ſelbſt der Held, der ſeiner ſtets bedarf, Ihm ohne Neid um’s Haupt gewunden ſieht, Erblick’ ich hier auf deines Anherrn Stirne. Auf die Herme Virgils deutend. Hat es der Zufall, hat’s ein Genius Geflochten und gebracht? Es zeigt ſich hier Uns nicht umſonſt. Virgilen hör’ ich ſagen: Was ehret ihr die Todten? Hatten die Doch ihren Lohn und Freude da ſie lebten; Und wenn ihr uns bewundert und verehrt, So gebt auch den Lebendigen ihr Theil. Mein Marmorbild iſt ſchon bekränzt genug, Der grüne Zweig gehört dem Leben an. Alphons winkt ſeiner Schweſter, ſie nimmt den Kranz von der Büſte Virgils und nähert ſich Taſſo. Er tritt zurück.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/39
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/39>, abgerufen am 19.04.2024.