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Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2).

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Wenig Ehre mir bringen und Gott bewahre
   mich gnädig,

Daß man es fände wie er erzählt! Doch will
   ich nicht läugnen,

Daß ich sie Fische fangen gelehrt und auch
   ihr die beste

Straße zu Wasser zu kommen, und sie zu dem
   Teiche gewiesen.

Aber sie lief so gierig darnach, sobald sie nur
   Fische

Nennen gehört, und Weg und Maß und Lehre
   vergaß sie.

Blieb sie fest im Eise befroren, so hatte sie
   freylich

Viel zu lange gesessen; denn hätte sie zeitig
   gezogen,

Hätte sie Fische genug zum köstlichen Mahle
   gefangen.

Allzugroße Begierde wird immer schädlich.
   Gewöhnt sich

Wenig Ehre mir bringen und Gott bewahre
   mich gnaͤdig,

Daß man es faͤnde wie er erzaͤhlt! Doch will
   ich nicht laͤugnen,

Daß ich sie Fische fangen gelehrt und auch
   ihr die beste

Straße zu Wasser zu kommen, und sie zu dem
   Teiche gewiesen.

Aber sie lief so gierig darnach, sobald sie nur
   Fische

Nennen gehoͤrt, und Weg und Maß und Lehre
   vergaß sie.

Blieb sie fest im Eise befroren, so hatte sie
   freylich

Viel zu lange gesessen; denn haͤtte sie zeitig
   gezogen,

Haͤtte sie Fische genug zum koͤstlichen Mahle
   gefangen.

Allzugroße Begierde wird immer schaͤdlich.
   Gewoͤhnt sich

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[411/0419] Wenig Ehre mir bringen und Gott bewahre mich gnaͤdig, Daß man es faͤnde wie er erzaͤhlt! Doch will ich nicht laͤugnen, Daß ich sie Fische fangen gelehrt und auch ihr die beste Straße zu Wasser zu kommen, und sie zu dem Teiche gewiesen. Aber sie lief so gierig darnach, sobald sie nur Fische Nennen gehoͤrt, und Weg und Maß und Lehre vergaß sie. Blieb sie fest im Eise befroren, so hatte sie freylich Viel zu lange gesessen; denn haͤtte sie zeitig gezogen, Haͤtte sie Fische genug zum koͤstlichen Mahle gefangen. Allzugroße Begierde wird immer schaͤdlich. Gewoͤhnt sich

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2), S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/419>, abgerufen am 27.05.2024.