Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2).Reinecke kniete vorm Throne zur Erden und sagte bedächtig: Gott, dem alles bekannt ist, und der in Ewig- keit mächtig Bleibt, bewahr euch, mein Herr und König, bewahre nicht minder Meine Frau die Königinn immer, und beyden zusammen Geb er Weisheit und gute Gedanken, damit sie besonnen Recht und Unrecht erkennen, denn viele Falsch- heit ist jetzo Unter den Menschen im Gange. Da scheinen viele von außen, Was sie nicht sind. O hätte doch jeder am Vorhaupt geschrieben, Wie er gedenkt, und säh es der König! da würde sich zeigen, Daß ich nicht lüge und daß ich euch immer zu dienen bereit bin. Reinecke kniete vorm Throne zur Erden und sagte bedaͤchtig: Gott, dem alles bekannt ist, und der in Ewig- keit maͤchtig Bleibt, bewahr euch, mein Herr und Koͤnig, bewahre nicht minder Meine Frau die Koͤniginn immer, und beyden zusammen Geb er Weisheit und gute Gedanken, damit sie besonnen Recht und Unrecht erkennen, denn viele Falsch- heit ist jetzo Unter den Menschen im Gange. Da scheinen viele von außen, Was sie nicht sind. O haͤtte doch jeder am Vorhaupt geschrieben, Wie er gedenkt, und saͤh es der Koͤnig! da wuͤrde sich zeigen, Daß ich nicht luͤge und daß ich euch immer zu dienen bereit bin. <TEI> <text> <body> <div> <div type="poem"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0317" n="309"/> <lg n="2"> <l>Reinecke kniete vorm Throne zur Erden<lb/><space dim="horizontal"/>und sagte bedaͤchtig:</l><lb/> <l>Gott, dem alles bekannt ist, und der in Ewig-<lb/><space dim="horizontal"/>keit maͤchtig</l><lb/> <l>Bleibt, bewahr euch, mein Herr und Koͤnig,<lb/><space dim="horizontal"/>bewahre nicht minder</l><lb/> <l>Meine Frau die Koͤniginn immer, und beyden<lb/><space dim="horizontal"/>zusammen</l><lb/> <l>Geb er Weisheit und gute Gedanken, damit<lb/><space dim="horizontal"/>sie besonnen</l><lb/> <l>Recht und Unrecht erkennen, denn viele Falsch-<lb/><space dim="horizontal"/>heit ist jetzo</l><lb/> <l>Unter den Menschen im Gange. Da scheinen<lb/><space dim="horizontal"/>viele von außen,</l><lb/> <l>Was sie nicht sind. O haͤtte doch jeder am<lb/><space dim="horizontal"/>Vorhaupt geschrieben,</l><lb/> <l>Wie er gedenkt, und saͤh es der Koͤnig! da<lb/><space dim="horizontal"/>wuͤrde sich zeigen,</l><lb/> <l>Daß ich nicht luͤge und daß ich euch immer zu<lb/><space dim="horizontal"/>dienen bereit bin.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [309/0317]
Reinecke kniete vorm Throne zur Erden
und sagte bedaͤchtig:
Gott, dem alles bekannt ist, und der in Ewig-
keit maͤchtig
Bleibt, bewahr euch, mein Herr und Koͤnig,
bewahre nicht minder
Meine Frau die Koͤniginn immer, und beyden
zusammen
Geb er Weisheit und gute Gedanken, damit
sie besonnen
Recht und Unrecht erkennen, denn viele Falsch-
heit ist jetzo
Unter den Menschen im Gange. Da scheinen
viele von außen,
Was sie nicht sind. O haͤtte doch jeder am
Vorhaupt geschrieben,
Wie er gedenkt, und saͤh es der Koͤnig! da
wuͤrde sich zeigen,
Daß ich nicht luͤge und daß ich euch immer zu
dienen bereit bin.
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