Stahl ich das Kleine. Was wir gewonnen, das sollte gemein seyn; Aber es war nicht gemein, wie billig: er theilte nach Willkür: Niemals empfing ich die Hälfte. Ja schlim- meres hab' ich erfahren. Wenn er ein Kalb sich geraubt, sich einen Widder erbeutet, Wenn ich im Ueberfluß sitzen ihn fand, er eben die Ziege, Frisch geschlachtet, verzehrte, ein Bock ihm un- ter den Klauen Lag und zappelte, grinst er mich an und stell- te sich grämlich, Trieb mich knurrend hinweg, so war mein Theil ihm geblieben. Immer ging es mir so, es mochte der Bra- ten so groß seyn, Als er wollte. Ja wenn es geschah, daß wir in Gesellschaft
v. Göthe Schriften, 2. Th. K
Stahl ich das Kleine. Was wir gewonnen, das sollte gemein seyn; Aber es war nicht gemein, wie billig: er theilte nach Willkuͤr: Niemals empfing ich die Haͤlfte. Ja schlim- meres hab' ich erfahren. Wenn er ein Kalb sich geraubt, sich einen Widder erbeutet, Wenn ich im Ueberfluß sitzen ihn fand, er eben die Ziege, Frisch geschlachtet, verzehrte, ein Bock ihm un- ter den Klauen Lag und zappelte, grinst er mich an und stell- te sich graͤmlich, Trieb mich knurrend hinweg, so war mein Theil ihm geblieben. Immer ging es mir so, es mochte der Bra- ten so groß seyn, Als er wollte. Ja wenn es geschah, daß wir in Gesellschaft
v. Goͤthe Schriften, 2. Th. K
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Stahl ich das Kleine. Was wir gewonnen,
das sollte gemein seyn;
Aber es war nicht gemein, wie billig: er theilte
nach Willkuͤr:
Niemals empfing ich die Haͤlfte. Ja schlim-
meres hab' ich erfahren.
Wenn er ein Kalb sich geraubt, sich einen
Widder erbeutet,
Wenn ich im Ueberfluß sitzen ihn fand, er
eben die Ziege,
Frisch geschlachtet, verzehrte, ein Bock ihm un-
ter den Klauen
Lag und zappelte, grinst er mich an und stell-
te sich graͤmlich,
Trieb mich knurrend hinweg, so war mein
Theil ihm geblieben.
Immer ging es mir so, es mochte der Bra-
ten so groß seyn,
Als er wollte. Ja wenn es geschah, daß wir
in Gesellschaft
v. Goͤthe Schriften, 2. Th. K
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Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2), S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/153>, abgerufen am 23.11.2024.
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